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Aufstand der Alten

Aufstand der Alten

Titel: Aufstand der Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Tiere, die einen Wagen zogen. Es waren die ersten Pferde, die er seit einem Vierteljahrhundert gesehen hatte. Die verschiedenen Teile des Landes waren jetzt so gegeneinander abgeschlossen, daß völlig unterschiedliche Bedingungen herrschten.
    Die Leute waren überwiegend sauber und hinreichend bekleidet; viele trugen Pelzmäntel.
    Graubart ging zum Pförtnerraum, wo Kerzen brannten, aber der langnasige Alte hatte dienstfrei. An seinem Platz saß ein plumper Bursche in Graubarts Alter, der, wie sich herausstellte der Sohn des Mannes mit dem dreifachen Kinn war; er zeigte sich liebenswürdig, und als Graubart sich erkundigte, ob es möglich sei, für die Wintermonate Arbeit zu bekommen, wurde er gesprächig.
    Sie saßen an einem kleinen Feuer, und während die Karren und Wagen an seinem Fenster vorbei aus dem Tor knarrten, erzählte der plumpe Mann von Oxford.
    Einige Jahre lang hatte die Stadt keine Verwaltung gehabt. Die Colleges hatten sie in Bezirke aufgeteilt und übten eine lässige Herrschaft aus. Kamen Verbrechen vor, wurden sie hart geahndet, aber seit über einem Jahr war niemand mehr hingerichtet worden.
    Christ Church und mehrere andere Colleges waren jetzt zugleich Burg, Herberge und Herrensitz. Sie boten Unterkunft und Verteidigung, wenn Verteidigung nötig wurde, wie es auch in der früheren Vergangenheit gewesen war. Die größeren Colleges besaßen ganze Stadtviertel. Sie waren wohlhabend geblieben und hatten die letzten zehn Jahre friedlich miteinander gelebt und sich mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigt. Sie taten, was sie konnten, um die drohende Überschwemmung durch Dammbauten und Entwässerungskanäle abzuwenden. Und in einem der Colleges am anderen Ende der Stadt, dem Balliol, zog man unter der Anleitung des Rektors drei Kinder auf, die der Bevölkerung in einer zweimal jährlich stattfindenden Zeremonie gezeigt wurden.
    »In welchem Alter sind diese Kinder? Haben Sie sie gesehen?« fragte Graubart.
    »O ja, ich habe sie gesehen. Jeder hat die Balliol-Kinder gesehen. Ich lasse mir das nicht entgehen. Das Mädchen ist eine kleine Schönheit; sie ist ungefähr zehn Jahre alt und wurde von einer Schwachsinnigen in Kidlington geboren, das ist ein Dorf in den Wäldern des Nordens. Die beiden Jungen – ich weiß nicht, wo die herkommen, aber einer hatte ein schweres Leben, bevor er zu uns kam. Wie ich hörte, wurde er in der Gegend von Reading von einem Schausteller auf den Jahrmärkten gezeigt.«
    »Und es sind normale Kinder?«
    »Einer der Jungen hat einen verkümmerten Arm, einen kleinen Arm, der am Ellenbogen in drei Fingern endet, aber das kann man nicht als eine richtiggehende Entstellung ansehen, und das Mädchen hat keine Haare und etwas Komisches mit ihrem Ohr, aber nichts Schlimmes, und sie winkt der Menge sehr niedlich zu. Die Jungen winken nicht soviel, weil sie älter sind, aber sie sind frische junge Burschen.«
    »Sind Sie sicher, daß es wirklich echte Kinder sind? Keine zurechtgemachten alten Männer, oder so etwas?«
    »Oh, nein, nein, nein, nichts dergleichen. Sie sind klein, genau wie Kinder auf alten Bildern, und eine junge Haut kann man nicht verwechseln, nicht wahr?«
    »Nun, Sie haben hier Pferde. Vielleicht haben Sie auch Kinder.«
    Sie wechselten das Thema, und schließlich gab der Mann Graubart den Rat, mit einem der Collegestudenten zu sprechen, einem Mr. Norman Morton, der für die Personalangelegenheiten zuständig war.
    Martha und er bereiteten sich ein frugales Mahl aus zähem kaltem Biberfleisch und einem Kanten Brot, den Martha am Vorabend an einem der Marktstände gekauft hatte; dann unterrichteten sie Charley und Pitt von ihrem Vorhaben und suchten Mr. Norman Mortons Räume auf.
    In Peck, der hintersten Hofanlage des Colleges, stand ein schöner zweigeschossiger Stall mit Räumen für Tiere und Wagen. Morton hatte seine Zimmerflucht gegenüber.
    Er war ein hochgewachsener Mann, breitschultrig und gebeugt, mit einem nervösen Zucken behaftet und mit einem zerfurchten Antlitz. Graubart taxierte ihn auf Mitte der Achtzig, aber der Mann schien noch nicht gesonnen, das gute Leben aufzugeben. Als ein Hausdiener Martha und Graubart zu ihm führte, war Mr. Norman Morton zusammen mit zwei anderen Alten beschäftigt, gewürzten Glühwein zu trinken und eine Hammelkeule zu verzehren.
    »Sie können Wein haben, wenn Sie interessant zu reden verstehen«, sagte er, sich zurücklehnend und herablassend mit der Gabel auf sie zeigend. »Ich lasse mich immer gern von den

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