ANGRIFF - Fantastischer Thriller (German Edition)
dich in Ketten legen, bis du es als den Normalzustand empfunden hast, als dein Schicksal. Das Leben ist für dich Tag für Tag eine masochistische Angelegenheit, Lisl. Du solltest an der Spitze der Welt stehen, stattdessen bist du damit zufrieden, dich unter ihrem Absatz kleinzumachen!«
»Ich will niemandem wehtun, Rafe.«
Er trat zu ihr und umarmte sie sanft.
»Ich weiß, dass du das nicht willst, Lisl. Du bist ein guter Mensch. Aber in dir ist so viel Wut, das ist bedenklich. Du kochst vor Wut.«
Sie wusste, er hatte recht. Sie hatte vorher nie darüber nachgedacht. Aber jetzt konnte sie nicht mehr bestreiten, dass diese Wut da war. Sie hatte sie entdeckt, seit sie Rafe kennengelernt hatte – eine gärende Wut tief in ihr. Und mit jeder weiteren Woche, die verging, spürte sie, wie sie näher an die Oberfläche brodelte.
»Ich kann nichts daran ändern.«
»Doch, das kannst du. Und das wirst du auch. Du musst ein Ventil für diese Wut schaffen, bevor du die neue Lisl werden kannst.«
»Ich weiß nicht, ob ich die neue Lisl sein will.«
»Magst du die alte Lisl?«
»Nein.«
Guter Gott, nein.
»Dann habe keine Angst davor, dich zu verändern.«
Seine Worte waren so weich, so betörend, die Berührung seiner nackten Haut an der ihren war so warm. Sie schwebte auf dem Klang seiner Stimme.
»Das war der Grund, warum ich dich durch diese primitiven, gesichtslosen Übertretungen geleitet habe. Sie waren symbolisch. Sie gestatteten es dir, deine Wut in winzigen, harmlosen Dosen abzulassen, und das bringt dich der neuen Lisl näher. Das Gleiche gilt auch für den Gürtel.«
»Nein, ich …«
»Hör mir zu, hör mir einfach nur zu«, flüsterte er ihr sanft, fast zärtlich ins Ohr. »Das ist eine symbolische Handlung. Ich will nicht, dass du mir wirklich wehtust. Glaub mir, ich stehe auf Lust, nicht auf Schmerz. Stell es dir einfach als etwas vor, das vergleichbar mit unseren kleinen Diebstählen ist – niemand wurde dadurch wirklich geschädigt. Und das hier ist ähnlich. Du wirst mich nicht mit voller Kraft schlagen. Du tust nur so, als ob du mich peitscht, und stellst dir dabei vor, ich sei Brian.«
»Rafe, bitte …« Langsam wurde ihr übel.
»Was schadet das denn? Du tust mir nicht weh und du tust auch Brian nicht weh. Du hilfst nur dir selbst. Das ist symbolisch, weißt du noch? Symbolisch! «
»Na gut«, sagte sie schließlich. »Symbolisch.«
Sie wollte das nicht tun, aber wenn Rafe es für so wichtig hielt, dann würde sie es versuchen. Und wenn dadurch tatsächlich etwas von der Wut in ihr verschwand – auch wenn ihr nicht klar war, wie das gehen sollte –, dann umso besser. Und wenn es nichts brachte, dann würden sie sich wenigstens lieben, wenn sie es hinter sich hatten. Das war das, woran ihr wirklich gelegen war.
Rafe legte sich auf das Bett, mit dem Gesicht nach unten. Die glatte Haut seines Rückens erwartete ihre Schläge.
»Gut«, sagte er. »Zwanzig Hiebe. Stell dir einfach vor, ich sei Brian und peitsch meinen Rücken.«
Lisl hob den Gürtel und ließ ihn der Länge nach über Rafes Rücken fallen. Sie kam sich albern vor.
Er lachte. »Komm schon, Lisl, das war armselig. Das hier ist Brian. Der Kerl, den du geliebt hast, dem du so sehr vertraut hast, dass du ihn geheiratet hast.«
Lisl schwang den Gürtel erneut und legte etwas mehr Kraft hinein.
»Ist das das Beste, was du hinkriegst? Lisl, das ist der Kerl, der dich wahrscheinlich schon während eurer Verlobungszeit betrogen hat. Und wie du bei den Anhörungen zur Scheidung erfahren hast, hat er seine Kommilitoninnen angebaggert, kaum dass ihr aus den Flitterwochen zurück wart.«
Sie schlug härter zu.
»Das ist schon besser. Stell dir einfach vor, ich bin der Kerl, für den du den ganzen Tag geschuftet hast, um sein Studiengeld zu verdienen, und der dann, wenn du Abendkurse hattest, seine Gespielinnen in deine Wohnung geschmuggelt und sie dann in eurem Ehebett gevögelt hat.«
Lisl erinnerte sich an Brians gehässigen Blick, als er ihr davon erzählt hatte. Es gab ein lautes Klatschen auf Rafes Rücken, als der Gürtel dieses Mal auftraf. Sie holte erneut aus, noch härter.
Klatsch!
»Gut! Hier ist der Kerl, der dich geheiratet hat, nicht als seine Frau, sondern als seine Geldquelle, seine Arbeitssklavin.«
Klatsch!
»Und als er dich nicht mehr brauchte, hat er dich weggeworfen wie eine alte Zeitung.«
»Verdammter Mistkerl!«, hörte Lisl sich selbst.
Die Wut überkam sie, trübte ihren Blick, und sie schlug
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