ANGRIFF - Fantastischer Thriller (German Edition)
zu jung.
Das war nicht Ryan. Ganz sicher nicht.
So viel zu dieser Theorie. Aber das hieß noch nicht, dass Ryan nicht dort gewesen war. Vielleicht gehörte ihm die Wohnung nicht, vielleicht war er aber einer der Gäste dieser Party. Zweifellos. Renny würde sein Leben darauf verwetten.
»Könnte ich eine Gästeliste haben?«
»Sie meinen doch nicht wirklich, dass jemand von der Feier …?«
»Natürlich nicht. Aber im Augenblick ist das alles, was wir haben. Es könnte nützlich sein.«
Sie erhob sich und ging zu einem kleinen Tisch in der Ecke des Wohnzimmers und begann zwischen den Papieren zu wühlen, die den Tisch bedeckten. Plötzlich hielt sie ein Blatt Papier hoch.
»Hab sie! Ich habe immer gewusst, dass es einen Grund gibt, nie etwas wegzuwerfen!«
Sie reichte ihm das Blatt.
»Ich hätte da noch eine Bitte«, sagte er, als er die lange Liste mit Namen sah. »Könnten Sie den Personenkreis weiter eingrenzen, indem Sie jeden durchstreichen, den Sie seit mehr als fünf Jahren kennen oder von dem Sie wissen, dass er seit mindestens dieser Zeit hier in der Gegend lebt?«
Sie nahm einen Stift und begann einige der Namen auszustreichen.
»Heißt das, Sie haben einen Verdächtigen?«
Renny kaute auf der Innenseite seiner Lippe. Er musste hier sehr vorsichtig sein.
»Wir haben keinen Namen, aber wir haben ein altes Foto.«
Sie gab ihm die Liste zurück, dann setzte sie sich wieder.
»Nun …?«
Renny zog das Foto aus seiner Brusttasche und legte es auf den Tisch. Er wünschte, er hätte eine dieser computergenerierten Zeichnungen anfertigen lassen können, bei denen das Gesicht eines Verdächtigen gealtert wird.
»Ein Priester?«
Nervös beobachtete Renny ihr Gesicht und wartete auf ein Zeichen des Erkennens, als sie das Bild nahm und es studierte.
»Ein Jesuit. Wie schon gesagt, das ist ein altes Foto. Zweifellos sieht er jetzt ganz anders aus.«
»Und Sie sagen, er lebt hier seit weniger als fünf Jahren?«
»Davon gehen wir aus. Er ist vor fünf Jahren verschwunden. Sehen Sie es sich genau an. Vielleicht hat er mittlerweile einen Bart oder einen Schnurrbart.« Er vermeinte zu sehen, wie sie erstarrte. »Kommt er Ihnen bekannt vor?«
Sie schüttelte hastig den Kopf. »Nein. Niemand, den ich kenne.«
Es war wie ein elektrischer Schlag, als Renny erkannte, dass sie möglicherweise log. Diese letzten Worte, diese besondere, unnötige Betonung, verrieten sie. Was war das da jetzt in ihren Augen? Unsicherheit? Er ertappte sie dabei, wie sie kurz auf die Liste in seiner Hand blickte. Das Foto musste sie an jemanden von ihrer Party erinnern.
»Ganz sicher?«
»Ganz sicher.«
Wäre er in seinem eigenen Dienstbereich, hätte Renny sie sich jetzt vorgenommen. Vielleicht wäre er sogar so weit gegangen, sie auf das Revier zu schleppen. Aber hier war er in einer rechtlich sehr zweifelhaften Situation. Wenn seine Dienststelle auch nur andeutungsweise erfuhr, was er hier machte, steckte er ziemlich in der Scheiße. Also stand er auf und stopfte sich die Gästeliste in die Tasche. Er streckte die Hand aus und nahm das Foto wieder an sich.
»Vielen Dank, Miss Whitman. Sie waren mir eine große Hilfe. Vielleicht gelingt es uns jetzt endlich, diesen Perversen zu schnappen.«
Sie starrte ihn an.
»Ihr Akzent … Sie klingen, als kämen Sie aus New York.«
Verdammt! Er sollte zusehen, dass er wegkam.
»Ja, nun, ich habe einen Teil meiner Jugend in Queens verbracht. Manche Dinge gewöhnt man sich einfach nie wieder ab, was?«
Sie schwieg.
»Na schön, ich muss zurück nach Raleigh. Nochmals vielen Dank.«
Er hastete aus der Wohnung und hätte beinahe auf den Treppenstufen ein Freudentänzchen aufgeführt, nachdem sie die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Irgendwo auf dieser Liste verbarg sich die neue Identität von Pater Bill Ryan. Er kam ihm näher. Er hatte es im Urin.
Und wenn er ihn dann gefunden hatte, dann würde er dafür sorgen, dass er vor Gericht kam. Aber erst, nachdem er ihm den Gegenwert einer fünf Jahre andauernden Wut aus dem niederträchtigen Pelz geprügelt hatte.
Es würde nicht mehr lange dauern.
3.
Rafe kam kurz nachdem der Detective gegangen war. Lisl erzählte ihm von seinem Besuch, nicht aber, dass dieses Foto sie dunkel an Will Ryerson erinnerte. Es war auch nur eine sehr vage Idee. Der Priester auf dem Foto war so jung und unschuldig, mit einer geraden Nase und ohne Narbe auf der Stirn, so ganz anders als Will. Aber trotzdem war da etwas. Und außerdem arbeitete Will noch
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