Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
Vom Netzwerk:
glücklicher Laune, daß sie einen fröhlichen Tanz nach einer beliebten Française oder Gavotte der Ruhe auf dem mit Stroh bedeckten Steinpflaster vorgezogen hätten. Überhaupt gewährte das Lager zwar einen bewegten, aber nicht jenen heitern Anblick, den sonst eine solche kriegerische Nomadenstadt, zumal nach Tagen des Sieges und Triumphs, darzubieten pflegt. Die Kleider der meisten Soldaten waren zerrissen und vom Pulver geschwärzt; selbst die Garde machte davon keine Ausnahme, obgleich sie bei Borodino nicht zum Gefecht gekommen war. Denn später, als Kutusow nochmals eine verschanzte Stellung bei Krymskoie, drei Stunden vor Moskau, nahm, hatten auch sie einen ehrenvollen Anteil am Kampfe gehabt. Hier und da hörte man ein fröhliches Lied. Doch zumeist lagen die bärtigen Krieger, in ihre Mäntel gehüllt, an den Feuern und schliefen oder blickten müßig in die Flammen, an denen ihre dampfenden Kochgeschirre standen.
    »Laßt uns einmal dort am Kai hinaufgehen, wo die prächtigen Häuser stehen«, sprach Jaromir. Auch hier lagen Soldaten; es war die Alte Garde. Bei diesen sonst so streng disziplinierten Truppen herrschte jedoch wenig Ordnung. Man hatte die Tore der Häuser aufgebrochen und sich's in den weiten Vorhallen bequem gemacht; die Offiziere lagen in den obern Stockwerken in den Fenstern. Die Soldaten schleppten Holz und Stroh heran; andere trugen Bettstücke, Teppiche, Kissen und Polster, die sie in den verlassenen Häusern gefunden, herab, um sich ein bequemes Lager zu schaffen, denn der Soldat war der fröhliche Erbe der Ausgewanderten. Das Biwak erhielt durch diese Staffage ein buntes, fast morgenländisches Ansehen, zumal da gerade einige der Leibmamelucken des Kaisers mit langen Pfeifen im Munde bequem auf einem prächtig gestickten, roten Teppich und himmelblauen Polstern lagen, die sie in dem nächsten Palast aufgefunden hatten.
    »Hm, ihr habt euch hier gut eingerichtet,« sprach Lacoste; »freilich, die Garde muß immer etwas voraushaben. Man weiß aber nicht, habt ihr das Biwak ins Haus oder das Haus in das Biwak getragen. Warum strecktet ihr euch nicht lieber drinnen auf die Kissen?«
    »Es ist Befehl zu biwakieren, mein Kapitän,« erwiderte ein Sergeant mit glänzend schwarzem Knebelbarte; »doch wird es hoffentlich nicht lange dauern. In so schöner Nacht läßt man sich's aber gefallen.« – »Schöne Nacht? Mir deucht, der Wind wird rauh genug pfeifen«, antwortete Jaromir. – »Wenn er nur nicht die Feuer ausbläst,« rief lachend der Sergeant, »dann hat es keine Not.« – »Sprecht lieber,« bemerkte Lebrun, »wenn er sie nur nicht anbläst. Euer Biwak, Freund, ist nicht das ordentlichste, das ich vom Ebro bis zur Moskwa gesehen. Nachts, wenn alles schläft und die Feuerwachen einnicken, könnte euch das Stroh unter dem Leibe zu brennen anfangen, bei euern Veranstaltungen.«
    »Wahrhaftig!« lachte Jaromir, »es wäre nicht übel, wenn ihr euch die Winterquartiere über dem Kopf anbrenntet. Aber ihr habt ordentlich einen Plan dazu gemacht. Stroh und Heu sind ja von hier bis in die Hausflur hinein wie Zündpulver gestreut, und bilden eine Schlange, als ob man einen Artilleriepark von weitem aufsprengen wollte.« – »Pah! Stroh ist kein Pulver. Was leicht brennt, löscht sich auch leicht!« rief der Sergeant. – »Nicht immer,« entgegnete Lacoste; »euer Biwak will ich mit einer Zigarre in Brand setzen, aber es würde euch schwer werden, aus der seichten Moskwa so viel Wasser zu schöpfen, als ihr zum Löschen nötig hättet.«
    »Wir werden schon noch ein wenig Ordnung machen, mein Kapitän«, antwortete der Sergeant sich verneigend, da die Offiziere ihren Weg fortsetzten. – »Es wundert mich doch,« meinte Jaromir, »daß das gelitten wird; es ist in der Tat Gefahr vorhanden.«
    »Freilich wohl!« zuckte Lacoste die Achseln, »aber mit der Garde ist der Kaiser nun einmal so streng nicht. Er vertraut zu sehr darauf, daß es lauter Veteranen sind, die mit Krieg und Kriegszucht Bescheid wissen und ihre Notwendigkeit so eingesehen haben, daß sie von selbst tun, was recht ist. Es geschieht auch so, auf dem Marsche, im Lager und in der Schlacht; doch ihr wißt wohl, wenn einmal der Tag des Ausruhens für den Soldaten gekommen ist, dann hält es gar zu schwer, ihn zur Arbeit zu bringen. Solange er im Zuge ist, geht's, man kann ihm aufhäufen, was die Schultern nur tragen wollen; streckt er sich aber erst müde im Biwak aus, zumal in einer eroberten Hauptstadt, dann mag der

Weitere Kostenlose Bücher