1235 - Das Mord-Phantom
dehnbaren Zweige für einen Moment auf, bevor sie nachgaben und durch mein Gewicht auch von der Hauswand abgerissen wurden. Den Fall hielten sie nicht auf und ebenfalls nicht den Aufprall auf dem Erdboden.
Er traf mich doch härter als ich gedacht hatte. Zwar kam ich mit den Füßen zuerst auf, aber ich war nicht in der Lage, mich zu halten. Ich sackte nicht nur in die Knie, ich wurde zugleich auch nach vorn gewuchtet, und da befand sich die Hauswand, gegen die ich voll mit meiner Stirn schlug.
Mein Schädel zerplatzte nicht. Mir war, als würde das Weltall über meinem Kopf zusammenbrechen. Unzählige Sterne schienen aus den Tiefen des Alls hervorzuragen und vor meinen Augen zu zerplatzen.
Dass ich auf den Boden schlug und liegen blieb, merkte ich nicht mehr. Da hatte ich bereits Sendepause…
***
Der Stich mit dem Messer war ins Leere gegangen, und die Spitze hatte noch über den First gekratzt. Für einen Moment sah es so aus, als sollte auch Samantha das Gleichgewicht verlieren. Dann aber schaffte sie es, sich aufzurichten und sich wieder so hinzustellen wie zuvor, auch wenn sie noch leicht schwankte.
Sie schaute nach links.
Sinclair rutschte über das Dach und hatte die Kante beinahe schon erreicht. Sam schickte ihm ein Lachen nach. Sie lachte auch, als sie seine Bemühungen sah, den Fall zu bremsen oder ihn gar zu unterbrechen.
Es klappte nicht.
Sinclair rutschte über die Kante. Selbst die Dachrinne konnte ihn nicht halten. Sie hörte noch ein Rascheln, und wenig später drang das Echo des Aufpralls zu ihr hoch.
Erledigt, vorbei, geschafft!
Sinclair lag unten und war zumindest nicht mehr in der Lage, einzugreifen.
Die fast nackte Frau wandte sich an die Gestalt in der schwarzen Kutte. Mit ihrer schlafwandlerischen Ruhe war es vorbei, und sie begann zu zittern. Aber sie riss sich zusammen, konnte sich auch wieder halten und balancierte auf den unheimlichen Kuttenmann zu, der sie erwartete.
Sie sank gegen ihn. Er hielt sie fest, und Samantha spürte den Druck seiner Knochenarme.
Es war so wunderbar. Sie kam sich geborgen vor wie ein Kind auf dem Schoß der Mutter. Es brauchte nichts gesagt zu werden. Sie verstanden sich ohne Worte. Erst als sie den Druck der Arme nicht mehr spürte, konnte sie wieder sprechen.
»War ich gut?«
Der Unheimliche nickte.
»Darf ich weitermachen?«
Er nickte wieder.
»Dann lass mich gehen…«
Er fasste sie an und nahm ihre rechte Hand. Fürsorglich, damit sie im letzten Moment nicht noch vom Dach rutschte.
Der Weg war beiden vorgezeichnet. Sie kletterten hintereina nder durch das Dachfenster auf den Speicher, und von dort war es kein Problem mehr, das Haus zu verlassen…
***
»Noch einen Tee?«, fragte Shao. »Ich koche dir gern auch einen frischen.«
»Nein, lass mal.«
Sie lächelte Suko zu. »Aber du würdest gern noch eine Tasse oder auch zwei trinken?«
»Woher weißt du das?«
»Wir kennen uns.«
»Stimmt.«
»Und warum möchtest du keinen Tee mehr?«
Bisher hatte Suko gesessen. Jetzt allerdings stand er auf und ging zum Fenster. »Um Tee zu trinken und ihn genießen zu können, brauche ich Ruhe, aber die habe ich nicht, Shao. Ich fühle mich verdammt unwohl in meiner Haut.«
Shao, die halb saß und halb auf der Couch lag, streckte ihre Beine. »Daran trägst aber nicht du die Schuld, denke ich mir.«
»So ist es.«
»John, nicht wahr?«
»Klar.«
»Was stört dich?«
Suko steckte seine Hände in die Taschen der hellgrauen Cordhose und drehte sich wieder um. »Ich mache mir echt Gedanken um ihn.«
»Bei dem Job?«
»Genau.«
»Das begreife ich nicht. Er sitzt in einem Haus und muss nur auf eine schlafende Frau Acht geben.« Sie hob die Arme an.
»Das ist alles sehr leicht.«
»Zu leicht.«
»Du siehst Gespenster.«
»Nein, das glaube ich nicht. Ich kenne diese Fälle, bei denen alles so leicht aussieht und die sich dann in einem mörderischen Donnerwetter entladen.«
»Und ich kenne dich.«
»Klar, du…«
Sie ließ ihn nicht zu Ende reden. »Ich weiß auch, was du willst. Du willst dich in den Wagen setzen und zu ihm fahren, um zusammen mit ihm Wache zu halten.«
»Ich gebe zu, dass ich daran gedacht habe.«
»Wo ist das Problem? Tu's doch.«
Shaos Vorschlag überraschte Suko. »Du hast nichts dagegen?«
»Nein«, erwiderte sie staunend, »was soll ich denn dagegen haben?« Sie lächelte. »Es ist euer Job. Wenn du das Gefühl hast, gebraucht zu werden, setz dich in den Wagen.«
Sukos Gefühl zeigte einen tiefen Ernst. »Ob
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