2293 - Ein Held für alle Fälle
Gesicht, das Gesicht aus seinen Träumen. Aber kein Traum konnte so echt sein wie die junge Frau, die heulend und bebend vor ihm stand. Kein Flehen so echt wie das in ihrem Blick. „Mardi!" Er sprang auf. Für einen Moment wurde ihm schwindlig. Seine Hände fanden ihre Schultern und krampften sich in sie. Er zog sie mit einem Ruck an sich und drückte sie, so fest er nur konnte. Ein irres, verrücktes Lachen. „Mardi, du hast dich nicht getäuscht. Ich will dich nie wieder loslassen, hörst du?"
Jetzt schössen auch ihm die Tränen in die Augen. Er lachte, beide lachten, und er scherte sich den Teufel darum, ob ihnen jemand zusah.
Er war zurück in der Welt. Er lebte wieder! Und er hatte die Welt in seinen Armen. Wenn das ein Traum war, dann durfte er nie wieder aufhören. Er stammelte Worte, ohne zu wissen, was er sagte. Sie redete auch. Es war, als drehe sich alles um sie, ein verrückter Tanz. Er sah alles verschwommen und musste blinzeln, um wieder einigermaßen klar zu sehen.
Und was er sah, riss ihn ebenso jäh aus seinem Taumel, wie er hineingesogen worden war. „Was ist, Jack?", fragte Mardi, die sich ein Stück von ihm löste. Sie legte den Kopf zurück und sah seinen Blick, der an ihr vorbeiging. „Jack?"
Langsam drehte sie sich um ... ... und sah den Überwachungsschweber des TLD genau auf sie zukommen.
Mardis erstickter Aufschrei riss Jack Reuter endgültig in die Realität zurück. Sie krallte sich in seine Oberarme, dass es schmerzte. Seine Gestalt straffte sich. Er sah von dem herannahenden Schweber in ihr Gesicht, so nahe vor seinem, und sah das ungläubige Erstaunen in ihren Augen - und das langsame Begreifen.
Sie blickte in seine Augen und versuchte, darin zu lesen. Alles geschah innerhalb von Sekunden. Mardis sich lautlos bewegende Lippen, ihr Blick, der langsam an ihm herabwanderte, bis zu seiner rechten Hand, die sich langsam ausstreckte und zum Datenschacht des Terminals wanderte ...
Zu dem Kristall, den er mit zitternden Händen herausnahm und in seiner Faust versteckte ... „Jack", flüsterte sie. Nur das eine Wort, seinen Namen. Aber er wusste, dass sie in diesem Augenblick begriff. Sicher noch nicht viel, aber sie sah seine von kleinen Schweißperlen bedeckte Stirn, die bleich geworden war.
Sie versuchte, eins und eins zusammenzuzählen. Sie verstand noch nicht wirklich, das konnte sie gar nicht, aber sie verstand, dass er in großer Gefahr schwebte - und damit auch sie.
Sein Herz raste. Seine Kehle war trocken. Er hielt den Kristall in seiner Faust und sah an Mardi vorbei den Gleiter zum Stillstand kommen. Einen Meter über dem Boden schwebend, drehte er sich halb. Drei TLD-Agenten musterten ihn und Mardi mit stechenden Blicken. Er sah ihre Hände nicht und wusste nicht, ob sie darin Waffen hielten - bereit, jeden Moment zu schießen.
Eben noch wäre es ihm egal gewesen. Er hätte keinen Finger gerührt und darauf gewartet, dass alles vorbei war. Ein schneller Schuss und aus.
Keine quälenden Gedanken mehr und keine Leere, die verzehrender war als jedes Feuer.
Aber nun ... nach Mardis Geständnis ...
Sie hatte ihm sein Leben zurückgegeben und noch viel mehr. Das Glück, nach dem er sich sein Leben lang gesehnt hatte, war ihm zum Greifen nahe - und gleichzeitig aufs Höchste gefährdet. Er hatte auf einmal alles, was er je begehrt und von dem er immer geträumt hatte, und wollte es nicht mehr verlieren.
Plötzlich warf sie sich an ihn. Ihre Arme schlangen sich um seinen Hals.
Ihr Körper drückte sich an ihn, und ihre Lippen lagen auf den seinen. Er fühlte sich überwältigt, im wahrsten Sinn des Wortes. Etwas explodierte in ihm und stürzten ihn in ein Chaos der Gefühle, in dem er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.
Nur eines dachte er: Wenn das hier das Ende ist, dann soll es geschehen.
So und nicht anders. Was konnte schöner sein als der Tod in ihren Armen?
Ein Abschied mit einem Kuss von ihr?
Er wollte die Augen schließen, doch sie gehorchten ihm nicht. Er starrte an Mardi vorbei auf den Schweber, sah die Agenten, die miteinander sprachen, offenbar beratend. Worauf warteten sie?
Und dann, als er es vor innerer Anspannung nicht mehr auszuhalten glaubte, gab einer ein Zeichen, und der Schweber entfernte sich.
Er nahm den Kopf zurück und flüsterte Mardi ins Ohr: „Es ist vorbei. Wir leben, Mardi. Sie kommen nicht zurück. War es deswegen?"
„Was?", fragte sie leise. Sie drehte sich um und sah den Schweber davonfliegen. „Der Kuss ... und das
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