Amber Rain
dafür.
„Nicht heute“, sage ich, an George gewandt. „Vielleicht beim nächsten Mal.“
Ambers Hand ist warm geworden, als ich sie die Freitreppe hinaufziehe.
Sie steht ganz still, wie eine Statue, in der Mitte des Raumes, zwischen den beiden Säulen mit den Ringen und Haken darin. Sie ist nackt. Sie ist Perfektion in Form und Farben, blasse Haut, honiggoldenes Haar, die Lippen hellrot, weil das Blut hindurch pulsiert. Ihre Augen folgen meinen Bewegungen, als ich in aller Ruhe zurechtlege, was ich brauchen werde. Die Pr o fessionalität meiner Handgriffe erlaubt es mir, das Tier zu z ü geln, das ruhig unter der Oberfläche wartet, leise fauchend von links nach rechts und wieder zurück schleicht, auf lautlosen Pfoten, wie ein Jaguar in einem viel zu kleinen Käfig. Ich g e nieße das Gefühl, dass es da ist. Ich fühle mich lebendig.
Ich ziehe die Bank neben Amber und arrangiere die fingerd i cken Seile in verschiedenen Farben auf dem Lederpolster. St ä be, Kerzen, ein Feuerzeug. Als ich zu ihr aufschaue, treffen sich unsere Blicke. Ihre Nasenflügel beben. Sie rührt sich kein bisschen. Nur unter der Haut nehme ich das Zittern wahr.
„Was ist dein Safeword, Amber Rain?“
„Vorhang“, sagt sie, ohne nachzudenken.
Ich richte mich auf, lasse meine Hände über ihre Haut gle i ten, ihre Wärme elektrisiert mich. Ihr Puls beschleunigt. Ich lächle sie an, und sie lächelt zaghaft zurück. „Geh einen Schritt zur Seite“, flüstere ich ihr ins Ohr, und sie gehorcht.
Ich ziehe die verchromte Spreizstange aus der Ablage unter der Bank hervor. Sofort scheint die Luft zu vibrieren von A m bers Atem, der sich hochschaukelt, schlagartig beschleunigt. Ich ignoriere sie und befestige die Stange an dem Ring im Querbalken, dem, an dem sie sich bei unserer ersten Szene festgeklammert hat. Die Stange ist fast zwei Meter lang und hat Ringe im Abstand von jeweils zwanzig Zentimetern. Ein pe r fektes Utensil.
„Tritt wieder zurück“, sage ich und küsse ihre Stirn, als sie gehorcht und ihre vorige Position wieder einnimmt. „Streck die Arme waagerecht zur Seite. Danke.“ Nur ihre Finger zittern. Sie hält die Arme ganz still. Sie verkrampft nicht. Glücksgefü h le durchströmen meinen Körper. Amber hat verlernt, wie P a nik geht. Sie ist aufgeregt, nervös, gespannt. Aber sie gerät nicht in Panik. Nicht unter meinen Händen.
Ich wickle das erste Seil um ihr linkes Handgelenk. Dicht an dicht liegen die Schlaufen, sodass keine Haut zu sehen bleibt, bis fast hinauf zum Ellenbogen. Dann verdrehe ich ihren Arm, knicke den Unterarm am Ellenbogen ab und fixiere das Seil an einem der Ringe in der Säule. Sie zieht heftig die Luft ein, weil der verdrehte Arm ihren Oberkörper nach vorn zwingt. Ich wiederhole die Prozedur mit dem rechten Handgelenk, nehme ihr damit effektiv die Möglichkeit, sich gegen mich zu wehren. Sie lässt den Kopf hängen, um ihre Nackenmuskeln zu entla s ten. Diese Haltung erregt mich ungemein.
In dieser Position ist es eine Sache von wenigen Minuten, bis ich den Brustharnisch geknüpft habe. Ich verwende ein dünn e res Seil als beim letzten Mal und lege dafür die dreifache Me n ge an Schlingen und Knoten, um die notwendige Stabilität zu erreichen. Ambers Puls unter meinen Fingern rast, aber sie hält ganz still. Ein Harnisch, der ihr ganzes Gewicht tragen muss, wenn ich sie kopfüber schweben lassen werde, braucht eine bestimmte Form von Knoten und Verschlingungen. Ich arbeite hoch konzentriert. Das Geflecht ist so angelegt, dass ich die Seilzüge sowohl zwischen ihren Schulterblättern als auch über ihrer Brust anbringen kann. Ich habe mich noch nicht en t schieden. Hin und wieder unterbreche ich meine Arbeit, um ihren Kopf zu heben und ihr in die Augen zu sehen. Sie sind verhangen und hungrig. Ich küsse ihre Lippen, geschwollen von all dem Blut, das rasend schnell durch ihre Adern strömt. An ihren Schläfen bilden sich erste Schweißtropfen. Gebunden zu werden ist fast so anstrengend wie zu binden.
Ich löse die Seile von den Säulen. Erstaunt sieht sie mich an, als ich ihr so plötzlich und unerwartet die Freiheit zurückgebe. Es ist eine Illusion. Mein Lächeln zeigt ihr die Zähne des Ti e res, das vor Vorfreude zu hecheln beginnt.
„Nimm die Arme hinter den Rücken“, sage ich, und als sie nicht sofort reagiert - sie kann nicht, ihre Arme sind schwer von der unbequemen Haltung, in die ich sie minutenlang g e zwungen habe - lege ich in einer fließenden Bewegung die Se i
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