Arto Ratamo 7: Der Finne
kommen, um den Fall näher zu erklären.
Ratamo seufzte erleichtert, als das Gespräch zu Ende war. Erstaunlich, dass er die Erlaubnis so leicht bekommen hatte, von all seinen Vorgesetzten war Ulla Palosuo die strengste. Deswegen hatte er auch als Erstes versucht, seinen unmittelbaren Vorgesetzten Jukka Liimatta zu erreichen, den Leiter der Anti-Terror-Abteilung. Und schließlich hatte er sogarErik Wrede angerufen, den Chef des operativen Bereichs. Der war gerade in seinem Ferienhaus damit beschäftigt gewesen, die Sauna anzuheizen und überdies blau wie ein Veilchen.
Der Gedanke an die inneren Querelen in der SUPO verdarb Ratamo im Handumdrehen die Laune. Ulla Palosuo war nach ihrer halbjährigen Suspendierung im Mai zurückgekehrt und hatte ein beispielloses Programm zur Erhöhung der Effizienz in der Arbeit und der Struktur der SUPO in Angriff genommen. Alle mussten auf der Hut sein, ihren Adleraugen entging nichts, die Chefin wollte wohl demonstrieren, dass sie die rechte Frau am rechten Platz war. Vor allem Wrede, der zwischenzeitlich auf dem Chefsessel gesessen hatte, wurde von Ulla Palosuo so in die Mangel genommen, dass der meistgehasste Mann in der SUPO nun partei- und geschlechterübergreifend Sympathiebekundungen erhielt.
Plötzlich fiel Ratamo ein, in welchem Zusammenhang er von Forsmans Notizbuch gehört hatte: Eerik Sutela hatte es am vergangenen Montag in der Wohnung seines Vaters gesucht. Und vielleicht vor ihm schon derjenige, der die Wohnung auf den Kopf gestellt hatte.
Otto Forsmans Leichnam lag schon in einem Leichensack, als Ratamo in Mellunmäki ankam. Die hohen Felsen am Varhelanpuisto-Park schienen angesichts der Menge an Kronkorken und sonstigem Abfall bei Jugendlichen ein beliebter Ort zu sein, an dem sie ihre Zeit totschlagen konnten. Die Felsen absorbierten die Wärme und strahlten eine solche Hitze aus, dass Ratamo am liebsten auch noch sein T-Shirt ausgezogen hätte.
Die Männer von der Abteilung für Gewaltverbrechen der Helsinkier Polizei waren schon im Aufbruch begriffen, und auch die Kriminaltechniker in ihren weißen Overalls packtendie nummerierten Beutel mit Beweisstücken und ihre Instrumente in Kartons.
Ratamo entdeckte die Ärztin, eine junge Frau mit feingezeichneten Gesichtszügen, und konnte sie gerade noch abfangen, als sie in den Krankenwagen steigen wollte.
»Ratamo von der Sicherheitspolizei. Ist die Todesursache geklärt?« Er zeigte ihr seinen Dienstausweis.
»Da gab es nicht viel zu klären: Zwei Kopfschüsse. Der Mann wurde aber nicht hier erschossen. Nirgendwo sind Blutspritzer, und die Flecken am Körper zeigen, dass die Leiche garantiert nach dem Tod noch transportiert worden ist«, stellte die Ärztin erschöpft fest und stieg in den Krankenwagen.
»Warte doch noch einen Moment«, bettelte Ratamo. »Wann wurde der Mann umgebracht, hast du das herausgefunden?«
»Legt man die Körpertemperatur zu Grunde, würde ich vermuten, dass seit Eintritt des Todes zwei bis sechs Stunden vergangen sind. Und da die Flecken erst vor kurzem miteinander verschmolzen sind, würde ich schätzen, dass seit dem Tod eher zwei als sechs Stunden vergangen sind. Der Rigor Mortis hat auch erst eingesetzt.«
»Forsman ist also während der letzten Stunden hierhergebracht worden«, murmelte Ratamo vor sich hin, als der Krankenwagen wegfuhr, und eilte dann zu den Männern der Kriminalpolizei, die schon in einen weißen Ford Mondeo stiegen. Es stellte sich heraus, dass Kriminalkommissar Virtala Chef der Truppe und Leiter der Ermittlungen war. Sie hatten sich vor ein paar Jahren kennengelernt, als ein irischer Wirrkopf im Hotel Lord einen Professor der Technischen Hochschule umgebracht hatte.
»Grüß dich, Ratamo, lange nicht gesehen. Ich frage gar nicht erst, weshalb dieser Forsman die SUPO interessiert. Du würdest es sowieso nicht sagen.«
Ratamo erfuhr von Virtala, dass Forsmans Leiche vor etwa zwei Stunden von einer Gruppe Jugendlicher gefunden worden war, die auf die Felsen klettern wollten, um sich Bier einzuhelfen, das sie in Beuteln mitgebracht hatten. Soviel man wusste, gab es für den Mord keine Augenzeugen, aber die könnten sich noch finden, denn in dem Park von Varhela waren ständig Spaziergänger unterwegs, und von vielen Häusern dieser Gegend bestand eine Sichtverbindung zu den Felsen. Die Polizei befragte derzeit die Anwohner.
Virtala hatte es eilig, also ließ Ratamo ihn gehen. Als auch die Kriminalisten wegfuhren, blieb er allein am Fundort der Leiche
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