1425 - Medusas Vermächtnis
von früheren Besuchen her, und mit der Neugestaltung war er sehr einverstanden.
Er verließ den Lift, ging durch die Halle und betrat die Bar, die den Namen des großen und leider zu früh verstorbenen Schauspielers Ustinov trug.
Es war zu spüren, dass die Messe nahte. Im Restaurant waren alle Tische eingedeckt worden. Geschäftsleute hatten sich zum Business-Lunch verabredet, und da Gerard Goodrow allein war, suchte er sich einen Platz an der Bar aus.
Er hatte sich an dem ovalen Rund so hingesetzt, dass sein Blick nach draußen auf den Domvorplatz fiel und er wieder das Treiben beobachten konnte.
Es machte ihm Spaß.
Der Keeper kam, ein älterer Mann mit dunklem, gescheiteltem Haar, und erkundigte sich nach seinen Wünschen.
»Bitte einen Kaffee und die Karte.«
»Sehr wohl.«
Die Karte wurde ihm zuerst gereicht, und so blätterte er die letzten beiden Seiten auf. Dort waren die kleinen Gerichte abgedruckt. Er entschied sich für einen Salat mit gebratenem Putenfleisch und bestellte dazu ein Glas Weißwein.
Mit sich zufrieden, zündete er sich eine Zigarette an. Der Kaffee und das Wasser wurden serviert. Goodrow war froh, einen guten Platz erwischt zu haben, denn allmählich füllte sich die Bar.
Meist waren es Aussteller. Er kannte einige von ihnen. Man nickte sich zu, begrüßte sich auch per Handschlag und sprach kurz über Termine, die auf der Messe wahrgenommen werden sollten.
Das war alles völlig normal. Keiner der Menschen ahnte, was oben in seinem Zimmer lagerte. Zudem verstand es Goodrow, seine leichte Nervosität zu überspielen. Er gab sich so locker und gelöst wie immer.
Zwei Dinge waren wichtig: das Treffen mit dem Galeristen Michael Schultz und das mit der Künstlerin, die das Bild gemalt hatte. Sie war eine besondere Frau. Eine, die von einer geheimnisvollen Aura umweht wurde, sich gern im Hintergrund hielt und dabei in ihrer eigenen Welt lebte.
Sie hatte das Werk geschaffen und es das »Medusa Vermächtnis« genannt. Aber wie es genau dazu gekommen war, das hatte sie bisher nicht verraten. Sie wollte erst am heutigen Abend bei der Vernissage ihr Geheimnis preisgeben. Dass ihr Werk auf Umwegen auf die Art Cologne kam, daran war ihr sehr gelegen gewesen, und sie hatte Goodrow als Agenten engagiert. Es würde die Sensation werden.
Man würde diese Eröffnung niemals vergessen, und wenn Gerard recht darüber nachdachte, kam dies bereits einem Anschlag gleich, bei dem er sich ebenfalls schuldig gemacht hatte. Diese Gewissensbisse schob er beiseite. Für ihn zählte nur, dass es zu einer Sensation kam und dass über diese berichtet wurde.
Und das Bild war echt.
Die Künstlerin hatte von einem Leben gesprochen, das in ihrem Werk steckte, und damit hatte sie nicht übertrieben. Das Bild selbst lebte, aber es war zugleich eine Mordwaffe, die töten konnte. Das hatte ein gewisser Moses Walker erfahren müssen. Er hätte seine Finger davon lassen sollen, so aber würde er als Wesen aus Stein begraben werden.
Jedenfalls war das Werk problemlos nach Köln geschafft worden, und allein das war wichtig.
Der Salat wurde serviert. Das Glas Grauburgunder ebenfalls, und der Agent ließ es sich schmecken. Er nahm sich vor, nach dem Essen mit dem Galeristen in Verbindung zu treten und sich abzusprechen, wie der heutige Abend ablaufen sollte.
Mit dem Essen war der Mann an der Bar zufrieden, mit dem Wein ebenfalls, und er bestellte sich noch eine Tasse Kaffee. Dazu passte eine Zigarette, deren Rauch er nachschaute und zusah, wie er zerfaserte.
Sein Handy meldete sich durch Vibration. Er holte es hervor, klappte es auf und sagte nur: »Ja…«
»Ich habe dich.«
Goodrow fing an zu lächeln. »He, Michael, auf deinen Anruf habe ich gewartet. Aber ich hätte dich auch angerufen.«
»Super. Bist du gut in Köln angekommen?«
»Alles bestens.«
»Und wo findet man dich jetzt?«
»An der Bar des Dom-Hotels. Ich habe etwas gegessen und dachte, dass ich gleich rüber auf die andere Rheinseite komme…«
»Nein, nein, Gerard, lass das mal.«
»Nicht?« Enttäuschung malte sich auf dem Gesicht des Agenten ab. »Das war aber anders abgesprochen.«
»Kann sein, mein Lieber. Ich habe umdisponiert. Ich bin hier auf der Messe mit meinem Aufbau fertig und habe ein wenig Zeit. Das heißt, ich komme zu dir.«
»Auch gut, Michael.«
»Wo befindet sich das Bild?«
»In meinem Zimmer.«
»Oh…«
»Keine Angst, es wird schon nicht gestohlen. Ich habe es zudem nicht ausgepackt.«
»Das wäre auch schlimm
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