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Alera 01 - Geliebter Feind

Alera 01 - Geliebter Feind

Titel: Alera 01 - Geliebter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cayla Kluver
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oder den Augenzeugenbericht eines anderen Wachmannes?«
    »Erzähl mir erst Tadarks Variante und dann die des anderen«, erwiderte ich rasch und freute mich schon auf eine interessante Geschichte.
    Wir hatten inzwischen die Wendeltreppe erreicht, doch anstatt sie hinabzusteigen, lehnte London sich in aller Ruhe an die Wand.
    »Zu dem Vorfall, der zu Tadarks Aufnahme in die Elitegarde führte, kam es vor einigen Jahren. Er hatte mit deiner Mutter zu tun. Die Königin war gerade auf dem Markt unterwegs und wollte etwas kaufen, als ein Dieb ihr die Geldbörse entriss und sie dabei zu Boden stieß. Ihre Leibwächter überzeugten sich erst davon, dass sie unverletzt war, bevor sie den Mann verfolgten. Dadurch hatte der Bastard einen gewissen Vorsprung. Und dann kam Tadarks Auftritt. Nach eigener Aussage hatte er gesehen, wie der Dieb die Königin attackierte, war ihm nachgejagt, hatte ihn eingeholt, niedergerungen und in Gewahrsam genommen, bevor ihm die anderen zu Hilfe eilten.«
    Ich musste bei der Vorstellung von Tadark bei einer solchen Heldentat beinahe laut auflachen. »Und die andere Version?«
    »Der Anfang der Geschichte ist gleich«, sagte London mit sichtlichem Vergnügen. »Nur die Umstände, die Tadark in den Vorfall verwickelten, unterscheiden sich deutlich. Nach Aussage eines Leibwächters der Königin verfolgten er und ein zweiter Soldat den Dieb. Sie hatten ihn fast eingeholt, als Tadark, damals noch Mitglied der Stadtwache, aus einer Seitenstraße trat. Offenbar bemerkte der Dieb ihn nicht rechtzeitig, und so stießen die beiden zusammen. Der Kriminelle hatte das Bewusstsein verloren, wahrscheinlich weil er mit dem Kopf aufs Pflaster aufgeschlagen war, und die beiden Leibwächter nahmen ihn fest, während Tadark sich aufrappelte.
    Er und der unglückselige Dieb wurden vor die Königin geführt, die von einer Heldentat Tadarks ausging. Nachdem sie in den Palast zurückgekehrt war, bestand sie auf einer Anerkennung für seinen selbstlosen Einsatz. Daraufhin nahm Cannan ihn ins Ausbildungsprogramm für die Elitegarde auf. Ich vermute, dass den Hauptmann damals andere Dinge beschäftigten, sonst wäre ihm sicher eine weniger folgenschwere Belohnung eingefallen.«
    London stieß sich von der Wand ab und bedeutete mir, die Wendeltreppe hinabzusteigen. Auf dem Flur des ersten Stockwerks angekommen, setzte er zu einer Ergänzung der Geschichte an.
    »Ich vermute, dass Cannan nie erwartet hätte, dass Tadark die Ausbildung beendet, da etwa die Hälfte der Teilnehmer im Laufe der Zeit ausscheidet. Unerklärlicherweise kam er jedoch durch. Ich persönlich glaube ja, dass in jenem Jahr bei der Zulassung zur Elitegardeein Fehler gemacht wurde, woraufhin wir mit der Präsenz unseres lieben Freundes gestraft waren. Mein einziger Trost ist, dass er es wohl nie über den Rang eines einfachen Wachmannes hinaus schaffen, sondern auf immer und ewig ein Unterleutnant bleiben wird.«
    Ich musste ein weiteres Mal das Lachen unterdrücken, während wir über den Mosaikboden der Großen Eingangshalle liefen und Madame Matallia erblickten, die ein Körbchen mit einer Stickerei in der Hand hielt, sowie Steldor, der lässig seinen Dolch in die Luft warf und wieder auffing. Offensichtlich warteten sie schon auf mich.
    Die Palastwachen zogen die schwere Doppeltür aus Eichenholz auf und Madame Matallia trat, die grauen Haare zu einem strengen Knoten gebunden, über die Schwelle in den Sonnenschein hinaus. Steldor steckte seinen Dolch ein, machte einen Schritt auf mich zu, verbeugte sich und küsste meine Hand. Dann lächelte er mich träge an, und in seinen Augen stand unübersehbar eine Spur Langeweile. Selbst in seiner schlichten gegürteten Tunika aus grünem Wildleder sah er so großartig aus, dass ich mich in meinem saphirblauen Kleid regelrecht unansehnlich fühlte. Ich nahm den Arm, den er mir anbot, fragte mich, ob ich für Steldor nur irgendein Punkt in seinem Tagesprogramm war, und warf einen Blick hinter mich, um Londons Reaktion zu sehen. Mein Leibwächter wich meinem Blick jedoch aus.
    Der Haupthof war nach dem Palastgarten mein zweitliebster Platz. Fliederhecken säumten den breiten Steinweg, der vom Palast zu den vorderen Toren führte, durch die man das Schlossgelände betrat. Die prächtigen Blüten verbreiteten einen Duft, der sich wie Nebel in einer Senke in Kleidern und Haaren festsetzte.Majestätische Eichen, Birken und blühende Kirschbäume warfen kühle Schatten auf die auf den Rasenflächen verteilten Bänke.

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