Agent 6
vorsichtige Antwort, aber keine Zustimmung, und Leo musste sich noch mehr anstrengen, um sein Publikum zu überzeugen.
– Ich tue, was ich verspreche. Ich werde überlaufen. Sagt mir, was ihr von meinem Vorschlag haltet.
– Er interessiert uns.
Leo drängte weiter.
– Ihr braucht die Unterstützung der Amerikaner. Ihr braucht ihre Waffen, neue Gewehre, nicht diese uralten Dinger, die nicht geradeaus schießen. Nicht die verrosteten Pistolen in euren Gürteln. Ihr braucht Raketen. Ihr braucht eine Möglichkeit, die Hubschrauber und Flugzeuge der Sowjets zu beschädigen.
Der Älteste nickte nachdenklich.
– Wie willst du das erreichen? Die Amerikaner werden dir nicht vertrauen.
– Bringt uns über die Grenze nach Pakistan. Ich weiß, dass der pakistanische Geheimdienst euch unterstützt. Er hat bestimmt Kontakt zur CIA .
– Das könnte sein.
– Dann habt ihr die Möglichkeit, die CIA zu kontaktieren. Ihr könnt über die Pakistaner ein Treffen vereinbaren.
– Und was dann? Wie sollen wir dem Wort eines Verräters trauen?
– Ihr müsst mir nicht vertrauen. Die CIA würde mich nicht beschützen, wenn ich für sie nicht wertvoll wäre. Ich werde ihnen alles sagen, sonst lassen sie mich fallen.
Der Älteste fragte:
– Was willst du im Gegenzug?
– Dass Nara Mir und das Mädchen mich begleiten.
Der Vorschlag rief Empörung hervor. Bevor sie widersprechen konnten, fuhr Leo fort:
– Mein Vorschlag beleidigt euer Gefühl dafür, was richtig und was falsch ist. Doch ich weiß, dass eure Entscheidung pragmatisch ausfallen wird. Viele von euch verabscheuen Drogen, trotzdem tauscht ihr sie gegen Waffen ein. Ihr findet die Vorstellung schrecklich, Hilfe aus Amerika anzunehmen, um eure Feinde zu besiegen, aber ihr wisst, dass der Krieg ohne diese Hilfe viel schwerer zu gewinnen ist. Wenn ich zu den Amerikanern überlaufe, ist das nicht nur psychologisch ein schwerer Schlag für die Sowjetunion und für euch gelungene Propaganda. Ich mache den USA obendrein ein gutes Angebot. Das ist ihre einzige Möglichkeit, in den Krieg einzugreifen, ohne selbst Truppen ins Land zu schicken. Sie können der Sowjetunion enorme Probleme bereiten und gleichzeitig so tun, als wären sie neutral. Würden sie euch glauben, wenn ihr das sagt? Sie wissen, dass ihr Geld und Waffen wollt. Würden sie mir glauben? Ich will weiter nichts von ihnen.
– Jeder will etwas.
Der Anführer verschränkte die Arme.
– Du willst sie. Fremde kommen hierher und nehmen unsere Frauen, ist es nicht so? Willst du sie als deine Frau haben?
– Meine Frau ist tot.
– Also willst du eine neue? Willst du sie?
– Sie ist eine Freundin.
– Eine Freundin?
Darüber lachte der Rat.
– Wir alle brauchen Freunde.
Der Anführer hörte auf zu lachen und wurde nachdenklich.
– Wir werden darüber abstimmen.
Hindukusch
Afghanisch-pakistanische Grenze
Khyber-Pass
1000 Meter über dem Meeresspiegel
180 Kilometer südöstlich von Kabul
30 Kilometer nordwestlich von Peschawar, Pakistan
Am nächsten Tag
Sie wollten die Grenze nachts überqueren. Fahad Mohammad hatte sich freiwillig gemeldet, um sie nach Pakistan zu begleiten, er hatte darauf bestanden. Sein Eifer überraschte Leo. Fahad hatte sich ihnen gegenüber extrem feindselig verhalten, er machte kein Geheimnis daraus, dass er sie hasste, und hätte kein Problem damit gehabt, Nara sterben zu sehen. In drei Tagen hatte er durch Einsätze der Sowjets drei Brüder verloren. Er wusste zwar nicht, wie eng Leo und Nara in den Tod seines ältesten Bruders Dost Mohammad in Kabul verstrickt waren, aber die beiden gehörten zu der mordgierigen, ungläubigen Besatzungsmacht, und er hasste sie so sehr wie die Hubschrauberpiloten, die sein Dorf niedergebrannt und dabei Frauen, Kinder und alte Männer umgebracht hatten. Trotzdem hatte er sich für die Mission gemeldet, nachdem der Ältestenrat Leos Vorschlag angenommen hatte. Dabei war der Rat geteilter Meinung gewesen. Eine knappe Mehrheit glaubte, dass die Unterstützung der Amerikaner den Krieg beeinflussen konnte. Die anderen sahen es als eine Schande an, um Hilfe zu bitten. Aber sie hielten sich an die Abstimmung und wollten einen ihrer besten Soldaten schicken, wie es sich für eine so wichtige Mission gehörte.
Fahad Mohammad sollte sie in die pakistanische Stadt Peschawar bringen und dort den Plan mit ihren wichtigsten Verbündeten besprechen, dem pakistanischen Geheimdienst ISI . Sie arbeiteten eng mit dem ISI zusammen,
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