Angélique - Am Hof des Königs
Kurzum, sie sah hinreißend aus! Sie eröffnete den Ball mit ihrem Cousin, dem König.«
Dieser Chronist nun ist Franzose, und niemand wird sich wundern, den Stil des Abbé de Montreuil wiederzuerkennen. Der Graf de Soissons, M. de Turenne, der Herzog von Bouillon, der Herzog von Valentinois und einige Damen tanzten nicht, da sie es ablehnten, auf die Bühne zu steigen, manche, weil sie nicht gerne tanzten, andere, weil sie dies der Würde ihres Ranges als nicht angemessen erachteten.
Es waren auch fünf oder sechs spanische Granden gekommen.
Zu den Damen, deren Schönheit, Anmut und Tanzkünste die Blicke erfreuten, gehörte auch die Herzogin von Valentinois, doch hielt man sie allgemein für nicht ganz so schön wie Mlle. de Meneville. Dafür tanzte sie besser, auch wenn Mlle. de Meneville allen Beifall erntete. Mlle. de La Motte erschien allen als die Schönste, und vielleicht tanzte sie auch am besten. Das jedoch ist ein Mysterium, das bei den komplizierten Figuren mancher Tänze vom jeweiligen Partner abhängt.
Sie alle erfüllte ein Entzücken, das von einem Hauch Wehmut und Gereiztheit durchzogen war.
Die Musikanten sprudelten geradezu vor Ausgelassenheit und Feuer und wechselten voller Eleganz schwungvolle ländliche Ryhthmen mit langsameren Tänzen ab.
Unter den Herren taten sich besonders M. de Villequier, M. de Gonteri und M. de Saucourt hervor.
»Ich wage gar nicht, vom König zu sprechen«, schreibt der Abbé de Montreuil, »der sie alle an freudiger Miene und Tanzkunst übertraf...«
Und in der Euphorie des gelungenen Balls wurden Stimmen laut, die die Abwesenheit von Don Juan José de Austria bedauerten, dem attraktiven Sohn des spanischen Königs, der so gut zu tanzen verstand.
Mit energischen Gesten wurden die gedankenlosen Redner zum Schweigen gebracht. Hatten sie etwa den Skandal vergessen, den Don Juans Possenreißerin, dieses entsetzliche Monstrum Capitor, ausgelöst hatte?
Nach Sitte der spanischen Granden und der Großen der alten Höfe, die sich von Faxenmachern begleiten ließen, um sich von ihnen belustigen zu lassen, hatte Don Juan José eine Närrin in den Louvre mitgebracht, die auf den Namen Capitor hörte, ein Schwert an der Seite trug und wie ein Mann gekleidet war. Sie hatte Maria Mancini offen angegriffen und sie grausam verspottet, was sie, eine magere, dunkle Italienerin, sich einbilde, zu hoffen, eines Tages Königin zu werden. Damit hatte sie die Liebe des Königs, die bis dahin noch geheim gewesen war, vor dem gesamten Hof bekannt gemacht. Entsetzt hatte Maria verlangt, die Zwergin unverzüglich hinauszuwerfen, die womöglich sogar für diesen Dienst bezahlt worden war, denn die Rolle der Narren als Überbringer von Befehlen oder Liebesbotschaften prädestinierte sie geradezu dafür, Geheimnisse auszuplaudern. Tatsächlich hatte dieser Eklat Ludwig XIV. gezwungen,
Kardinal Mazarin aufzusuchen und ihn um die Hand seiner Nichte zu bitten, was wiederum diesen zutiefst bestürzt hatte.
Er stand kurz davor, die Friedensverhandlungen mit Spanien durch die Heirat der Infantin mit Ludwig XIV. zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, und so war ihm gar nichts anderes übrig geblieben, als sich dem Willen seines Herrschers zu verweigern, der seine unstandesgemäße Liebe zu leben wünschte.
Jeder wusste, welch furchtbare Auseinandersetzungen darauf gefolgt waren, doch es war müßig, nun noch einmal daran zu erinnern, denn heute Abend feierte man die Hochzeit des Königs, und der Kardinal hatte gesiegt.
Der taktvolle und einfallsreiche Philippe de Courcillon beeilte sich, die Erinnerung an Capitor auszulöschen, indem er erneut zum Tanz aufrief, und zu den Klängen einer ausgedehnten Sarabande strömten die Tänzer hinaus in den Mondschein und über den Platz.
Anschließend kehrte man in den Theatersaal zurück, und es folgten weitere Tänze in kleineren Schritten, bei denen sich im Vorübergehen die Hände berührten und die Tänzer einander tief in die Augen schauen konnten.
An diesem Abend lag das Leben offen vor ihnen.
An diesem Abend waren alle so jung wie der König.
Nachdem Mademoiselle den Ball mit ihrem Cousin, dem König, eröffnet hatte, hatte sie sich zu Anna von Österreich gesetzt, um mit ihr über das charmante Wesen und das reizvolle Äußere der zukünftigen Königin von Frankreich zu plaudern. Und beide waren ganz genau der gleichen Ansicht wie der Bischof von Fréjus und der Abbé de Montreuil.
»Die Infantin war klein, aber wohlgestaltet. An
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