1566 - Vermächtnis eines Helden
dieser Anlage sein könnten? Wenn wir zum Teufel gehen sollten, dann schert es die Somer nur wenig. Wir sind ja keine Geschöpfe von Estartu."
„Stalker und ich schon", bemerkte Salaam Siin sanft.
Abwehrend hob sie eine Hand und trat gleichzeitig ein wenig von ihm zurück. „Bitte, keinen Gesang der Besänftigung oder etwas Ähnliches", forderte sie. „Ich will mich aufregen, verstehst du?"
„Ich werde dich nicht daran hindern", versprach der Ophaler, „obwohl ich deine Erregung nicht ganz verstehe.
Ich bin sicher, daß die Nakken uns unbeschadet nach Estartu bringen werden,"
„Wir haben nur 93,7 Prozent der Informationen, die uns das ESTARTU-Modell gegeben hat", sagte sie und brachte damit in Erinnerung, was die anderen zu übersehen schienen. „Es bleibt ein nicht entschlüsselter Teil von 6,3 Prozent. Habt ihr euch schon mal gefragt, was er beinhaltet? Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, daß darin von Schwierigkeiten die Rede sein könnte, die es mit dem Shant-Tor gibt? Vielleicht stehen die Nakken vor Problemen, die sie bislang noch nicht lösen konnten. Und was dann?"
Alaska Saedelaere versuchte, sie zu beruhigen. „Nach 300 Jahren sollten die Nakken alle Probleme gelöst haben."
Auch das überzeugte sie nicht. Sie schüttelte den Kopf. „Ich gehe nicht", sträubte sie sich. „Da müßte mich der Tormeister schon zwingen."
„Ich fürchte, genau das wird er tun", sagte Alaska Saedelaere. „Richtig", hallte die Stimme Sharphals aus den Lautsprechern.
Die Tür öffnete sich, und der Somer betrat den Raum, begleitet von vier anderen Somern, einem Blau-Nakken und zwei Kampfrobotern.
Sie blickte ihn schockiert an. In den letzten Minuten hatte sie vergessen, daß sie unter ständiger Beobachtung standen. Jetzt wurde es ihr um so deutlicher bewußt.
*
Die ROBIN erreichte den vereinbarten Rendezvous-Punkt zur vorgesehenen Zeit.
Als Ronald Tekener Minuten später in die Hauptleitzentrale kam, teilte ihm die Kommandantin Shina Gainaka mit, daß MUTTER eine Informationskapsel zurückgelassen hatte. „Wahrscheinlich haben sie mehr Kapseln ausgestreut, aber wir haben nur eine gefunden", erklärte sie. „Die Dinger sind ja auch recht winzig."
„Und?"
„Sie sind aufgefischt worden." Sie deutete auf die Ortungsschirme, auf denen sich das Shant-Tor als Reflex abzeichnete. „Sie dürften dorthin gebracht worden sein."
Dao-Lin-H’ay kam in die Zentrale, und die Kommandantin übernahm es, sie über das Verschwinden von MUTTER zu informieren. „Es war also nichts mit dem Rendezvous."
Die Kartanin hielt einen beschrifteten Bogen in den Händen. „Hier ist ein Computerauszug", sagte sie, ohne weiter auf das Schicksal von MUTTER und ihren Insassen einzugehen. „Die Syntronik hat die restlichen 6,3 Prozent geknackt."
„Und?" Tekener blickte sie ein wenig unwillig an, weil sie ihm nicht sofort berichtete, wie das Ergebnis war. „Die Nakken haben Schwierigkeiten mit dem Shant-Tor", eröffnete die Kartanin ihm. „Sie steuern die Anlage.
Etwas anderes ist ja wohl auch nicht möglich. Aber es ist in den letzten Jahren immer wieder zu ungeklärten Zwischenfällen gekommen."
„Du meinst - zu Transmitterunfällen?"
„Genau das", bestätigte Dao-Lin-H’ay. „Transportobjekte sind entweder bei der Gegenstation nicht angekommen und spurlos verschwunden oder sie waren verformt."
Ronald Tekener spürte, wie es ihn kalt überlief bei dem Wort „verformt". Ihm war klar, was die Kartanin damit meinte. Wenn es sich bei dem „Objekt" um ein lebendes Wesen handelte, dann war es, falls es sich nicht im Nichts aufgelöst hatte, nach dem Transport entweder gräßlich entstellt oder nicht mehr lebensfähig gewesen.
Schon einmal war Alaska Saedelaere das Opfer eines Transmitterunfalls geworden.
Jahrhundertelang hatte der Unsterbliche darunter leiden müssen.
Es war im Jahr 3428 alter Zeitrechnung gewesen, als Alaska eine Transmitterverbindung zwischen den Planeten Bontong und Peruwall benutzt hatte. Der Transport sollte ohne Zeitverlust ablaufen, doch Alaska war erst nach vier Stunden angekommen. Er war, während er den Hyperraum durcheilte, mit einem anderen Wesen zusammengeprallt - einem Cappin, wie sich später erwiesen hatte. Der Unfall hatte Folgen gehabt, und Alaska war zu dem „Mann mit der Maske" geworden. Ein Fragment des Cappins hatte sich in seinem Gesicht festgesetzt. Wer Alaska danach die Maske herunterriß und das Fragment erblickte, war augenblicklich dem Wahnsinn verfallen.
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