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136 - Im Schloss der Daa'muren

136 - Im Schloss der Daa'muren

Titel: 136 - Im Schloss der Daa'muren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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schweres Holzgestell, da spannten sie ihre Tierfelle immer zum Trocknen ein.
    Boogan erschien als Letzter. Er keuchte und war rot im Gesicht und ging ganz krumm. Rechts und links von seiner wirren Zottelmähne hing je ein schwarzer Wolfskopf, blutig und mit toten Augen. Ann wich einen Schritt zurück, weil der Anblick so erschreckend war.
    Boogan sah die Bewegung. Es dauerte einen Moment, bis er begriffen hatte, dass die beiden Mädchen untätig herum standen, statt sein Essen vorzubereiten.
    Boogan explodierte.
    »Verdammte Basniiken (Bälger)! Ich schufte schwer, und ihr glotzt in die Gegend?!«, brüllte er, ließ die Wölfe fallen und kam heran gestapft. Seine riesigen Hände ballten sich zu Fäusten. »Wartet nur! Gleich werde ich euch eure Faulheit austreiben!«
    Ann wollte weglaufen, aber es ging nicht. Ihre Knie zitterten zu sehr, und sie konnte nirgendwo anders hinschauen als in Boogans Gesicht. Jana zitterte auch. Sie drückte sich ganz fest an Ann. Heimlich nahmen sich die Vierjährigen bei der Hand.
    Der schreckliche große Mann war nur noch zwei Schritte entfernt. Ann musste schon den Kopf nach hinten biegen, um seine Augen zu sehen. An den Augen konnte man erkennen, wenn einer zuschlug. Aber Boogan guckte plötzlich an Ann vorbei und seine Augen wurden rund.
    Dann geschah etwas Unglaubliches!
    »Nein! O nein!«, schrie Boogan. Es rummste, als er auf die Knie fiel. Er schlug die Hände an seine Wangen, immer wieder, und er schaukelte hin und her.
    »Raschu’un! Bitte nicht! Verschone uns!«, jammerte er laut.
    Nicu und Arpad kamen angelaufen, dann steckte auch Mamm Kalina den Kopf aus der Küche.
    »Was ist los?«, fragte sie. Boogan wies auf das Bild, das Ann gemalt hatte.
    »Der Waldriese gibt uns ein Zeichen! Wir haben den grausamen Gott verärgert! Raschu’un wird kommen und einen von uns holen!« Boogan rang seine Hände. Er weinte fast. »O bitte! Lass es nicht mich sein.«
    Mamm Kalina trat heran und bückte sich nach dem verkohlten Holzscheit. Sie warf einen nachdenklichen Blick auf das Bild an der Wand. Dann ergriff sie die Hände der Mädchen und drehte sie nacheinander um. Als sie die schwarz verschmierten Finger gefunden hatte, tippte sie Boogan an.
    »Die war’s«, sagte Mamm Kalina und zeigte auf Ann. »Sie hat Raschu’uns Zeichen gemacht, um uns zu verhöhnen! Ich hab dir von Anfang an gesagt, Boogan: ›Rede mit deinem Stil, ich will sie nicht haben, die bringt nur Unglück.‹ Aber hast du auf mich gehört? Nein. Jetzt lass dir was einfallen. Und steh endlich auf, du wirst ja ganz nass!«
    Ann schlug das Herz bis zum Hals. Boogans Gesicht war ruhig, fast entspannt. Aber in seinen Augen stand eine furchtbare Botschaft.
    Hilf mir, Duu’da!, rief Ann in Gedanken, als der finstere Mann sich erhob und sie am Kragen packte. Mach, dass er mir nichts tut! Bitte!
    Da erst merkte sie, dass Duu’da fort war.
    ***
    Zwei Stunden vorher
    Die Schäßburg war kein schönes Schloss gewesen, vielmehr eine kompakte, unsymmetrische Verschachtelung runder und eckiger Turmbauten. Sie hatte über der gleichnamigen Stadt gethront – oder war aus ihr erwachsen, je nach Sichtweise. Von den alten Vierteln, die ursprünglich nach Gewerbe getrennt bewohnt worden waren, stand kein Stein mehr auf dem anderen. Auch das Schloss selbst war zum größten Teil zerstört. Die Mauern der Vorderseite ragten noch auf, dunkel und gezackt wie kaputte Zähne. Dahinter waren zerlöcherte Ruinen. Nur der Turm links vom Eingang stand komplett erhalten da. Er zog die Blicke seiner heimlichen Beobachter magisch an.
    »Dort muss sie sein!«, flüsterte Jenny. Die junge Frau war neben Matt in Deckung gegangen, einen Steinwurf noch vom Schloss entfernt. Hier, gleich unterhalb der Mauern war das bis dahin kahle Felsgestein des Hügels begrünt. Ein paar Tannen ragten auf, und an den windgeschützten Stellen des stark zerklüfteten Bodens wuchsen Gras und Gesträuch.
    Matt sah sich sorgfältig um. Er hatte für Operation Annie alle verfügbaren Daten über die Schäßburg und ihre Umgebung aus der Londoner Zentralhelix abgerufen. Sie stammten allerdings aus der Zeit vor dem Kometeneinschlag und zeichneten ein anderes Bild als das, was sich Matt jetzt darbot.
    Viel hatte die Ruine mit dem berühmten Schloss nicht mehr gemeinsam. Nur die Atmosphäre war geblieben. Noch immer umgab das alte Dracula-Gemäuer ein Hauch des Bösen. Still und düster stand es da. Wartend, irgendwie.
    Matt verließ seinen Platz und huschte geduckt zu

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