1446 - Der Eis-Schamane
Hängeschrank und füllte es fast bis zum Rand.
Die Flasche drehte sie wieder zu und wollte mit ihr und dem Glas zurück ins Wohnzimmer gehen. Sie drehte sich um, schaute zur offenen Tür – und sah dort den Mann stehen.
Der Schreck traf sie wie ein Schock. Sie konnte sich in den ersten Sekunden nicht bewegen. Ihr Blick war starr auf diesen Fremden gerichtet, der sie anlächelte.
Dem Lächeln traute sie nicht.
»Wer sind sie? Was wollen Sie?« Musterte sie.
Der Mann strich seine Haare zurück.
Sie waren lang, dunkel und gaben einen leichten Glanz ab. Das Gesicht war scharf geschnitten. Die Augen sahen aus wie zwei dunkle Steine, das Kinn zeigte einen harten Umriss, und die Nase sah knochig aus und wirkte scharf geschnitten. Zudem ging von ihm ein besonderer Geruch aus, der auch die Kälte transportierte, die ihn begleitete.
»Ich bin Elias!«, flüsterte er…
***
Carlotta konnte nicht behaupten, dass sie besonders überrascht war, denn sie hatte gewusst, dass dieser Mann zurückkehren würde. Er wollte abrechnen. Er wollte alle Zeugen, die ihn gesehen hatten, vernichten, damit niemand etwas von ihm und auch nicht von Mandragora erfuhr, der hinter ihm stecken musste. Davon ging Carlotta aus.
Es überraschte sie, wie ruhig sie blieb. Nicht mal eine Gänsehaut bildete sich auf ihrem Rücken. Sie hielt diesem scharfen Raubvogelblick stand und fragte mit leiser Stimme: »Dann bist du auch der Schamane?«
»Ja, in dieser Kälte bin ich der Eis-Schamane. Ich habe mich zurückgezogen von der normalen Welt, aber diese verdammte Welt hat es nicht akzeptiert. Sie hat sich aufgemacht, um mich zu suchen, und sie hat mich gefunden, was nicht sein durfte. Ich wollte für mich bleiben, und ich habe geschworen, all diejenigen, die mein Geheimnis kennen, zu töten.«
Auch jetzt zeigte sich Carlotta nicht schockiert. Sie frage nur:
»Weiß Mandragora das?«
Er war überrascht. »Du kennst Mandragora?«
»Ja. Ich weiß, dass er diejenigen bestraft, die sich gegen die Natur versündigen, und dabei keinerlei Rücksicht kennt.«
Elias grinste und sagte: »Er steht auf meiner Seite.«
»Wie schön für dich.«
»Rede nicht, wir gehen jetzt.«
»Wohin?«
»Zu deinem Freund, den du gerettet hast. Ich muss da noch etwas vollenden.«
»Ja, das sehe ich auch so«, gab sie zu. »Man kann ihn nicht laufen lassen.«
»Das Gleiche gilt für dich.«
»Ich weiß!«
Carlotta musste sich schon zusammenreißen, um ihre Furcht nicht zu zeigen. Sie war allmählich in ihr aufgestiegen und bildete einen Kloß in ihrem Hals.
»Ich wollte Mike noch ein Glas Wasser mitnehmen. Erlaubst du das?«
»Bitte, er soll nicht durstig sterben.«
»Danke.« Sie stellte die Flasche ab und musste das gefüllte Glas mit beiden Händen festhalten, um nichts zu verschütten.
Elias trat zu Seite, um sie vorbei zu lassen. Es war kein langer Weg bis zum Wohnraum. Carlotta wollte auch nicht wissen, wie der Schamane es geschafft hatte, in das Haus einzudringen, ohne gehört worden zu sein. Er war einfach da, und er hatte sich so in Szene gesetzt, als gäbe es keinen Zweifel, wer hier am Ende der Sieger sein würde.
Er folgte ihr. Das Wohnzimmer lag auf dem Weg zur Haustür.
Zwar einige Meter entfernt, aber sie musste genau in diese Richtung gehen, und darauf basierte ihr Plan.
Das Glas hielt sie weiterhin mit beiden Händen fest. Etwas Wasser war übergelaufen und hatte ihre Finger genässt. Darum kümmerte sie sich nicht, denn jetzt brauchte sie die volle Konzentration. Ihr durfte kein Fehler unterlaufen.
Auf halbem Weg blieb sie stehen.
Das passte dem Schamanen nicht.
»Geh weiter!«, fuhr er sie an.
»Nein!«
»Was ist…«
»Ich habe noch eine Frage.«
»Und welche?«
Jetzt kam es darauf an. Noch bildete sie für Elias keine Gefahr. Er sah, dass sie sich auf der Stelle umdrehte. Es geschah mit einer langsamen Bewegung, die abrupt schneller wurde, und plötzlich veränderte sich alles.
Ein knappes Zucken der Arme!
Aus dem Glas schwappte das Wasser genau in die Richtung des Gesichts und klatschte voll hinein.
Elias schrie.
Es tat ihm nicht weh, der Schrei war nur eine Folge der Überraschung.
Dass er einen Schritt nach hinten ging, kam Carlotta zupass. So ähnlich hatte sie sich seine Reaktion vorgestellt.
Sie schleuderte nun das Glas ebenfalls gegen den Kopf des Schamanen. Dann hielt sie nichts mehr. Bis zur Tür war es nicht weit. Sie hetzte hin und setzte darauf, dass der Schamane sie verfolgen würde.
Abgeschlossen war die
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