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Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Titel: Alissa 2 - Die geheime Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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Schmetterlingsflügel über trockenem Sommergras, von der Sonne verbrannte Klippen, Wolken aus Feuchtigkeit und der Regen, der aus ihnen fällt.«
    »Alissa« , hallte Nutzlos’ unwillkommene Stimme durch ihren Geist. »Hör auf. Gib dich für heute mit der ersten Lektion zufrieden.«
    »Eine Kerzenflamme in einer mondhellen Nacht«, fuhr sie fort und ignorierte ihn, »der Wind auf dem Wasser und das Kreisen der Erde und der Sterne.«
    »Es ist Energie« , erklärte das Buch überflüssigerweise, »in ihren bescheidensten Formen. Ganz gleich, we l chen Zustand sie auch annimmt, sie ist immer dieselbe. In Ruhe. In Bewegung. Immer dieselbe.«
    »Ja«, flüsterte sie, denn dieses Konzept war ihr vertraut. Es war der rote Faden gewesen, der sich durch ihren Unterricht zu Hause gezogen hatte. »Ich sehe, was es ist.«
    »Ich verstehe nicht«, murmelte Bailic, und beim Klang seiner Stimme dämpfte sich ihr erhöhter Bewusstseinszustand, bis ihr wieder einfiel, wo sie war. Sie öffnete die Augen und strich mit den Fingern vorbei an den ungesehenen, aber bereits verwirklichten Seiten, blätterte voran zur nächsten Lektion. Alissa spürte, wie die Erinnerungen, die ihre Finger berührten, grau wurden, und der leuchtende Glanz, der ihr Buch umgab, schwächte sich zu einem durchscheinenden Perlenschimmer ab. Doch das einzelne Wort auf der Seite, die sie vor sich hatte, war klar zu erkennen.
    »Substanz?«, sagte Bailic. »Was für eine Weisheit soll das denn sein?«
    Die letzte Erinnerung an Hitze verhallte, und Alissa erschauerte. An die Stelle der Hitze trat nun ein Gefühl der Präsenz, nicht einer Person oder auch nur eines Dings, sondern einfach nur ein Mangel an Nichts. »Substanz«, wiederholte sie, als es sie in seine gewaltige Kraft einschloss und ihr die Augen wie von selbst zufielen. »Welch kleines Wort für ein so riesiges Konzept.«
    »Erkläre mir das«, verlangte Bailic mit vor Ärger belegter Stimme.
    »Ich bin schon fast bei dir, Alissa« , drang Nutzlos’ Gedanke zu ihr und ging ihr auf die Nerven.
    Alissa scherte sich nicht um die nahende Rettung, sondern ließ die perlgrauen Gedanken sich frei mit ihren vermengen. »Es ist die Luft«, erklärte sie Bailic, sicher in dem Wissen, dass er die Bedeutung niemals erfassen würde. »Es ist die Erde. Es ist Ihr und ich. Es ist das, woraus Bäume entstehen, die blühen und Früchte tragen, aber nicht das Licht, das ihnen Leben verleiht. Wir alle bestehen aus dem gleichen Material, nur anders zusammengesetzt, und diese Zusammensetzung kann man verändern.« Auch das war eine Erkenntnis, die sich durch ihre früheste Erziehung gezogen hatte, so grundlegend und grundsätzlich, dass die Wiederholung beinahe überflüssig erschien. Doch das Buch machte ihr alles so klar, dass sie wusste – es würde die Art, wie sie auch nur das einfachste Ding betrachtete, für immer verändern.
    »Ja« , stimmte das Buch zu. »Geh weiter. Du bist be i nahe da.«
    Wie betäubt schlug Alissa die letzte Seite auf. Sie war leer. Die Gedanken des Buches wandelten sich von Grau zu Schwarz. Ihre Finger, die auf der Seite ruhten, schienen sich in einer unmöglich dunklen Nacht zu verlieren.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fuhr Bailic auf.
    Verwundert starrte sie auf die pechschwarze Seite und roch nur die Kälte alten Schnees. »Ich … ich weiß es nicht.«
    »Unserem Meister sei Dank« , drängte sich Nutzlos’ Seufzen in ihre Gedanken.
    »Komm« , flüsterte das Buch verführerisch. »Du weißt genug. Ich werde dir auch den Rest zeigen.«
    Nutzlos’ qualvoller Aufschrei verhallte beinahe unbemerkt, als Alissa die Einladung ihres Buches mit einem schallenden »Ja!« annahm. Sobald die Antwort ausgesprochen war, überkam sie ein Gefühl der vollkommenen Abspaltung. Es gab nichts zu sehen, zu spüren oder auch nur zu verstehen. Als hätte jemand eine Kerze ausgeblasen, verschwand ihre Welt. Es war beinahe der Tod, doch da Alissa die dunkle Herrin einmal gesehen hatte, wusste sie, dass dies nicht ihr Reich war. Dennoch war es nur Alissas Wille, der sie davon abhielt, die Grenze zu überschreiten und sich ihr anzuschließen. »Was ist das?« , fragte sie ihren Führer.
    »Dies? Dies ist die Zeit« , kam die unerschütterliche Antwort. »Alles, was war, und alles, was noch kommen mag, kann vom Jetzt aus gesehen werden. Du brauchst nur zu wissen – wie weit du zurückschauen musst … Alle drei sind eng verbunden« , erklärte das Buch. »Kannst du das erkennen – Energie, Masse und

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