140 - Im Land der Feuerdrachen
Jahrhunderts genügend vertraut, um zu wissen, dass damit eine Richtungsanzeige gemeint war, die die zwölf Ziffern einer analogen Uhr zur Grundlage nahm. Zwölf Uhr lag dabei direkt vor dem Piloten, sechs Uhr genau in seinem Rücken.
Mit einem Blick halb rechts über die Schulter erfasste er sofort den Ernst der Lage. Der Drachen, der einfach am Rande der Nebelbank gelauert hatte, setzte übergangslos zum Sturzflug an. Ihm zu entkommen war unmöglich; seine riesigen Schwingen machen ihn einfach viel schneller als den Gleiter.
Statt erneut Zickzack zu fliegen, riss Aiko das Steuer herum und beschrieb einen engen Bogen, indem er den Gleiter schräg nach innen drehte. Matt, der sich noch nicht wieder angeschnallt hatte, stemmte sich gegen den Fußraum und die Seitenteile, um nicht hinausgeschleudert zu werden.
Plötzlich jagten beide Parteien aufeinander zu.
Wenn der Drache deshalb überrascht war, ließ er es sich nicht anmerken. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, setzte er den Sturzflug fort.
Aiko aktivierte die Bordgeschütze. Großkalibrige Geschosse hämmerten dem Tier entgegen, ohne den geringsten Kratzer zu hinterlassen. Die Kugeln prallten einfach von der dicken Haut ab, die dazu geschaffen war, tonnenschwerem Erddruck und flüssigem Magma zu trotzen. Aiko wechselte auf den Energiestrahler und visierte die Drachenaugen an, doch das Tier drehte sich im letzten Moment so geschickt, dass der Strahl wirkungslos an seiner Schulter verpuffte.
Im nächsten Moment war es auch schon heran und packte mit beiden Vorderpranken zu. Es erwischte die Frontverkleidung, nahm sie hart von beiden Seiten in die Zange und schüttelte den Gleiter wie ein Spielzeugauto.
Dieser Gewalt hatte Matt nichts entgegenzusetzen.
Wie von einer unsichtbaren Riesenfaust gepackt, schleuderte er im hohen Bogen aus dem Sitz. Gut zehn Meter ging es in die Tiefe. Instinktiv drehte er sich so, dass er mit den Händen voran die Wellen teilte.
Kein perfekter Kopfsprung, aber gut genug, um unverletzt einzutauchen.
Aiko saß indessen weiter an seinem Platz, den Finger unentwegt am Feuerknopf. Knisternd hüllte die austretende Energie den Brustkorb des senkrecht in der Luft stehenden Drachen ein. Er schien davon unangenehm berührt, aber nicht wirklich beeindruckt. Gleißendes Licht umfloss nicht nur ihn, sondern auch die Frontverkleidung.
Kleine Elmsfeuer lösten sich aus den umher fließenden Strömen und verpufften in der Luft.
Aiko stellte den Beschuss ein und ging auf vollen Umkehrschub. Der Gleiter in den Klauen des Drachen ruckte und schüttelte sich, ohne dem festen Griff zu entkommen.
Wütend wirbelte das Tier seine störrische Beute herum und biss in den fauchenden Teil, der so viel Widerstand leistete.
Aiko nutze den Moment, um aus der offenen Kanzel zu springen.
Über ihm hieb der Drache seine Zähne gerade in eines der eckigen Triebwerke, die die Magnetkissen erzeugten. Die Isolierungen gaben dem Druck des gewaltigen Kiefers nach.
Eine gewaltige Entladung war die Folge. Sekundenlang hüllten gleißende Blitze den Drachenkopf ein. Schlagartig freigesetzte Magnetkräfte drohten ihn in alle vier Himmelsrichtungen zu zerreißen. Ruckartig zuckte er hin und her. Der Kopf flog so weit in den Nacken, bis der Hals einen prall gespannten Bogen bildete.
Im nächsten Moment war der Spuk vorbei.
Die Entladung verpuffte, doch der Drache hatte genug.
Schnaubend drehte er sich in der Luft und kehrte flügelschlagend nach Kore zurück. Seine Beute wurde ihm schon nach wenigen Metern zu schwer. Achtlos ließ er sie fallen.
Mit zerstörtem Triebwerk schlug der Gleiter ins Wasser und versank wie ein Stein. Zum Glück weit genug von Matt und Aiko entfernt, um sie nicht mit in die Tiefe zu ziehen. Prustend schwammen die beiden Männer aufeinander zu.
»Das lief ja wirklich bestens«, spottete Matt in einem Anflug von Galgenhumor. »Jetzt fehlt nur noch, dass die Todesrochen auf uns aufmerksam werden.«
Tatsächlich aber näherte sich ihnen nur noch ein einziges Objekt aus der Luft. Der von Honeybutt gesteuerte Großraumgleiter, der sie aufnahm und auf dem schnellsten Weg nach Tokio brachte.
***
In der Stratosphäre, auf Höhe des 136. Längengrades
Der
Lesh’iye
Thgáan war nie dazu gezüchtet worden, Gefühle zu entwickeln. Angesichts seiner geschrumpften Armee und des dauerhaft unterforderten Hochleistungsgehirns begannen seine neuralen Verknüpfungen jedoch neue Wege zu gehen. Völlig sich selbst überlassen, spielten sie, durch
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