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Apollonia

Apollonia

Titel: Apollonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Held
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glücklich, dass sie Nikolai beinahe geherzt hätte, aber so was machte meine Großmutter nicht, und Nikolai war sowieso ganz verlegen, als er sah, wie sie sich freute. Nikolai war noch ganz jung, wie alle Kriegsgefangenen ringsumher. Alte und schwache Gefangene konnten sie ja in Deutschland nicht brauchen, und die Partei hatte dafür gesorgt, dass nur kräftige Zwangsarbeiter kamen, um die Landbevölkerung zu unterstützen. Leider wollte die Landbevölkerung lieber ihre Männer heil zurück anstelle der verschleppten Fremden, aber das durfte keiner sagen, sonst war er gleich tot. Also mussten sie jetzt mit den Polen und den Russen auf die Felder, und Apollonia ging mit Marianne und Balduin und dem jungen, unrasierten Nikolai in den alten Hosen von Dagobert und dem Hemd von Hannes zum Kartoffelsetzen.
    Das Pferdegeschirr saß Frieda ein wenig lose, und der Lederriemen war schon ein paar Mal geflickt, auch kam Frieda immer wieder ein wenig aus dem Tritt und schlug mit dem Kopf nach links, als kämen von dort die Räuber. Aber das Kummet hielt, und das Pferd konnte den Wagen mit dem Pflug auf der Ladefläche durch den Kappesgarten ziehen und auf die Kartoffelfelder, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Der Frühling kam übers Land, und der frische Aprilwind wehte ihnen um die Nase, und sie sahen durch die Buchenwälder weiß die Kuckucksblumen blühen. Der Kappesgarten lag noch brach und wartete auf die herrlichen blauen und weißen Krautköpfe, die im Sommer heranschießen würden
    Der stolze Pferdetross erreichte das Feld und hielt an. Apollonia stellte ihren Korb mit alten Kartoffeln hin und band sich ein Kopftuch um, und Balduin machte den Pflug an den Wagen, und Marianne packte Frieda am Halfter.
    Dann ackerte Frieda eine prächtige Furche, und Nikolai hielt den Pflug, damit die Furche ordentlich und gerade wurde. Apollonia hatte Kartoffeln in die Schürze gepackt und warf sie in die Furche, und Balduin scherte die Furche wieder zu, Marianne drehte am Ende der Furche den Gaul herum und führte ihn zurück, und so gingen sie hin und her und hin und her. Am Mittag setzten sie sich aufs Feld, und Balduins Frau brachte ihnen warme Kartoffelsuppe und Wasser und Brot. Da saßen sie zusammen auf der Scholle und haben gelacht wie schon lange nicht mehr. Kartoffelsetzen im Frühjahr war immer das Schönste, und die junge Erde, wenn sie frisch aufgeackert war, roch so gut und glänzte, und Frieda war so fleißig gewesen, da konnte man stolz drauf sein.
    – Nachher ist wieder alles für die Frankfurter, sagte Apollonia.
    – No ja, sagte Balduin, die können jo froh sein, wenn se ihr nacktes Lebe noch hun.
    – Die wollen emmer nur Kartoffeln un Kartoffeln.
    – Vielleicht kommt aach der Babba mol wieder, sagte Marianne, mir wisse garnet, wo der ist, im Krieg.
    – Ja, mir müsse immer nur off die Feldpost warte.
    – Der kemmt schon durch, sagte Apollonia.
    – No ja, sagte Balduin. Dud dir das denn garnet ein bisjen leid, dass der jetzt im Krieg ist?? Das is doch dein Mann.
    – Ach, sagte Apollonia unwillig. Dem passiert schon nichts, der ist bestimmt nicht an der Front. Der kämpft doch net, der treibt sich bloß rum.
    Balduin sah sie zweifelnd an, aber die Dapprechter hatten ja manchmal den siebten Sinn. Das Dapprechter Lieschen hatte jedenfalls immer den siebten Sinn gehabt, und wenn einer der Ihren gefallen war, dann stürzte sie im Feld auf die Knie und schrie ganz jämmerlich, und es war genau die Stunde, in der ihr Bruder oder ihr Sohn oder ihr Vetter gestorben war. Womöglich hatte Apollonia einen Sinn davon bewahrt und machte sich daher keine Sorgen.
    – Nach Ostpreußen haben sie ihn geschickt.
    – Ja und dann … nach …
    – Flandern, sagte Marianne. Hat der Fredo gesagt, hat ein Kriegskamerad gesagt.
    – Ja, man kennt sich nicht aus in der Weltgeschichte.
    – Hauptsache, nicht nach Russland.
    Da lauschte Nikolai auf und fragte:
    – Wos … was … Russki …?
    – Du! Russki! Du … Iwan!!, sagte Balduin. Dou kannst jo nix derfür! Krieg ist Krieg!
    Nikolai schien nicht zu verstehen und runzelte die Stirn.
    – Dou hast das schön gemacht mit dem Kummet – dou – guter Russe!!!
    Und er hieb Nikolai die Hand auf die Schultern.
    – Du auch … Kinder?? So wie … Marianne?
    Da schüttelte er den Kopf, und es war nicht sicher, ob er begriffen hatte, was sie meinten. Balduin schmunzelte:
    – Hier Russland immer … Kosaken … Kasatschock … Wodka …
    Da tanzte Nikolai auf dem

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