Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]
wirkte überrascht, aber keineswegs erschrocken. Dann antwortete er: »Meine Männer werden dich töten – jetzt sofort. Du bist eigentlich schon tot!«
»Das sehe ich anders«, entgegnete Paul. »Ich sitze hier und halte Ihnen eine Waffe an den Kopf. Meinen Sie, Ihre Männer würden das Risiko eingehen, aus Versehen Sie zu treffen, wenn sie auf das Auto zielen? Wenn ich also will, kann ich Ihnen auf der Stelle das Licht auspusten.«
Mittlerweile standen die drei Männer vor dem Auto und fuchtelten mit Pistolen herum. Vergeblich versuchten sie, den Citroen zu öffnen.
»Aber das wollen Sie nicht«, sagte Wladimir Slotin betont ruhig. »Sonst hätten Sie es längst getan.«
»Sie verstehen sehr schnell.« Paul nahm die Mündung seiner P99 von Slotins silbergrauer Schläfe. »Und nun hören Sie bitte genau zu: Wir haben vielleicht noch drei bis vier Minuten, bis die Polizei auftaucht. Bis dahin sind wir längst verschwunden. Dies ist eine Bewerbung. Ich heiße Paul Gedeck und bin Ihr neuer Sicherheitschef. Und wenn Sie das auch so sehen, wird so etwas wie gerade sicherlich nie mehr passieren.«
Slotin betrachtete Paul, dann seine Walther und fragte: »Du bist ein Bulle?«
Paul grinste. »Ich glaube, im Moment schon noch. Aber nicht mehr lange. Und jetzt muss ich gehen.« Paul schob die dunklen Vorhänge etwas zurück und wies nach draußen. »Sagen Sie Ihren Männern, sie sollen die Waffen wegstecken. Das ist übrigens sehr verdächtig, was die Blödmänner da auf der Straße anstellen!«
Slotin erwiderte Pauls Grinsen auf eine undurchsichtige Weise. Dann sagte er: »Okay. Steck die Pistole weg.«
Paul nickte und verstaute die P99 im Schulterholster.
»Gut«, sagte Slotin mit einem angedeuteten Kopfnicken. Dann fuhr er die Scheibe seiner Tür hinunter, fegte den Vorhang beiseite und fauchte seine Männer an: »Steckt eure Pistolen weg, ihr Idioten!«
Die Männer starrten ihn verblüfft an und gehorchten.
Paul sagte: »Okay, ich muss verschwinden.«
»Komm morgen Abend zu mir. Auf meinem Boot bei Sonnenuntergang. Dann sehen wir, ob du für mich arbeitest oder ob du stirbst!«
Paul nickte grinsend und öffnete die Tür.
Slotin rief seinen Männern zu: »Lasst ihn gehen. Und dann macht, dass wir hier wegkommen!«
Paul stieg aus und ging zu seinem Wagen. Er hörte noch, wie einer der Männer sagte: »Chef, er hat unseren Zitrön kaputtgemacht.«
Dann stieg Paul ein, startete den Motor und drängte sich in den Verkehr. Als er die nächste Ausfahrt aus dem Verteilerkreis erreicht hatte, sah er im Rückspiegel, dass sich auch der schwarze Citroen in Bewegung setzte. Paul gab Gas. Er wollte möglichst schnell verschwinden, bevor Slotin es sich vielleicht noch einmal anders überlegte.
13. Kapitel
Lorenz drehte sich auf den Rücken. Er lag in seinem Bett und starrte die Decke an. Die Uhrzeit, die von seinem Wecker mit rotem Laserlicht dorthinprojiziert wurde, war nicht zu lesen, denn es war bereits zu hell dazu. Lorenz konnte sich nicht zum Aufstehen überwinden. Dazu erschien es ihm wiederum zu dunkel. Er drehte den Kopf zur Seite und sah aus dem Fenster. Eigentlich ein ganz normaler Morgen im Herbst. Es regnete nicht, keine schwarzen Wolken verhüllten den Himmel. Der Tag trug einfach einen grauen Mantel. Lorenz murmelte: »Auch dies machte den erfahrenen Ermittler aus – einfach liegen zu bleiben, wenn sein Bauchgefühl es ihm gebot.«
Er schloss die Augen. Eben hatte Bärbel angerufen und gefragt, ob er mitkomme zum Frühstück. Er hatte abgelehnt. Lorenz drehte sich auf den Bauch. Vielleicht konnte er so wieder einschlafen. Wenn er aufwachen würde, wäre er frisch, gut gelaunt und voller Tatendrang. Nach ein paar Atemzügen spürte er eine beginnende Verspannung im Nacken. Er knurrte ärgerlich und drehte sich wieder auf den Rücken, sodass er gerade und halbwegs entspannt dalag.
Eigentlich hätte er den Tag schwungvoll beginnen können. Er hatte ein Mordopfer entdeckt, war als Erster am Tatort gewesen. Es gab also einen Fall zu lösen, ganz in seiner Nähe. Beste Voraussetzungen für spannendes Tagwerk. Lorenz wollte Kommissar Wollbrand einen treffenden Kommentar in den Mund legen. Doch auch dem fiel nichts ein. Dabei war es gestern Abend noch so lustig gewesen. Die unsägliche Sibylle Klinkenberg hatte sie behandelt wie kleine Kinder, und dafür hatte sie eine tüchtige Abfuhr bekommen. Lorenz versuchte ein Grinsen, als er daran dachte, wie die Heimleiterin beleidigt abgezogen war. Und dennoch –
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