1808 - Die Vorhölle
still liegt, ist auch tot. Es wird Zeit, dass jemand kommt und das Tor zur Vorhölle öffnet. Und das werde ich sein.«
Paul wusste nicht mehr, was er denken sollte. Er war in eine Lage geraten, die er nicht mehr richtig überblickte. Er würde Ärger bekommen, wenn er sich wehrte, was ihm im Moment unmöglich war, und er hatte Angst davor, was passierte, wenn sein Bruder in sein neues untotes Leben eintauchte und Blut brauchte.
Dann war er, Paul, sehr nahe.
Eigentlich gab es nur eine Chance für Peter. Das Blut des Bruders trinken. Der konnte nicht entkommen, denn beide waren aneinander gekettet.
»Und jetzt komm endlich mit.«
»Wohin denn?«
Larissa lachte. »In die Vorhölle. Wohin sonst?«
***
Wir waren wieder unterwegs. Diesmal auf der Rückfahrt. Aber wir wussten auch, dass der Fall noch am Anfang stand und das dicke Ende nachkommen würde.
Wir hatten gesehen, dass die Zwillinge, die für Erwin Schwarz arbeiteten, aus dem Leichenwagen verschwunden waren. Sie hatten mit einer Schaufel das Fenster der Heckklappe eingeschlagen. Die Schaufel hatten sie im Wagen liegen gelassen. Wahrscheinlich würden sie irgendwo versuchen, ihre Handschellen loszuwerden. Warum sie ihren Chef nicht vor den Mafia-Gangstern gewarnt hatten, war mir ein Rätsel.
»Wo kann die Vampirin sein, John?«
Zum wiederholten Mal bekam ich die Frage gestellt und gab die entsprechende Antwort. »Sie ist dort, wo die Menschen sind.«
»Also im Ort?«
»Gehen wir mal davon aus.«
»Aber sicher bist du dir nicht?«
Ich winkte ab. »Was heißt schon sicher? Hier können sich die Dinge blitzschnell ändern. Nichts bleibt, wie es ist. Ich kenne auch die Pläne der Blutsaugerin nicht.«
»Sie wird erst mal satt werden wollen.«
»Ja, das ist klar. Aber wie geht es dann weiter? Hat sie noch andere Pläne?«
Ich winkte ab. »Das wird sie bestimmt haben. Nur sollten wir uns darüber nicht den Kopf zerbrechen, denn das bringt uns nicht weiter. Wenn es so weit ist, werden wir uns darum kümmern.«
»Alles klar, John.« Harry Stahl lächelte breit.
»Was ist los?«, fragte ich.
»Mann, ich bin froh, dass wir noch leben. Die ganze Chose hätte auch anders laufen können.«
»Da muss ich dir leider zustimmen.«
Bis zum Ort war es nicht mehr weit. Wir sahen bereits die ersten Lichter in der Dunkelheit schimmern. Schnee lag keiner. Zumindest nicht in diesen Tallagen. Auf den Bergen sah es anders aus, aber das interessierte uns nicht.
»Der Harz«, sagte Harry leise.
»Was meinst du?«
»Der Harz steckt voller Geschichten und Legenden. Er ist ein interessantes Gebiet.«
»Geschichten?«
»Ja.«
»Keine Wahrheiten?«
Harry Stahl musste lachen. »Kann sein, dass es die eine oder andere Wahrheit gibt, aber dafür lege ich keine Hand ins Feuer. Allerdings reicht mir die Wahrheit, die wir hier erleben.«
»Das stimmt schon.«
Die ersten Häuser tauchten auf. Selbst in der Dunkelheit war Fachwerk zu erkennen. Viele hatten in den letzten Jahren eine Renovierung erlebt. Der Harz gehörte schließlich zu den begehrten Ausflugszielen.
Ich hielt mich nicht zum ersten Mal in diesem Gebiet auf. Ich war schon in Goslar, ich hatte in der Brocken-Gegend schon einen harten Stress erlebt, und jetzt befanden wir uns auch nicht im Urlaub.
Wir fuhren langsam. Als Ziel hatten wir unseren Gasthof ausgesucht, im Moment konnten wir nichts reißen. Wir mussten uns zurückhalten und darauf warten, dass etwas passierte.
Die kleine Stadt lag in tiefer Ruhe. Die Lichter gaben einen winterlichen Glanz ab, und über uns wölbte sich ein dunkler Himmel. Einer ohne Mond und Sterne.
Wir konnten auf der Hauptstraße bleiben. Sie führte vorbei an Wohnhäusern und kleinen Geschäften. Manche Schaufenster waren von innen erleuchtet, andere wiederum nicht.
Wir waren etwas überrascht, als wir vor dem Lokal die Autos sahen. Es waren mehr als ein Dutzend, und die Fahrer befanden sich zusammen mit den anderen Gästen im Innern, denn hier wurde etwas gefeiert, ein Geburtstag oder ein Jubiläum.
Wir parkten Harrys Opel etwas weiter entfernt, stiegen aus und schlenderten zurück. Musik wehte uns entgegen. Die Klänge waren gut zu behalten und die Texte nicht schwer, um sie mitsingen zu können.
»Wolltest du nicht noch einen Schluck trinken?«, fragte Harry Stahl mich.
»Tja, ich denke darüber nach. Da findet ja eine Feier statt. Ich denke, dass wir dort falsch sind.«
»Warum? Wie ich diese Feiern kenne, werden sie in der Regel in einem Nebenraum durchgezogen. Da
Weitere Kostenlose Bücher