18 Gänsehaut Stories
Teufel soll mich holen, wenn ich gewußt habe, daß es in Kalifornien eine Staatshexe gibt!«
»Robert, Liebling, es gibt so vieles, was du nicht weißt.«
»Meinst du wirklich offiziell ? Wie der Gouverneur oder solche Leute?«
»Nein, eigentlich nicht …«
»Großer Gott!« rief er aus. »So tief sind wir schon gesunken!«
»Unsinn!« widersprach Dagny energisch. »Stell dir vor, was das für eine Ehre ist. Was das bedeutet !«
»Ich kann dir sagen, was das bedeutet«, knurrte Bob, stand auf und ging zwischen Bett und Fenster auf und ab. »Es bedeutet das Ende meiner Karriere. Früher … nun, ein bißchen Astrologie und dergleichen Unsinn hat nicht weiter geschadet. Die Leute haben mit einem Achselzucken darüber hinweggesehen.« Er holte tief Luft. »Aber das hier ist eine Katastrophe! Wer will schon mit einem Astronomen zu tun haben, dessen Frau sich mit Zauberei und Teufelsbeschwörung abgibt?«
Aber er hatte keine Zuhörerschaft mehr. Dagny war in Trance verfallen. Lady Macbeth als Schlafwandlerin in einem Doppelbett.
»Theodoris von Lemnos … Madelaine de Bovan aus Frankreich … Medea von Colchis … Und jetzt Dagny Archer aus Kalifornien! Eines Tages übertreffe ich sie alle!«
Dagnys Ernennung zur Staatshexe wurde am nächsten Dienstag in der Los Angeles Times gemeldet. Bob hatte bis zuletzt gehofft, die Meldung werde irgendwo ganz klein stehen; statt dessen prangte sie auf der ersten Seite des Lokalteils. Als Blickfang diente ein Foto, das Dagny mit ihrer Siamkatze Margarita zeigte. Der junge Reporter, der sie interviewt hatte, wies besonders darauf hin, wie ungewöhnlich die äußere Erscheinung der neuen Staatshexe Kaliforniens sei: eine hübsche blonde Hausfrau, nicht eine häßliche alte Hexe, wie man sie aus Märchen kannte.
Mrs. Archer hatte dem Journalisten erklärt, sie habe sich schon als Kind für das Okkulte interessiert und bedaure, daß die meisten Menschen eine ganz falsche Vorstellung von Hexen hätten. Ob Hexen jemand etwas antun könnten? Im Mittelalter habe man ihnen bekanntlich den bösen Blick nachgesagt, aber die Wissenschaft habe längst nachgewiesen, daß das, was man den Hexen vorwarf, nur der Ausdruck der bösen Triebe ihrer Mitmenschen war. Sie verkörperten die unbewußte Schlechtigkeit ihrer Richter.
Und wie sei das mit den sogenannten ›Liebestränken‹ gewesen?
Mrs. Archer hatte impulsiv gelacht und angedeutet, Frauen hätten doch wirksamere Mittel zur Verfügung, um einen Mann an sich zu fesseln.
Was ihre Hobbys betraf, interessierte sie sich neben dem Okkulten vor allem fürs Theater. Obwohl sie eine geborene Russin war, war sie in Frankreich aufgewachsen und hatte ihr Debüt als Schauspielerin in Paris gegeben.
»Meine beste Rolle war die Laura in Strindbergs Der Vater. Wie Sie wissen, war Laura Strindbergs Surrogat für seine erste Frau.« ( Surrogat, dachte Bob. Das muß ich nachschlagen.) »Eine faszinierende Rolle, die mit größter Zurückhaltung gespielt werden muß. Eine bis zuletzt beherrschte Frau, die dann in dämonischer Wut die Vernichtung ihres Feindes betreibt.«
Bob mußte zugeben, daß der Teil des Artikels, der sich mit Dagny befaßte, ziemlich gut war. Aber er ärgerte sich über den, der ihn betraf.
Ja, ihr Mann war Astronom am Mount-Elsinore-Observatorium.
Und was er von Astrologie halte.
Mrs. Archer fürchtete, seine Meinung lasse sich in einem angesehenen Blatt wie der Times leider nicht wiedergeben. Er sei jedenfalls ziemlich skeptisch. Zum Glück stand das ziemlich am Schluß des Artikels, wo es kaum jemand lesen würde.
Als Bob ins Büro kam, wurde ihm jedoch sofort klar, daß alle Kollegen den verdammten Artikel
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