Anita Blake 08 - Göttin der Dunkelheit
wissen, was ein Kopfgeldjäger verdient, darum komme ich mit ein paar Anschaffungen durch, die vielleicht nicht ganz Teds Preisklasse sind.« Er ging zur Fahrertür, und über dem schmutzstarrenden Dach war nur die Spitze seines weißen Hutes zu sehen.
Ich probierte die Beifahrertür, sie ließ sich öffnen. Es war ein bisschen knifflig, auf den Sitz zu steigen, und ich war froh, dass ich keinen Rock anhatte. Das Schöne an der Arbeit mit Edward war immer, dass er keine Bürokleidung erwartete. Darum war ich in Jeans und Nikes.
Das einzige Büroteil, das ich dabei hatte, war die schwarze Jacke, und auch nur, um die Waffe darunter zu verbergen. »Was für Waffengesetze gelten in New Mexico?« Edward ließ den Motor an und sah zu mir rüber. »Wieso?«
Ich legte den Sicherheitsgurt an. Offenbar hatten wir's eilig. »Ich wüsste gern, ob ich die Jacke ausziehen und die Waffe offen tragen kann oder ob ich sie die ganze Zeit über verdeckt halten muss.« Seine Lippen zuckten. »Hier darf man die Waffe offen tragen. Für ein verdecktes Tragen der Waffe braucht man eine Genehmigung.«
»Nur damit ich das richtig verstehe: Ich kann die Waffe so tragen, dass sie jeder sehen kann, mit oder ohne Genehmigung, aber wenn ich eine Jacke drüber ziehe und habe keine Genehmigung, dann ist es illegal?«
Das Zucken ging in ein Grinsen über. »Ganz genau.« »Die Waffengesetze im Westen sind wirklich interessant«, meinte ich, während ich aus den Jackenärmeln glitt. Selbst angeschnallt kann man sich aus fast allem herauswinden. Da ich immer mit Gurt fuhr, hatte ich reichlich Übung.
»Aber die Polizei kann dich trotzdem anhalten, wenn sie dich bewaffnet sieht. Nur um sich zu vergewissern, dass du nicht hier bist, um jemanden umzubringen«, meinte er schief lächelnd.
»Ich darf also eine Waffe tragen, solange ich das offen tue, aber nicht, ohne von der Polizei verhört zu werden.« »Und du darfst keine Waffe in eine Bar mitnehmen, selbst wenn sie ungeladen ist.« »Ich trinke nicht. Ich komme gut ohne Bars aus.«
Er bog in eine Straße mit einem Drahtzaun ein, der der weiten Ebene und den seltsamen Bergen in nichts nachstand. »Wie heißen die Berge eigentlich?« »Sangre del Christo - Blut Christi«, erklärte er. Ich sah ihn an, ob er einen Witz machte. Aber natürlich war es keiner.
»Warum?« »Warum was?« »Warum heißen sie Blut Christi?« »Keine Ahnung.« »Wie lange lebt Ted hier schon?« »Seit fast vier Jahren.« »Und du weißt nicht, warum die Berge Sangre del Christo genannt werden? Hast du kein Interesse an deiner Umgebung?«
»Nur wenn es mit meiner Arbeit zu tun hat.« Er sagte Arbeit, nicht Auftrag. Das fand ich merkwürdig. »Und wenn nun das Monster, das wir jagen, ein einheimisches Schreckgespenst ist? Dass die Berge so heißen, braucht keine Bedeutung zu haben, könnte aber genauso gut auf eine Legende, einen Vorfall, auf ein großes Blutbad in der Vergangenheit hindeuten. Es gibt Monster, die auf eine kleine Gegend beschränkt sind, Edward, Wesen, die nur einmal in hundert Jahren ans Tageslicht kommen wie diese langlebige Zikadenart.«
»Zikaden?«, fragte er. »Ja, Zikaden. Die unreife Form bleibt im Boden und kommt nur alle dreizehn oder sieben oder wie viel Jahre heraus, häutet sich und wird geschlechtsreif. Das sind die Insekten, die den ganzen Sommer über Lärm machen.«
»Was diese Leute umgebracht hat, war keine Riesenzikade, Anita.«
»Darauf kommt es nicht an, Edward. Ich will sagen, dass es lebendige Wesen gibt, die jahrelang im Verborgenen bleiben und dann plötzlich hervorkommen. Monster sind ein Teil der Natur. Übernatürliche Biologie ist auch Biologie. Darum können uns auch alte Mythen und Sagen Hinweise geben.«
»Ich habe dich nicht hergeholt, damit du Nancy Drew spielst«, sagte er. »Oh doch.«
Er sah mich so lange an, dass es mich drängte zu sagen, er solle auf die Straße achten. »Wie meinst du das?« »Wenn du nur jemanden hättest haben wollen, der gut schießt, hättest du jemand anderen genommen. Du willst mein Fachwissen, nicht nur meine Waffe. Hab ich recht?«
Sehr zu meiner Erleichterung sah er wieder auf die Straße. Rechts und links standen kleine Häuser, die meisten aus echten Adobeziegeln, oder aus nachgemachten, das konnte ich nicht beurteilen. Die Gärten waren klein, aber gepflegt, voller Kakteen und hohen Fliederbüschen mit kleinen helllila Blütendolden. Das schien eine andere Art zu
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