1742 - Satanische Nachbarn
der von Säulen gestützt wurde. Als ich die Straße überquerte, dachte ich noch mal darüber nach, Johnny Conolly anzurufen. Das ließ ich dann bleiben, denn ich glaubte nicht daran, dass ich seine Stimme hören würde.
Häuser wie dieses mussten einen Hausmeister haben. Ich hoffte, ihn anzutreffen, um ein paar Worte mit ihm wechseln zu können. Vielleicht hatte er ja eine Idee und brachte mich weiter. Dass aus seinem Haus vier junge Frauen verschwunden waren, musste auch ihm nahegegangen sein.
In der Nacht wurde aus diesem Bau bestimmt ein düsterer Klotz. Auf mich machte das Gebäude keinen abweisenden Eindruck. Zudem lag es nicht still. Die Eingangstür befand sich in ständiger Bewegung. Die Menschen kamen und gingen. Ich schaute nach, ob sich auch Firmen in dem Haus etabliert hatten. Das war nicht der Fall. Es gab keine Schilder, die darauf hinwiesen. Hier wohnten nur normale Mieter.
Ich trat ein, und das Haus schluckte mich!
Ja, ich hatte tatsächlich das Gefühl, von ihm geschluckt zu werden. Die Außenwelt war sofort vergessen. Mein erster Eindruck war, einen Schritt in die Vergangenheit getan zu haben. Oder wieder in einer alten Schule oder Uni zu stehen.
Hier war alles wuchtig. Da sah die Umgebung unzerstörbar aus. Die dicken Wände, die breiten Steinstufen der Treppe, die niemand zu nehmen brauchte, der nach oben wollte, denn es standen drei Fahrstühle zur Verfügung.
Ich stellte mich etwas abseits hin, weil ich den Menschen hier unten nicht im Weg stehen wollte. Man konnte hier nicht von einer geschäftsmäßigen Szene sprechen, sondern von einer privaten. Hier trafen die Mütter mit Kindern auf andere Bewohner, man stand zusammen, unterhielt sich, denn es war genügend Platz für alle.
Mir fiel ein Mann auf, der aus einer Seitentür getreten war. Er trug einen blauen Kittel, auf seinem Kopf einen Hut, ging zwei Schritte, bevor er stehen blieb, um ruhiger telefonieren zu können. Durch seine Kleidung hob sich der Mann von den anderen Menschen hier ab. Ich tippte auf einen Hausmeister.
Ich ließ ihn reden, bewegte mich aber auf ihn zu und bekam noch einen Satz mit.
»Ja, ich werde zu Ihnen kommen und mir die Sache anschauen. Sollte ich die Reparatur nicht schaffen, werde ich einem Fachmann Bescheid sagen, der sich darum kümmert.«
Das Gespräch war vorbei. Er steckte das Handy weg, schaute hoch – und sah mich. Damit hatte er nicht gerechnet. Er schrak sogar zusammen, denn ich stand so nahe vor ihm, dass ich den Namen lesen konnte, der auf dem kleinen Schild an seinem Kittel stand. Er hieß Frederic Dale.
»Mister Dale?«
Etwas unwillig schüttelte er den Kopf. »Ja, und – ähm – wer sind Sie, Mister?«
»Mein Name ist John Sinclair und...«
Er unterbrach mich durch ein Wort. »Polizist!«
»Kann man so sagen. Scotland Yard.« Ich zauberte meinen Ausweis hervor, den er sich gründlich anschaute und dabei seinen ersten Kommentar abgab.
»Es geht um die verschwundenen Frauen, nehme ich an.«
»Exakt, Mister Dale.«
Er verzog säuerlich das Gesicht. »Da haben Sie den Weg umsonst gemacht.«
»Warum?«
Er bewegte seinen Körper leicht hüpfend. »Daran haben sich Ihre Kollegen schon die Zähne ausgebissen. Es gibt keine Spuren, das habe ich ihnen auch gesagt.« Er winkte ab. »Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich verhört worden bin. Das brachte alles nichts. Die Frauen sind verschwunden, und damit hat es sich.«
»Leider hat man sie nicht gefunden. Weder tot noch lebendig. Mit einer derartigen Unwissenheit zu leben ist nicht gut, denke ich mal.«
»Kann ich verstehen.« Er schaute mir in die Augen. »Aber warum sind Sie hier? Glauben Sie denn wirklich, hier noch eine Spur der Verschwundenen finden zu können?«
»Nun ja, ich will es zumindest versuchen.«
Der Hausmeister schwieg. Das begriff er nicht. Sein Lachen wirkte verlegen, ebenso wie die Frage, die er stellte.
»Wie wollen Sie das denn bewerkstelligen? Das ist mir ein Rätsel. Verstehen kann ich es nicht.«
»Mal eine Frage, Mister Dale.«
»Gern.«
»Haben die Kollegen auch hier im Haus nachgesucht?«
Eine Antwort erhielt ich nicht sofort, denn es meldete sich das Handy. Er stellte es ab und sagte mit normal klingender Stimme: »Nein, das hat man nicht getan. Ich wüsste auch keinen Grund, weshalb man das hätte tun sollen.«
Ich wiegte den Kopf. »Das Haus ist groß.«
»Na und?«
»Kennen Sie denn jeden Mieter?«
Dale stöhnte leise auf. »Was soll ich dazu sagen? Nein, nein, ich kenne nicht
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