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Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes

Titel: Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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etwas wegen der Kleider des armen Kindes unternehmen; ein hübsches weißes Gewand wäre genau das richtige gewesen.) Arthur würde ihre Hand zwischen seinen mageren, abgezehrten Fingern halten und seine Mutter bitten, ihre neue Tochter zu begrüßen.
    Zwar hatte Mary verkündet, sie werde den Rest ihres Lebens ihrer eigenen Mutter widmen, doch das waren nur die romantischen Phantasien eines jungen Mädchens. Die Liebe zum Martyrium, besonders in der Form von Lippenbekenntnissen, kommt bei jungen Menschen häufig vor. Ich war diesem Phänomen bereits begegnet und zweifelte nicht an meiner Fähigkeit, dieser Liebesgeschichte zu einem glücklichen Ende zu verhelfen.
    Allerdings wurde es immer später, und falls ich Mary als die neue Lady Baskerville erleben wollte, mußte ich dafür sorgen, daß ihr Bräutigam überlebte. Ich warnte die Nonne noch einmal, dem Kranken nur die Speisen zu geben, die ich selbst oder Daoud ihr brachten.
    Dann suchte ich meine nächste Patientin auf. Ein Blick ins Zimmer versicherte mir, daß Madame meiner Pflege nicht bedurfte. Sie schlief den ruhigen Schlaf der Ungerechten und atmete regelmäßig. Es ist eine Fehleinschätzung, daß die Unschuldigen mit einem guten Schlaf gesegnet sind. Je böser ein Mensch ist, desto tiefer schläft er, denn wenn er ein Gewissen hätte, wäre er ja kein Schurke.
    Als ich das Speisezimmer betrat, knurrte Emerson mich an, weil ich zu spät kam. Er und Mary hatten ihr Frühstück bereits beendet.
    »Wo sind die anderen?« fragte ich, wobei ich ein Stück Toast mit Butter bestrich und nicht auf Emersons Aufforderung achtete, es mitzunehmen und im Gehen zu essen.
    »Karl ist schon vorausgegangen«, antwortete Mary. »Kevin ist nach Luxor zum Telegraphenamt gefahren …«
    »Emerson!« rief ich aus.
    »Es ist in Ordnung, er hat mir den Artikel gezeigt«, erwiderte Emerson. »Es wird dir Spaß machen, ihn zu lesen, Amelia. Der junge Mann hat eine fast ebenso blühende Phantasie wie du.«
    »Vielen Dank. Mary, Ihrer Mutter scheint es heute morgen besser zu gehen.«
    »Ja, sie hatte schon öfter diese Anfälle und hat sich immer erstaunlich schnell erholt. Sobald ich mit der Kopie des Gemäldes fertig bin, werde ich dafür sorgen, daß sie nach Luxor zurückgebracht wird.«
    »Es besteht kein Grund zur Eile«, sagte ich mitfühlend. »Morgen vormittag ist noch früh genug; heute abend werden Sie nach der Arbeit in dieser Hitze sicherlich erschöpft sein.«
    »Nun, wenn Sie wirklich meinen«, sagte Mary zweifelnd. Ihr niedergeschlagener Gesichtsausdruck erhellte sich ein wenig. Auch wenn man fest entschlossen ist, sich würdevoll ins Martyrium zu fügen, ist ein Tag Pause nicht zu verachten. Ich bin mir sicher, daß selbst die frühen christlichen Heiligen keinen Einspruch angemeldet hätten, wenn Cäsar die Fütterung der Löwen auf die nächste Vorstellung hätte verschieben lassen.
    Da ich Emersons Gequengel satt hatte, beendete ich mein Frühstück, und wir bereiteten uns zum Aufbruch vor. »Wo ist Mr. Vandergelt?« fragte ich. »Ich dachte, er wollte uns begleiten.«
    »Er bringt Lady Baskerville hinüber nach Luxor«, antwortete Emerson. »Wegen der bevorstehenden Hochzeit mußte noch einiges erledigt werden, und ich habe die Dame überredet, dort zu bleiben und einige Einkäufe zu machen. Das muntert Damen doch immer auf, oder nicht?«
    Ich warf Emerson einen argwöhnischen Blick zu. Er drehte sich um und versuchte zu pfeifen. »Nun denn«, meinte er. »Brechen wir also auf. Vandergelt wird sich uns später anschließen. Es wird noch einige Zeit dauern, bis wir die Wand niederreißen können.«

    Tatsächlich war der Vormittag schon weit fortgeschritten, als unsere Vorbereitungen sich ihrem Ende näherten. Die Luft in den Tiefen des Grabes war immer noch stickig und die Hitze so unglaublich, daß ich mich weigerte, Mary mehr als zehn Minuten am Stück arbeiten zu lassen. Trotz seiner Ungeduld hatte Emerson mir beigepflichtet, daß das vernünftig sei. In der Zwischenzeit beschäftigte er sich damit, den Bau einer soliden hölzernen Abdeckung für den Brunnenschacht zu beaufsichtigen. Karl hatte die Bedienung der Kamera übernommen. Und ich?
    Sie wissen wenig von meinem Charakter, werter Leser, wenn Sie sich nicht vorstellen können, welche Gedanken mir im Kopfe herumgingen. Ich saß im Schatten meines Zeltdaches und war vorgeblich dabei, maßstabgetreue Zeichnungen von Tonscherben anzufertigen, doch die fröhlichen Rufe und Flüche, die Emerson ausstieß,

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