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ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)

ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)

Titel: ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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Höhleninneren waren zwei Männer. Sie standen vor einem großen Haufen von Waren, von Schwertern bis hin zu Mehl. Doch den größten Teil machten Planen und Felle aus. Der unverkennbare Geruch von Angst stieg ihr in die Nagernase; er drang von dem massigeren Mann zu ihr herüber, als dieser sich vor dem anderen wegduckte. Er trug die kunstvolle Gesichtstätowierung der Kaufmannsgilde von Hernal, einer größeren Stadt in Ynstrah. Das Land Ynstrah lag mehrere Wochenreisen entfernt im Süden und westlich der Allianz von Anthran. Der Dicke hatte nicht mehr an als ein Nachthemd.
    Der zweite Mann stand mehr mit dem Rücken zu ihr. Er war groß und schmächtig. Aber irgendetwas an der Art, wie er sich bewegte, sagte ihr, dass dieser Mann wusste, wie man kämpfte. Er trug einen Kapuzenumhang, der im Licht rot und golden schimmerte. Eine glatt gearbeitete silberne Maske in der Form eines stilisierten Gesichts lugte unter der Kapuze des Umhangs hervor.
    Fahrende Komödianten benutzten solche Masken, wenn sie Possenspiele aufführten. Sie erlaubten es dem Darsteller, in einem einzigen Stück in mehrere Rollen zu schlüpfen, ohne dadurch das Publikum in Verwirrung zu stürzen. Normalerweise waren diese Masken aus einem billigen Material wie Ton oder Holz. Eine aus Silber hatte Aralorn noch nie gesehen, nicht einmal bei Aufführungen an herrschaftlichen Höfen.
    Jedes dieser Maskengesichter zeigte einen anderen Gesichtsausdruck, der meist nur eine entfernte Ähnlichkeit mit der realen Emotion aufwies. Als Mädchen aus vornehmem Hause hatte Aralorn zahlreiche öde Stunden damit zugebracht, sich die feinen Unterschiede zwischen Sorge und Mitgefühl, Überdruss und Leid, Reue und Mutlosigkeit einzuprägen. Sie fand es interessant, dass die Maske, die dieser Mann trug, die gekrausten Lippen und in Falten gelegte Stirn der Erbostheit zeigte.
    In einer Hand hielt der schmächtige Mann einen Stab aus irgendeinem sehr dunklen Holz. An dessen unterem Ende befand sich der aus Messing gegossene Klauenfuß eines Greifvogels; die gespreizten Krallen glommen in der Dunkelheit der Höhle in einem sanften Orange, so als ob sie eben noch in heiße Kohlen gehalten worden wären. Das obere Stabende war von Kristallen überkrustet, die mit ihrem blauweißen Licht die Höhle erhellten.
    Der Stab ließ keinen Zweifel daran, dass es sich bei seinem Träger um den Magier handelte, der für die Magie verantwortlich war, die Schimmer so kopfscheu gemacht hatte. Wenn er den Kaufmann mitsamt seiner Waren von welchem Ort auch immer hierher gezaubert hatte – Aralorn nahm nicht an, dass der Mann in seinem Nachthemd unterwegs gewesen war –, dann war er ein Zauberer von nicht zu unterschätzender Macht.
    Hmm , dachte sie, vielleicht war die Sache mit der Maus doch keine so gute Idee . Ein mächtiger Magier, der wachsam war, mochte eine Maus in der Nähe, die keine richtige Maus war, wohl bemerken, und wäre aller Voraussicht nach von einer solchen Unverfrorenheit nicht sehr erbaut. Gerade als sie sich wohlweislich zurückziehen wollte, blickte der Magier über die Schulter und machte eine abrupte Bewegung mit der Hand. Sie hatte nicht einmal Zeit, den Zauber abzuwehren, bevor sie in einen stark nach Magie riechenden Lederbeutel gestopft wurde.
    Sie versuchte sich wieder in ihre menschliche Gestalt zu verwandeln, doch nichts geschah. Er hatte sie gefangen, und wenn ihr nicht irgendein grandioser Einfall kam, saß sie in der Falle.
    »Wie viel, Handelsmann?«, fragte der Magier auf Rethisch. Seine Stimme klang seltsam verfälscht – oder vielleicht lag es auch nur an dem Lederbeutel.
    »Vierzehn Kiben.« Auch der Kaufmann sprach gutes Rethisch, aber seine Stimme war zittrig und heiser. Nichtsdestotrotz betrug, wie Aralorn registrierte, der Preis, den er nannte, mindestens das Doppelte von dem, was die Waren wert waren, sofern sich unter ihnen nicht irgendetwas außerordentlich Wertvolles befand.
    »Sechs.« Die Stimme des Magiers mochte einen fremdartigen Klang haben, aber dessen ungeachtet verfehlte sie ihre Wirkung bei dem Kaufmann nicht – der in diesem Moment in höchst unmännlicher Weise schrill aufquiekte. Obwohl Aralorn das Gefühl hatte, dass es nicht wirklich viel bedurfte, um dieses Resultat zu erzielen.
    »Sechs, ich akzeptiere«, keuchte er. Sie hörte das Klimpern von Münzen, die den Besitzer wechselten, dann den charakteristischen Knall, begleitet von einem immensen Aufbranden von Magie, das Aralorn vermuten ließ, dass der Kaufmann nach

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