1886 - Nach der Apokalypse
sondern hetzte den Gang einfach weiter, setzte ohne Stolpern über umgestürzte Einrichtungsgegenstände hinweg und schlug rechtzeitig einen Haken, als der Gang an einem zehn Meter großen Loch in der Wand endete, hinter der sich nichts mehr befand.
Aber es ging nach rechts weiter, und sie rannte einfach.
Harro holte Mimi ein, riß sie hoch und stürmte weiter, um eine Ecke, die nächste und in ein Büro hinein.
Gleich darauf gab es einen blendenden Blitz und eine donnernde Detonation. Der Boden zitterte, und lautes Krachen zeigte das weitere Einstürzen eines Teils des Gebäudes an, doch es setzte sich wenigstens nicht bis zu ihnen fort - momentan.
Mimi hielt sich die Ohren zu und verbarg sich zitternd in Harros Armen. Es dauerte mehrere Minuten, bis sie wieder hören konnte. Mit großen Augen schaute sie zu Harro auf.
„Diese dummen Narren", stieß er bitter hervor. „Sie haben. doch gesehen, daß der Dscherro eine Granate in der Hand hatte ..."
„Mach dir keine Vorwürfe", versuchte Mimi ihn zu trösten. Sie war froh, daß der Dscherro tot war. Nur um die Männer, auch wenn sie halb verrückt und gefährlich gewesen waren, tat es ihr leid. Sie waren tapfer gewesen und hatten wie Helden gekämpft, fand sie. „Du kannst doch nichts dafür."
„Das sagst du so leicht, Kind", sagte er leise.
*
Harro verlor keine Zeit mehr. „Die anderen suchen bestimmt schon nach uns", erklärte er Mimi.
Außerdem war das Gebäude zu unsicher geworden, möglicherweise stürzte es jeden Moment endgültig zusammen.
„Es muß einen anderen Weg geben, sie lebend zu fangen. Wenigstens einen von ihnen!" nahm der LFT-Mann sich vor.
„Ist das jetzt wichtiger, als die Kinder zu finden?" fragte Mimi erstaunt.
„Es ist alles gleich wichtig, aber ich kann es nicht gleichzeitig machen, Mimi", gab er zur Antwort.
„Außerdem bin ich nicht der einzige hier. Überall sind Bergungs-, Räum- und Löschkommandos unterwegs.
Komm jetzt, wir müssen weiter."
Er nahm Mimis Hand und führte sie aus dem Gebäude. Vorsichtig, den Kombistrahler im Anschlag, sicherte er nach allen Seiten. Dann erstarrte er. Mimi, die vorsichtig an ihm vorbeisah, stockte ebenfalls.
Eine Frau rannte die Straße entlang, verfolgt von einem Dscherro auf einem Ein-Mann-Chresch. Wie üblich zog das Gefährt eine dichte, stinkende Rauchfahne hinter sich her und machte einen Höllenspektakel.
Der Dscherro schien die Frau rein aus Vergnügen zu hetzen, denn er überholte sie, trieb sie in die entgegengesetzte Richtung, umkreiste sie, jagte sie wieder weiter.
Sie keuchte bereits schwer, stolperte oft, und sie duckte sich, wenn er zu dicht herankam, mit verzweifelten und angstvollen Schreien, die das Geknatter übertönten.
Gerade als Mimi und Harro die Situation erfaßten, flog der Dscherro dicht an die Frau heran, stoppte den Chresch und berührte sie kurz mit einem langen schwarzen Neurostab. Sie machte einen Luftsprung und fiel zuckend zu Boden, wo sie sich vor Schmerzen wand und krümmte.
„Bitte", wimmerte sie, „bitte nicht mehr ..."
Der Dscherro kläffte, offensichtlich amüsiert, und näherte sich ihr erneut.
Dann verharrte er plötzlich, schien einem Funkruf zu lauschen und drehte dann ab. Schnell beschleunigte er auf Höchstgeschwindigkeit und war bald verschwunden.
Der LFT-Mann rannte zu der Frau, seine Deckung nicht beachtend. Mimi stockte einen Moment der Atem, dann folgte sie ihm. Im Augenblick war niemand sonst in der Nähe.
„Wie geht es ihr?" fragte sie besorgt.
Die Frau lag verkrümmt da, das Gesicht himmelwärts gerichtet. Der starre Blick ihrer Augen machte Mimi angst.
Harro nahm die Hand von ihrem Hals und schüttelte den Kopf. „Sie ist gerade gestorben, Mimi. Der Schock war zuviel. Ihr Herz hat versagt."
Mimi führte die rechte, geballte kleine Hand zu ihrem Mund und biß auf die Fingerknochen; so lange, bis die Hand blutete. Sie sagte kein Wort.
„Wenigstens hat sie keine Schmerzen mehr ...", fügte Harro leise hinzu. „Sie hat ziemlich schwere Wunden, ein Wunder, daß sie überhaupt noch so schnell laufen konnte ..."
„Und ... und jetzt ...", fragte Mimi, immer noch wie gelähmt.
Harro stand auf, sammelte die in der Nähe verstreut herumliegenden Waffen, prüfte sie auf ihre Brauchbarkeit und steckte sie dann ein. Damit hatte er seine umfangreiche Ausrüstung wiederhergestellt. Sein Gesicht war rußgeschwärzt, an Kopf und Händen hatte er mehrere Schrammen. Viel Ähnlichkeit mit dem freundlichen Mann in dem
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