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Agenten kennen kein Pardon

Agenten kennen kein Pardon

Titel: Agenten kennen kein Pardon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Südcañon von Gleenwood Springs. Sie hatten die Mäntel eng um sich geschlagen und lehnten gegen eine Felsnase. Der eine von ihnen, ein großer Mann mit dunklem Hut, rauchte eine Zigarette, während der zweite, ein älterer, dicker Mann, nervös von einem Bein auf das andere trat.
    Die Nacht war dunkel. Dicke Regenwolken verdeckten den Mond und zogen tief und langsam über die Cañons von Colorado. Die Steine und der sandige Boden reflektierten die am Tage aufgespeicherte Sonnenhitze und machten die Luft in der schmalen Schlucht stickig und atembeklemmend.
    »Man hat uns falsch bestellt, Dr. Bouth«, sagte der kleine Dicke flüsternd. »Nach meiner Uhr müßten die Russen schon hier sein.«
    Dr. Bouth schaute auf die Leuchtziffern seiner Armbanduhr. »So genau hält man das nicht, Professor Shuster«, entgegnete er. »Wer lange wartet, wird weich. Das ist ein alter Trick.«
    »Es ist eine Hundsgemeinheit!«
    »Von Ihrer Warte aus, bestimmt. Unsere Rendezvous-Partner sind darin anderer Ansicht.«
    Prof. Dr. Shuster brummelte etwas Unverständliches vor sich hin. Er dachte an die zurückliegenden Stunden, und eine dumpfe, verzweifelte Wut klomm in ihm empor.
    Als der Brief in Los Alamos eintraf, jener gemeine Brief Piotre Zanewskijs, der den Tod Mabel Paersons androhte, falls man nicht das Geheimnis der neuen Spaltung verriet, war Prof. Paerson zusammengebrochen. Nach einer tiefen Ohnmacht, der ein Nervenfieber folgte, hatte er wie ein Tier geschrien, hatte mit den Händen um sich geschlagen und unverständliche Laute ausgestoßen. Erst nach drei Stunden war das Bewußtsein wiedergekommen, ein stumpfes, resignierendes, gleichgültiges Bewußtsein. Er hatte Dr. Bouth angesehen und mit schwacher Stimme, in der kein Leben mehr war, gesagt: »Machen Sie das alles, Ralf … ich … ich will nicht mehr.«
    Dr. Bouth hatte dann mit Washington gesprochen. Den Vorschlag, den Russen falsche Formeln zu geben, mußte er als unmöglich ablehnen, da jeder Physiker sofort erkennen mußte, daß es sich um eine Täuschung handelte. Und man wußte nicht, ob Zanewskij oder Gregoronow Physiker waren und an Ort und Stelle die Formel überprüften.
    General McKinney verschloß sich diesen Argumenten nicht und willigte ein, die Form der Hinhaltung und der Verzögerung zu wählen, um in der Zwischenzeit der FBI und den aufgebotenen Militärformationen die Gelegenheit zu geben, den Standpunkt der Agenten ausfindig zu machen.
    Dr. Bouth warf die Zigarette weg. Sie glühte noch ein wenig auf dem Boden, ehe sie erlosch. Prof. Shuster knöpfte seinen Mantel auf. Ihm wurde es warm vor Erregung. Seit er nach Los Alamos kam, um das dortige Hospital zu leiten, hatte er eine solche erregende Nacht nicht wieder gehabt. Aber als bester Freund Prof. Paersons, als Studienkamerad und Vertrauter ließ er es sich nicht nehmen, an dieser entscheidenden Wende des Lebens seines Freundes teilzunehmen und vielleicht auch einzugreifen.
    Die beiden Männer fuhren herum. Von der Seite rollten Steine über den Weg. Ein tastender Schritt kam näher. Er verhielt hinter einer Buschreihe. Der Unsichtbare schien zu lauschen, vorsichtig, witternd wie ein Reh, das aus den Stangen auf die Wiese tritt. Dann bogen sich die Zweige auseinander und ein dunkler Schatten glitt auf den schmalen Hohlweg des Cañons.
    »Hallo?« fragte eine gedämpfte Stimme.
    »Ja.« Dr. Bouth und Prof. Shuster kamen ein paar Schritte näher. Der Unbekannte wich zurück.
    »Bitte, bleiben Sie stehen«, zischte er. »Wir können uns mit etwas Abstand auch verständlich machen. Darf ich fragen, mit wem ich spreche?«
    »Mit Dr. Bouth.«
    »Und Prof. Shuster«, sagte der Alte laut.
    »Die Prominenz von Los Alamos. Das freut mich. Mein Name ist Piotre Zanewskij.« Der Russe nahm die Hände aus der Tasche, wo er zwei Revolver umklammert hielt. »Sie haben meinen Brief genau durchgelesen?«
    »Er war deutlich genug.« Dr. Bouth ballte hinter dem Rücken die Fäuste. Diese Entehrung, diese Blamage, sich hier in der Nacht in einem kleinen Cañon mit einem Verbrecher unterhalten zu müssen. »Was wollen Sie von uns?« stieß er wütend hervor.
    Zanewskijs Stimme war höflich und glatt. Es klang, als konversiere er in einer der besten Gesellschaften über ein aktuelles, interessantes Thema.
    »Auch das haben wir Ihnen genau geschrieben. Ein seltener Glücksumstand führte uns Ihr Fräulein Braut in die Hände. Wir wollten es selbst nicht, Herr Bouth. Wir hatten gehofft, Sie oder Herrn Prof. Paerson zu treffen.

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