Alasea 01 - Das Buch des Feuers
der Macht.
Ja, Hexe oder nicht, er vertraute ihr.
Er löste sich von ihrem eindringlichen Blick und konzentrierte sich wieder auf den Spalt in der gegenüberliegenden Wand. Vor ihnen lagen Geheimnisse und weitere Gefahren, und ohne sein Schwert hätte er ihnen mit leerer Hand gegenübertreten müssen. Doch seltsamerweise spendete ihm die Hexe hinter ihm ein gewisses Maß an Zuversicht.
Er marschierte voraus auf dem unebenen Weg und warnte die anderen vor Stellen mit rutschigem Schlamm oder tückischen lockeren Steinen. Das Zischen der Felskobolde verfolgte ihre Spur, doch nicht einer näherte sich weit genug ihrer Insel aus Licht, um sich zu zeigen. Nur Schatten und das Schleichen des dunklen Wolfs regten sich um sie herum.
»Jetzt sind wir fast da«, bemerkte Bol, als sie sich dem Spalt näherten.
Klang die Stimme des alten Mannes müde? Er’ril musterte ihn. Anscheinend fiel ihm das Atmen leicht, und seine Gesichtsfarbe sah immer noch gesund aus.
»Wenn ich mir vorstelle, dass es mir immer gefallen hat, diese alten Ruinen zu erforschen!« Er stieß ein verächtliches Prusten aus. »Nach dieser Nacht habe ich von diesen muffigen und tropfenden Kammern gründlich genug.«
»Wir haben es bald hinter uns«, sagte Elena mit lauter Stimme, dann fügte sie leiser hinzu: »Hoffentlich.«
Er’ril gelangte zum Eingang des dunklen Spalts. »Reich mir die Lampe herüber, Bol.« Da er nun nicht mehr durch sein Schwert behindert war, konnte er den Weg vor sich beleuchten; er hatte das Gefühl, dass von vorn mehr Gefahr drohte als von hinten.
Bol reichte ihm die Laterne, und Er’ril schätzte stirnrunzelnd deren Ölinhalt ab. »Welches Spiel auch immer diese Kobolde spielen mögen, sie sollten sich damit beeilen«, sagte er. Die Lampe war beinahe trocken. Er’ril drehte die Flamme kleiner, um den Verbrauch an Brennstoff zu verringern. Dank der zusätzlichen Beleuchtung durch das Schimmern des Mondfalken konnten sie sparen.
Er hob die Laterne zu dem klaffenden Felsspalt.
Bevor er hineintrat, erforschte er, wie der Weg weiterging. Von der anderen Seite der Schlucht aus hatte er den Spalt für einen natürlichen Riss im Gestein gehalten. Doch nun, da sein Licht das Innere erhellte, stellte er fest, dass er sich geirrt hatte. Bogen überspannten die Wände aus roh behauenem Gestein und wiesen den Weg. Weder die Natur noch die Götter hatten diesen Weg geschaffen, und dem Handwerk nach zu urteilen war dies auch kein Menschenwerk. Die gekerbte und gefurchte Oberfläche des rohen Felsens trug die eindeutigen Kratzmale von Klauen aus uralter Zeit, und auf dem ersten der Bogen waren grobe Abbildungen von ineinander verschlungenen Kobolden zu erkennen.
Er’ril betastete eine der Vertiefungen in der Wand. Als sein Finger die Wand berührte, hörte das Zischen der Kobolde hinter ihnen schlagartig auf. Mittlerweile hatte das Geräusch sie so dauerhaft begleitet, dass die plötzliche Stille wie ein Donnerschlag in den Ohren dröhnte.
»Ich vermute, wir nähern uns dem Ende ihres Spiels«, flüsterte Bol. »Ich glaube, wir brauchen uns wegen des Öls in der Lampe keine Sorgen zu machen.«
»Kommt!« sagte Er’ril und ging in den Tunnel voraus. »Ich bin diese Jagd allmählich leid.«
Nach ein paar Schritten in den Tunnel hinein traten sie unter dem ersten Bogen hindurch. Bei näherer Betrachtung fiel Er’ril auf, dass die verschlungenen Kobolde, die in den Bogen eingeritzt waren, verschiedene Stadien der körperlichen Vereinigung darstellten. Der ganze Bogen bildete eine einzige Orgie der Wollust in allen möglichen Zusammenstellungen, einschließlich einiger, die sich Er’ril nie vorgestellt hatte und sich auch nicht vorstellen wollte.
Er’ril bemerkte, wie sich die Augen des Mädchens weiteten, als auch sie den Sinn der Darstellungen erfasste. Sie errötete und wandte den Blick ab.
Die einzige Äußerung von Seiten Bols, der sich vorbeugte, um ein Paar männlicher Kobolde eingehender zu betrachten, die sich gemeinsam mit einer einzigen Frau vergnügten, bestand in den schlichten Worten: »Bemerkenswert! Höchst bemerkenswert.«
Während sich die Aufmerksamkeit beider Männer noch dem Bogen widmete, war Elena die Erste, die eine Veränderung im Tunnel bemerkte. »Von da oben fällt Licht herein«, sagte sie.
Er’ril wandte sich um und bemerkte schließlich einen Schimmer. Er dämmte den Schein seiner Lampe, um das andere Licht besser beurteilen zu können. In der tieferen Dunkelheit gewann der schwache Schein an
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