Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
Hand gehabt und sich dann doch nicht dazu durchringen können. Wieder sah sie versonnen auf die kleine Flasche. Nein, ich kann nicht mehr warten. Alles hängt davon ab. Prinz Raiden wird es nicht bemerken. Er wird nur den violetten Trank vermuten und den Köder hat er ja schon willig geschluckt. Warum fällt es mir nur so schwer, bei allem, was er mir angetan hat? All die vielen Liebschaften und er macht nicht einmal einen Hehl daraus. Das ganze Volk weiß davon und es gibt zahllose Witze darüber. Und jeder davon versetzte ihr einen weiteren tiefen Stich und verletzte ihre Eitelkeit.
Der Prinz hat mich nie geliebt, so viel ist sicher. Und er hat sich nicht einmal bemüht, mir näherzukommen. Heirate ihn für den Frieden mit Ardeen, hat mein Vater damals gesagt. Aber dieser Frieden schert mich einen Dreck. Auch Raidens Macht wird nicht ausreichen, das Gift zu heilen, wenn er es bereits mehrere Stunden unbemerkt in sich hat. Und ohne den gefürchteten Magier Prinz Raiden ist Ardeen schwach.
Schon früh am Morgen war sie in der großen Halle und scheuchte die Dienerschaft umher. In einem unbeobachteten Moment, da keine andere Person im Raum war, öffnete sie die dunkle Phiole und goss den Inhalt in Raidens Weinglas. Dann nahm sie eine zweite Phiole und schüttete den violetten Trank dazu. Sie warf einen prüfenden Blick in den Becher. Es sieht... ganz normal aus.
Wenig später saßen sie dann alle beim Frühstück zusammen. Lady Chrystell gab das übliche seichte Geplauder von sich, um keinen Verdacht zu erregen. Und ihr Gemahl schöpfte keinen Verdacht.
Der Trank vom Vortag wirkte immer noch nach und darum trank Prinz Raiden vorerst auch nicht von dem eingeschenkten Wein. Die Aura des Trankes hing darüber. Will Lady Chrystell mich ganz benommen machen?
Er war auch nicht durstig und so aß er erst einmal genüsslich sein Frühstück. Schließlich griff er dann doch zum Weinbecher.
Ich trinke zu viel in letzter Zeit. Und da meine ich nicht nur diesen Amortrank. Zu jeder Mahlzeit gibt es Wein. Ich sollte das wieder etwas mehr einschränken... aber diesen Trunk des erträglichen Daseins werde ich noch genießen.
Seine Lippen berührten schon den Rand des Bechers, als ihn Meister Eriwen telepathisch rief.
„ Mein Prinz. Ich muss sofort mit Euch reden.“
Verärgert über die Störung stellte Prinz Raiden den Becher wieder auf den Tisch. Er gab Meister Eriwen mental ein Zeichen, dass die Verbindung stand und der platzte sofort mit seiner wichtigen Neuigkeit heraus:
„ Lord Beringtons Heer überquert gerade den Großen Fluss. Sie sind auf unserem Gebiet und ich glaube auch nicht mehr, dass sie nach Süden reiten wollen.“
Diese schlimmen Neuigkeiten erforderten Prinz Raidens ganze Aufmerksamkeit: „Meister Eriwen, lasst das Heer nicht mehr aus den Augen. Ich kümmere mich um alles Weitere.“ Natürlich hörte von dem Gespräch am Tisch niemand etwas. Und Lady Chrystell wirkte erstaunt, als Prinz Raiden zwar mit einer höflichen Bemerkung, aber doch recht abrupt den Tisch verließ.
Ich muss nachdenken, und so klärte er als Nächstes seinen Kopf von der benebelnden Süße des Trankes. Dann versuchte er Danian zu erreichen, doch der antwortete nicht. Und da Danian nicht magisch veranlagt war, hatte Prinz Raiden keine andere Möglichkeit, als darauf zu hoffen, dass sein Bruder sich bald wieder an seinen Schreibtisch und somit in die Nähe des Artefaktes begab, das ihnen die Kommunikation erlaubte.
Mit Lord Boron hatte er mehr Glück.
„Mein Prinz“, meldete sich der Graue Wolf und Prinz Raiden informierte seinen Kommandanten von Meister Eriwens Entdeckung und schloss dann mit den Worten: „Lord Berington steht mit 5000 Mann kurz vor Aspenweg, und wenn er den Posten überrennt, dann befindet er sich mit dem ganzen Heer in der Sicherheit des Unhaer und auf dem Weg zum Aspentor. Auch wenn wir alles in Bewegung setzten, werden wir ihn kaum mehr aufhalten können, Aspentor in seine Gewalt zu bringen.“
„Ihr meint, er biegt nicht mehr nach Süden ab um...“
Der Prinz unterbrach seinen Kommandanten scharf: „Um was? Seine Männer sinnlos gegen die Mauern von Zweifluß anrennen zu lassen? Er wird versuchen, sich das Tor – unser Tor – unter den Nagel zu reißen, und wenn er erst einmal dort in den Bergen sitzt, sieht es schlecht aus. Mobilisiert alle Männer und schickt sie nach Aspenweg. Schickt Reiter voraus – so schnell es geht und haltet Aspenweg um jeden Preis, Lord Boron!“
Die Anweisung
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