Alasea 01 - Das Buch des Feuers
Magik-Feuer vom Obsthain übergesprungen sei, um den Laden ihrer Tante zu vernichten. Aber die aufgeregt umherrennenden Leute, die mit Fackeln herumfuchtelten, widerlegten diese Befürchtung sofort.
»Sie steht mit dem Dämon im Bunde!« schrie jemand aus der Menge.
»Zeichnet ihre Stirn mit dem bösen Auge!« brüllte ein anderer.
»Jeder, der mit diesen verfluchten Bälgern verwandt ist, sollte aus der Stadt verbannt werden!«
»Nein, aufhängen wäre besser!«
Elena entdeckte ihre Tante Fila, die vor ihrer verbrannten Bäckerei kniete. Ihr Gesicht, von Ruß bedeckt, zeigte schwarze Streifen von Tränen. Einer ihrer Söhne lag mit dem Gesicht nach unten auf den Pflastersteinen in einer Blutlache.
Elenas Sicht trübte sich von Tränen. Obwohl es nicht unmittelbar ihr Feuer gewesen war, dem der Laden ihrer Tante zum Opfer gefallen war, hatte es dennoch weitere Verheerung in ihrer Familie angerichtet. Sie ging einen Schritt auf die Menge zu.
Joach hielt sie zurück. »Nein!«
Sie hätten wieder um die Ecke zurück verschwinden und vielleicht entkommen können, doch Elenas aufgeregte Bewegungen und Joachs Wort zogen die Augen einiger auf sie. Die meisten schenkten den beiden derb gekleideten Kindern indes keine Beachtung. Tante Filas Sohn Bertol aber sah sie mit weit aufgerissenen Augen an und erkannte sie. Er deutete mit erhobenem Finger auf Elena und Joach. »Dort! Meine Kusine und mein Vetter. Seht doch! Wir haben sie nicht in unserem Laden versteckt.«
Tante Filas Hand hob sich schnell zu ihrem Sohn, als ob sie versuchen wollte, seine Worte und seinen Verrat zurückzunehmen. Einen Herzschlag lang begegneten ihre Augen Elenas Blick, voller Kummer und Schmerz.
Die Menge stürzte sich auf sie. Joach versuchte, Elena mit sich wegzuziehen, doch plötzlich packten sie kräftige Hände von hinten.
Elena schrie auf, konnte sich jedoch nicht befreien. Sie und Joach wurden in die Menge geschoben. Elena starrte hinauf in die Augen ihres Häschers. Es war der Metzger. Kräftig gebaut, wie er war, hielt er sie beide mühelos fest. Seine Lippen waren weiß vor Hass, seine Augen rot vor Mordlust.
»Ruft die Wachen!« schrie jemand in der Menge. »Wir haben das Dämonengezücht geschnappt!«
Er’ril betrachtete stirnrunzelnd den Mann aus den Bergen, der immer noch unter Tränen zu seinen Füßen kniete. Ni’lahn war offensichtlich fassungslos und beschämt wegen seines Ausbruchs; die kleine Hand hatte sie sich vor den Mund geschlagen. »Kral«, sagte Er’ril. »Ich weiß nichts darüber, dass deinem Volk ein schlimmes Schicksal bestimmt sein soll. Steh auf und vergiss diese Torheit.«
Kral stöhnte, das Gesicht dem Boden zugewandt.
Der Wirt näherte sich mit dem erhobenen Besen vor dem dicken Bauch. »Hinaus mit euch allen!« Er vollführte eine schwungvolle Bewegung in der Luft, dann richtete er den Besenstiel auf Kral. »Hinaus, bevor dieser Tollpatsch auf meinem Boden abkratzt.«
Kral erhob sich und ragte jetzt wuchtig wie ein Bär vor dem rundlichen Wirt auf. »Hüte deine Zunge, Wirt, sonst nagle ich sie an deine Tür.«
Der Wirt wurde blass und wich einen Schritt zurück. Er hob den Besen noch höher. »Pass auf… pass auf, dass ich nicht die Stadtwache rufe.«
Kral streckte den Arm nach dem Wirt aus, im Begriff, ihn zu packen, doch Er’ril legte ihm die Hand auf die Schulter. »Er ist die Anstrengung nicht wert, Kral. Lass den Mann in Ruhe.« Es war, als ob er einen tief in der Erde eingebetteten Stein bewegen wolle, aber er spürte, wie sich die Schulter entspannte und Kral es zuließ, dass er von der Kehle des Wirtes weggezogen wurde.
Er’ril wandte sich an den Wirt. »In Zukunft benimm dich gegenüber dem Bergvolk mit gebührendem Anstand.«
Mit Kral im Schlepptau ging Er’ril zur Tür der Gastwirtschaft. Ni’lahn folgte ihnen nach draußen, wo die gepflasterten Straßen seltsam leer waren, abgesehen von zwei Soldaten, die an einer Ecke neben zwei zusammengebundenen Pferden standen. Der eine, dessen Jacke aufgeknöpft war und dem die Wampe über den Gürtel hing, betrachtete sie mit gelangweilten Augen, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Kumpanen zu, um das Kartenspiel des vergangenen Abends fortzusetzen.
Er’ril schenkte ihnen keine Beachtung und wandte sich Kral zu. »Hier trennen sich unsere Wege, Mann aus den Bergen«, sagte er. »Du suchst das Skal’tum, und so sehr dich das auch bekümmern mag, ich hoffe, du wirst es niemals finden. Was jedoch mich betrifft, ich suche
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