ANGRIFF - Fantastischer Thriller (German Edition)

doch nur beenden könnte.
    Er legte ihn zurück und kletterte aus dem Loch heraus. Dann sah er den Benzinkanister zu Augustinos Füßen.
    »Oh nein.« Die Reaktion war instinktiv, der Gedanke furchtbar. »Das können wir nicht tun.«
    »Sehen Sie sich an, was ihm bereits alles angetan worden ist. Können Sie sich noch etwas Schlimmeres vorstellen?«
    Nein. Das konnte er nicht. Er war überhaupt kaum noch in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Aber irgendwie wusste er tief in seinem Innern, dass Feuer Erfolg haben würde. Die reinigende Flamme …
    »Es muss sein«, sagte der Detective. »Soll ich es tun?«
    Bill konnte am Ton der Stimme hören, dass das das Letzte war, was Augustino tun wollte.
    »Nein. Das ist meine Aufgabe. Durch mich ist er ihr in die Hände gefallen, ich muss ihn da auch wieder herausholen.«
    Er griff sich den Kanister und schraubte den Verschluss ab. Der Geruch der Dämpfe setzte etwas in ihm frei und er begann zu weinen, während er die Flüssigkeit in das Loch goss.
    »Vergib mir, Danny. Es ist die einzige Möglichkeit.«
    Als der Kanister leer war, wandte er sich zu dem Polizisten um. Augustino hatte bereits ein Streichholzheftchen gezückt. Bill nahm es und zögerte.
    »Ich kann ihm das nicht antun.«
    »Dann tun Sie es für ihn.«
    Bill nickte – zu Augustino, zur Nacht, zu sich selbst. Dann verbannte er alles aus seinen Gedanken, riss ein Streichholz an und benutzte das, um den Rest der Reihe anzuzünden. Als sie aufloderte, ließ er die ganze Packung in das Loch fallen.
    Das Benzin entzündete sich mit einem Wusch! und die Hitze ließ ihn zurückstolpern.
    Kein Aufschrei kam aus dem Loch und er sah auch keine Bewegung in den Flammen. Dafür war er dankbar. Trotzdem konnte er nicht zusehen. Er musste sich abwenden, weggehen, sich an dem Baumstamm abstützen. Ein Teil von ihm wollte weinen, ein Teil wollte sich übergeben, aber er war am Ende, ausgebrannt, fertig. Er war kaum mehr als eine Hülle, in der es nur noch Leere gab.
    Nur die Wut war geblieben.
    Was mit Danny geschehen war, war nicht einfach eine Art kosmischer Unfall. Es war etwas, was ihm angetan worden war. Und die, die ihm das angetan hatten, waren noch irgendwo da draußen. Bill unterdrückte das Verlangen, seine Wut in die Nacht hinauszuschreien, er bewahrte sie in sich, sammelte sie, sparte sie auf für die, die dafür verantwortlich waren. Er schwor sich, er würde sie finden.
    Und dann würden sie dafür bezahlen.
    4.
    Renny stand neben dem Loch, bis das Feuer auf ein paar zuckende Flämmchen heruntergebrannt war. Pater Bill kam hinzu und blieb neben ihm stehen, als er den Strahl der Taschenlampe über die glühende Asche gleiten ließ. Er sah dem Priester ins Gesicht und spürte, dass etwas Erschreckendes hinter diesen blauen Augen vorging.
    »Ist es vorbei?«
    »Ja«, sagte Renny. »Es muss vorbei sein.«
    Da unten rührte sich nichts. Danny Gordon war endlich still. Es war kaum mehr als seine Knochen übrig. Das faulige Fleisch war verkohlt und abgefallen. Renny sah den blanken Schädel, aber keine Augen. Er war weg.
    »Ruhe in Frieden, Junge. Jetzt hast du endlich deinen Frieden.« Er nahm die Schaufel in die Hand. »Wollen Sie ein paar Worte sagen, Padre?«
    »Es tut mir leid, Danny«, sagte der Priester. »Es tut mir so unendlich leid.« Dann war er still.
    »Kein Gebet?«
    Pater Bill schüttelte den Kopf. »Ich habe mit dem Beten abgeschlossen. Decken wir ihn zu.«
    Sie füllten hastig das Loch, dann machten sie sich auf den Rückweg zur Mauer.
    »Ich vermute, Sie liefern mich jetzt den Behörden aus.«
    Renny hatte darüber nachgedacht. In der letzten Stunde war seine ganze Welt auf den Kopf gestellt worden. Er hatte seine Karriere aufs Spiel gesetzt, damit dieser Mann seine gerechte Strafe erhielt, und jetzt hatte er nicht mehr die geringste Ahnung, was angesichts dessen, was er gerade gesehen hatte, eine angemessene Strafe wäre. Pater William Ryan war nicht das Monstrum, für das Renny ihn in den letzten fünf Jahren gehalten hatte. Aber er hatte seinen Hass auf diesen Mann nun so lange genährt, dass er nicht einfach so davon ablassen konnte. Und doch musste er das tun.
    Weil jetzt alles ganz anders war.
    Und was bedeutete noch eine Karriere – was bedeuteten noch Recht und Gesetz – nach dem, was mit Danny Gordon geschehen war?
    »Ich weiß nicht«, sagte Renny, »haben Sie eine bessere Idee?«
    »Ja. Wir fliegen zurück nach North Carolina, schnappen uns Rafe Losmara, bringen ihn in mein Haus und