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Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Titel: Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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mit unwiderlegbaren Beweisen gegen die Wand, sodass ihm schließlich nichts anderes übrig blieb, als sein Verhältnis mit Ljuba zu gestehen. Aber der Triumph blieb aus. Nach dem Geständnis packte Strelnikow sofort seine Koffer und ging. Er ging für immer. Die ganzen zwanzig Jahre hatte er in dem heiligen Glauben gelebt, dass seine Frau nichts von seinen Affären wusste. Und er konnte nicht der Mann einer Frau bleiben, die, wie sich nun herausgestellt hatte, praktisch alles über sein geheimes Liebesieben wusste. Hätte Alla auch diesmal geschwiegen, wäre es Ljuba niemals gelungen, sie auseinander zu bringen. Diesen Charakterzug ihres Mannes hatte Alla nicht bedacht, wahrscheinlich deshalb, weil sie ihn bislang nie an ihm bemerkt hatte. Die Gelegenheit dazu hatte einfach gefehlt.
    Nachdem Wladimir gegangen war, wütete es drei, vier Monate lang in Alla, aber dann kam sie zu dem Schluss, dass ihr im Grunde nichts Besseres hätte passieren können. Ihr waren eine großzügige Wohnung und eine gut eingerichtete, gepflegte Datscha geblieben, sie war eine schöne Frau im besten Alter, die sich Ihrer Verehrer kaum erwehren konnte, und hatte eine interessante Arbeit. Allerdings brachte ihr diese Arbeit nur Ruhm ein, aber praktisch kein Geld. Nach der Trennung von Strelnikow geriet Alla in gewisse Finanzprobleme, doch auch die waren sehr bald wieder beseitigt. Strelnikow war im besten Sinne das, was man einen echten Mann nannte. Nachdem Alla ihm nur ein einziges Mal schüchtern angedeutet hatte, dass sie in finanziellen Schwierigkeiten war, begann er sie großzügig zu unterstützen, ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren oder gar irgendwelche Gegenleistungen zu verlangen. Was für eine Dummheit hatte sie doch begangen, indem sie diese Trennung provoziert hatte! Wolodja war immer ein Fels in der Brandung für sie gewesen.
    Aber das machte nun nichts mehr. Alla suchte und fand Liebhaber, die auch nicht schlechter waren als Strelnikow. Bis jetzt jedenfalls gelang ihr das noch ganz problemlos. Unklar war allerdings, wie es mit dem Geld weitergehen würde, wenn Wolodja wieder heiraten sollte . . .
    Das Läuten des Telefons ließ sie zusammenzucken. Alla richtete sich im Bett auf, ertastete den Knopf der Nachttischlampe, knipste das Licht an und nahm den Hörer ab.
    »Na, bist du zufrieden?«, raunte ihr eine fremde, weit entfernte Stimme ins Ohr.
    »Wer ist da?«, fragte sie mit verschlafener, heiserer Stimme und räusperte sich schnell.
    »Wer ist denn am Apparat?«, erkundigte sie sich noch einmal, jetzt mit Nachdruck.
    »Mila gibt es nicht mehr. Und Ljuba gibt es nun auch nicht mehr. Die zwei Flittchen, die dir Wolodja weggenommen haben, sind nicht mehr am Leben. Das ist gut, nicht wahr? Das war doch dein Wunsch, Alla, du hast es so gewollt. Genau das hast du in deinen schönsten Träumen gesehen. Davon hast du in deinen einsamen Nächten phantasiert, wenn dein Liebhaber nicht neben dir lag. Du hast nie aufgehört, Wolodja zu lieben, und du hast dir immer gewünscht, dass er zu dir zurückkehrt. Und diese zwei jungen Schnepfen waren dir im Weg, sie haben Wolodja festgehalten mit ihren zähen kleinen Händen, ihren gierigen Lippen, ihren schlanken langen Beinen. Sie waren dir im Weg, und nun sind sie nicht mehr da. Sie sind tot. Beide. Das ist gut, nicht wahr? Bist du froh, Alla? Sag schon, meine Liebe, bist du froh?«
    »Hören Sie auf!«, schrie Alla in den Hörer. »Wer sind Sie?«
    »Ich bin es, Alla, ich, meine Liebe.«
    »Wer ist ich?«
    »Dein lebender Schatten, dein zweites Ich. Wir sind unzertrennlich für immer, wir sind eins. Ich spiegle mich in dir wie in einem zerbrochenen Spiegel, mich siehst du auf dem Grund deiner hässlichen Falten, du meine ewige Jugend . . .«
    Alla hörte das Klicken in der Leitung, der Anrufer hatte aufgelegt. Sie legte den Hörer zurück auf die Gabel, so vorsichtig, als könnte er jeden Moment in tausend Stücke zerspringen. Das Herz klopfte ihr im Hals, über die Haut unter ihrem Nylonnachthemd liefen dicke Schweißperlen. Sie hatte die Stimme nicht erkannt, sie hätte nicht einmal sagen können, ob es sich um einen Mann oder eine Frau gehandelt hatte. Ankämpfend gegen ihr panisches Entsetzen, stieg sie aus dem Bett, ging zur Bar und goss sich einen doppelten Gin ein. Eine Weile stand sie unschlüssig da, dann stellte sie die Flasche mit dem Tonic wieder zurück an ihren Platz und kippte das unverdünnte Getränk hinunter. Sie zog den Telefonstecker heraus, kroch schnell in

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