Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod
Zeit der
Baumaßnahmen stellten kein Problem dar. Er kampierte im Manor, oft ganz
allein im Haus, manchmal betreut von einer alten Köchin, die zusammen
mit dem Gärtner Mogworthy das letzte Überbleibsel des Personals der
Cressetts war. Von heute aus blickte er auf dieses Jahr als eines der
zufriedensten und glücklichsten seines Lebens zurück. Unvermindert
stolz auf seinen Besitz, war er jeden Tag durch die Stille des Hauses
die langen Wege vom Großen Saal in die Bibliothek, vom langen Flur zu
seinen Räumen im Ostflügel abgeschritten. Er wusste, dass sein Manor
sich nicht mit dem herrlichen großen Saal oder den Gärten von
Athelhampton, der atemberaubenden Lage Encombes oder der Noblesse und
der geschichtlichen Bedeutung Wolfetons messen konnte. Dorset war reich
an großen Häusern. Aber dieses war sein Haus, und es verlangte ihn
nicht nach einem anderen.
Die Probleme begannen, nachdem die Klinik eröffnet hatte und
die ersten Patienten eintrafen. Er gab eine Stellenanzeige für eine
Hausverwalterin auf, aber wie ihm Bekannte in vergleichbarer Lage
prophezeit hatten, fand er keine, die qualifiziert genug war. Die alten
Dienstboten aus dem Dorf, deren Vorfahren schon für die Cressetts
gearbeitet hatten, ließen sich auch durch die hohen Löhne des
Neuankömmlings nicht zum Loyalitätsbruch verführen. Er hatte darauf
gebaut, dass seine Sekretärin in London nebenbei Zeit für die
Rechnungen und Bücher des Manor finden würde. Dem war nicht so. Auch
seine Hoffnung, der Gärtner Mogworthy, den eine kostspielige Firma von
den schwersten Arbeiten entlastete, würde sich herablassen, mehr
Arbeiten im Haus zu übernehmen, zerschlug sich. Dafür hatte die zweite
Annonce für eine Hausverwalterin, diesmal anders platziert und
formuliert, Helena zum Vorschein gebracht. Er erinnerte sich, dass sie
mehr ein Einstellungsgespräch mit ihm geführt hatte als er mit ihr. Sie
war frisch geschieden, unabhängig, hatte eine Wohnung in London, aber
sie brauchte eine Beschäftigung, solange sie über eine neue Zukunft für
sich nachdachte. Deshalb war es für sie interessant, zumindest
vorübergehend ins Manor zurückzukehren.
Das war sechs Jahre her, und sie war immer noch da. Manchmal
fragte er sich, wie er zurechtkommen wollte, wenn sie sich eines Tages
entschloss, das Haus zu verlassen, was sie zweifelsohne mit derselben
Direktheit und Entschlossenheit tun würde, mit der sie gekommen war.
Aber für solche Gedanken fehlte ihm die Zeit. Es gab
Probleme – zum Teil von ihm selbst verursacht – mit
der OP-Schwester Flavia Holland und mit seinem chirurgischen
Assistenten Marcus Westhall, und auch wenn er von Natur aus ein Planer
war, hatte er nie einen großen Sinn darin finden können, eine Krise
herbeizudenken. Helena hatte ihre alte Gouvernante, Letitia Frensham,
als Buchhalterin eingestellt. Wahrscheinlich war sie Witwe oder
geschieden oder lebte getrennt, er fragte nicht danach. Die Bücher
wurden akkurat geführt, das Chaos im Büro hatte sie in Ordnung
verwandelt. Mogworthy hörte mit seinen nervtötenden Drohungen auf und
wurde beinahe umgänglich. Und auf wundersame Weise waren auf einmal
auch Teilzeitkräfte aus dem Dorf verfügbar. Helena machte ihm klar,
dass kein vernünftiger Koch eine solche Küche akzeptieren würde, also
stellte er klaglos Geld für die Modernisierung zur Verfügung. Kamine
wurden beheizt, Blumen und Grünpflanzen für die bewohnten Räume
gefunden, auch im Winter. Das Manor erwachte zum Leben.
Als er vor dem geschlossenen Eingangstor hielt und aus dem
Mercedes stieg, um es zu öffnen, lag die Zufahrt zum Haus in Dunkelheit
vor ihm. Erst als er am Ostflügel vorbeifuhr, um den Wagen abzustellen,
gingen die Lichter an, und in der offenen Eingangstür begrüßte ihn der
Koch, Dean Bostock. Er trug, wie immer, wenn er bereit war, das
Abendessen zu servieren, blaukarierte Hosen und seine kurze weiße Jacke.
»Ich soll Ihnen ausrichten, dass Miss Cressett und Mrs.
Frensham auswärts essen«, sagte er. »Sie besuchen ein paar Freunde in
Weymouth. Ihr Zimmer ist fertig, Sir. Mogworthy hat in der Bibliothek
Feuer gemacht. Wir dachten, wenn Sie allein sind, würden Sie es sicher
vorziehen, dort zu essen. Soll ich Ihnen einen Drink bringen, Sir?«
Sie gingen durch den Großen Saal. Chandler-Powell zog sein
Jackett aus, stieß die Tür zur Bibliothek auf, warf das Jackett und die
Abendzeitung auf einen Sessel. »Bitte, Dean. Einen Whisky. Ich trinke
ihn jetzt gleich.«
»Und das Abendessen in
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