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Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher

Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher

Titel: Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Schnittke hatte Mühe, den Kopf gerade zu halten.
    »Sterben oder zuschauen?«, raunzte ihn der Oupanko an.
    Olip bekam einen Hustenanfall. Sterben? Wieso sterben? Das ist alles falsch. Ich will nicht sterben. Ich bin nur erkältet. Ein Hustenbonbon …
    Zwei Koipa auf Prothesenstelzen kamen von der Seite heran und fragten in ihrer röchelnden Sprechweise: »Was stirbt? Was kostet?« Ihre verrosteten Stelzen kreischten und quietschten bei jeder Bewegung.
    Der Oupanko hob sinnloserweise das Megaphon und rief über die kurze Distanz zum Koipa hinauf: »Wir haben einen Arkoniden und zwei Gataser! Ein Aufgebot, wie nicht alle Tage! Und vielleicht« – er wandte sich an a Schnittke – »auch noch einen Terraner! 150 Solar pro Person alles inklusive. Jeo jeho!«
    Die Koipa röchelten ein wenig miteinander.
    Die Armen, auch erkältet , dachte a Schnittke und kicherte innerlich. Warum ist nur alle Welt so verkühlt, und das auf dieser brühend heißen Dreckswelt?
    »Teuer«, sagte endlich einer der Koipa. Die beiden stolzierten mit weit ausholenden, jaulenden Schritten davon.
    »Teuer, aber gut, ihr Deppen«, rief Oupanko ihnen mit dem Megaphon nach. Das Gerät quietschte und heulte.
    »Jeo, jeho, steigt auf den Freitod-Turm von Gevatter Dudschor!«
    Olip a Schnittke legte den Kopf in den Nacken und schaute hinauf. Genau, das war der Freitod-Turm, den aber alle Welt Selbstmordturm nannte. Das Bauwerk war etwa sechzig Meter hoch. Es war aus rostroten Eisenplatten wie ein monströses Kartenhaus gebaut. Oben ragte eine Plattform über den Grundriss des Turmes hinaus. Von dort wurde gesprungen.
    Etliche Kameradrohnen pendelten an der Fassade des Turms auf und ab. Wenn jemand stürzte, dann begleiteten sie den Kandidaten und übertrugen Aufnahmen seines Gesichts auf die Leinwand, die auf der Seite der Plattform den Turm der Länge nach bedeckte.
    »Hast du dich entschieden, Jungchen?«, fragte der Oupanko. »Springen oder zuschauen? Oder – wollen wir den Kitzel?«
    Der Oupanko interpretierte a Schnittkes Schweigen als Unkenntnis. »Den Kitzel«, erklärte er, »spürt man, wenn man als Henker tätig wird. Manchen unserer werten Selbstmörder ist es ganz gleichgültig, ob sie springen oder hingerichtet werden. Wir haben das Schwert, die Garotte, das Beil, den Vibratordolch oder die nassen Tücher, die wir dem Kandidaten auf die Atemöffnung legen können, Tuch um Tuch um Tuch.«
    Was für Tücher? , wollte a Schnittke fragen, aber seine Lippen machten nicht mehr mit.
    »Oder doch den Sprung?«
    »Ja.« Wer hatte das gesagt? A Schnittke wunderte sich. Wer bewegte da seine Lippen? Wer stieß den Atem aus? Nichts stimmt, es ist alles falsch , dachte er.
    Der Oupanko fischte eine Folie aus einer seiner Körperöffnungen. Merkwürdigerweise duftete die Folie nach Anis. »Unterzeichnen Sie hier«, bat der Oupanko, und als a Schnittke keine Anstalten machte, linste er mit seinem Scheitelauge nach allen Seiten, wickelte einen seiner Tasttentakel ab, griff sich die Hand des Marsianers und führte sie so auf die Folie. »Haben wir einen Namen, Terraner? Nein? Auch gut, dann unterschreiben wir mit einem Künstlernamen.«
    Der Oupanko führte ihm mit dem Tentakel die Hand und schrieb: »John Doe«. »So, und jetzt noch der Fingerabdruck, und dem Gesetz ist Genüge getan. Wir zahlen 500 Solar, wahlweise 27.000 oupenkische Blutoks. Darf ich das Geld an Ihre Familie überweisen? Hinterlassen Sie Knospen? Nachkommen? Oder geht Ihr Honorar an das prachtvolle Waisenheim von Orbana? Nicht? Dann … überweisen wir es doch einfach auf das Konto notleidender Selbstmordturmbetreiber, wenn’s recht ist. Bitte den Daumenabdruck noch einmal hier, und hier, und hier. Bedankt! – Corronko, du Nichtsnutz!«
    Ein Unither in einem schmutziggrünen Latzanzug schob sich gehorsam aus einem klapprigen Wohngleiter, der a Schnittke erst jetzt auffiel. Der Unither stampfte auf seinen Säulenbeinen herbei und schaute ihn aus großen Augen an. Er schwenkte seinen Gesichtsrüssel, so dass a Schnittke den breiten Mund sehen konnte, der von Knochenkämmen gesäumt war. »Hier bin ich, Meister Oupanko«, zwitscherte er.
    »Corronko, du Tier, warum füttere ich dich eigentlich durch? Warum bist du nicht da, wenn ich dich brauche?«
    »Aber hier bin ich doch, Meister.«
    »Lügner!«
    Der Unither schwenkte demütig seinen Rüssel.
    A Schnittke überlegte: Selten sieht man einen Unither allein. Sie hängen ja so aneinander. Schlafen in Knäueln. Sind ungern allein.

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