Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde
lange. Sie überlegte gerade, wie sie sie dazu überreden konnte, sie sich aufsetzen zu lassen, als die Zeltklappe zurückgeschlagen wurde und vier ältere Frauen hereinkamen. Eine war sehr groß und prächtig gekleidet, mit einem schmalen Kupferreif um den Hals und einem anderen in ihrem Haar. Sie sah ein wenig wie eine Priesterin in rituellen Gewändern aus, außer daß keine Priesterin einen so grausamen Mund und derart arrogante Augen gehabt hätte.
Die Frauen, die Marrah zu Boden geworfen hatten, schienen eingeschüchtert. Sie legten ihre Pfeife beiseite und verbeugten sich, und eine von ihnen führte die Königin – oder was immer sie war –zu einem großen, weichen Kissen. Die Frau setzte sich zu dem lauten Klirren ihres Schmucks. Ihre Arme waren von den Schultern bis zu den Handgelenken mit Armbändern bedeckt, und sie trug mehrere Nasenringe, einer davon aus Gold. Ihre drei Begleiterinnen hockten sich in respektvoller Entfernung auf den Boden, und dann trat kurzes Schweigen ein. Alle blickten Marrah erwartungsvoll an. Marrah fühlte erneut Furcht in sich hochkriechen. Was jetzt?
Sie brauchte nicht lange zu rätseln. Die Königin lächelte und wedelte mit der Hand, als wollte sie eine Fliege verscheuchen. Plötzlich packte die Frau, die auf Marrahs Brust gehockt hatte, sie wieder bei der Kehle, und im gleichen Moment preßten die beiden anderen ihre Arme und Beine zu Boden, so daß sie noch hilfloser war als zuvor. Zwei der Begleiterinnen erhoben sich und machten sich daran, ihr die Beinlinge auszuziehen. Marrah schrie und zappelte, aber sie sträubte sich vergeblich. Bald hatten die Frauen sie von der Taille an abwärts entblößt.
Sie lag halbnackt da, gedemütigt und zu Tode erschrocken. Sie brach in kalten Angstschweiß aus, und die Furcht drohte sie zu ersticken. Was, im Namen der Göttin, würden sie als nächstes mit ihr tun?
Ganz plötzlich packte eine der Frauen ihre Schamlippen und zog sie auseinander. Marrah schrie wie am Spieß, doch wieder kümmerte sich niemand um sie. Bevor sie begriff, was geschah, drängten sich die Königin und sämtliche andere Frauen um sie und starrten sie an – oder eher: in sie
hinein –
und schnalzten zufrieden mit der Zunge. Eine von ihnen schlug sogar die Zeltklappe zurück, damit die anderen noch besser sehen konnten.
Krebsrot im Gesicht vor Wut und Verlegenheit und halb erstarrt vor Angst, lag Marrah hilflos da, während sie mit den Fingern in ihrem Schoß stocherten. Endlich schienen sie zufrieden. Die Königin bedeutete den Frauen mit einer Handbewegung, Marrah loszulassen, und erlaubte ihr, ihre Tunika herunterzuziehen und ihre Beinlinge wieder überzustreifen. Sie brauchte ein paar Minuten, um zu erkennen, daß die Frauen mit ihr fertig waren, aber als sie schließlich begriff, daß sie ihr keinen weiteren Schaden zufügen würden, mußte sie die Tränen der Erleichterung zurückdrängen.
Dann passierte etwas äußerst Seltsames. Als Marrah mit hochgezogenen Knien und verschränkten Armen auf dem Boden hockte und die Frauen böse anblickte, während sie wünschte, sie könnte genug Hansi, um sie zu verfluchen, wie sie es verdient hatten, fingen sie an, ihr zu gratulieren. Es bestand kein Zweifel daran, daß es Glückwünsche waren, denn jede einzelne von ihnen lächelte Marrah zu, klopfte ihr auf den Rücken und sagte etwas auf hansi, und dann küßten sie sie feierlich auf beide Wangen. Selbst die Königin küßte sie, als wäre sie eine lange verlorene Tochter.
Na wundervoll. Was für eine Erleichterung, zu wissen, daß ihre intimsten Teile ihre Zustimmung gefunden hatten! Wenn dies die Art der Hansi war, Fremde zu begrüßen, wenn sie freundliche Gefühle hegten, wie mochte dann wohl die Begrüßung ausfallen, wenn sie feindlich gesinnt waren?
Das Küssen und Rückenklopfen ging weiter. Nachdem alle Marrah beglückwünscht hatten, verließen die Königin und ihre Begleiterinnen das Zelt. Die Zeit verging, und bald kehrten sie zurück, strahlend lächelnd. Die Königin zeigte auf Marrah und sagte etwas, was die anderen in freudige Erregung versetzte. Bevor Marrah wußte, was geschah, wurde sie hinaus in den Sonnenschein geführt, wo eine große Menge von Frauen und Mädchen wartete. Es müssen fast hundert gewesen sein, alle mit Beinlingen, langen Tuniken und braunen Schals bekleidet. Sobald sie Marrah erblickten, fingen sie an zu jubeln, klatschten in die Hände und stießen seltsame schrille, trällernde Laute aus. Marrah brauchte einen Moment,
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