Augenblicklich ewig
ihr gegenüber Platz genommen und bestrich ihren Toast mit gesalzener Butter. »Es geht also um einen Mann?«
Polly nickte wieder.
»Er heißt Sam, richtig?«
»Ja, Sam.« Es tat weh, seinen Namen laut auszusprechen.
»Und du magst ihn?«
»Ich liebe ihn.« Polly wollte ihre Mutter nicht anlügen. Sie würde es ohnehin merken. Mit ihr über Sam zu sprechen, fiel ihr allerdings nicht weniger schwer, als ihr etwas vorzumachen.
Ihre Mutter schien erstaunt. »Tatsächlich? Das hast du noch nie über einen Mann gesagt. Dann muss es ernst sein.«
»Das war es. Nun ist es vorbei.«
»Was ist passiert, Liebes?«, fragte ihre Mutter sanft.
Eine Weile stocherte Polly auf ihrem Teller herum, bis sie antwortete: »Ich bin mir nicht sicher, ob er mich aus den richtigen Gründen liebt.« Das war die Wahrheit. Die gesamte Geschichte von Sams Suche, wie er sie überzeugt hatte, wiedergeboren zu sein, wie sie sich in ihn verliebt hatte, nur um festzustellen, dass sie gar keine andere Wahl gehabt hatten, verschwieg sie. Es war zu verrückt, als das irgendjemand ihr glauben würde.
»Ich verstehe.« Ihre Mutter wiegte nachdenklich ihren Kopf. »Sieh mal, eigentlich ist es immer nur Liebe. Wenn das Gefühl echt ist, können die Gründe nicht falsch sein«, sagte sie schließlich.
Polly schüttelte den Kopf. »Doch, er liebt mich, weil er glaubt, ich sei jemand, der ich eigentlich nicht sein will. Es ist kompliziert.« Mehr gab es nicht zu sagen. Sie steckte sich den letzten Happen Pancake in den Mund. Der süße Geschmack des Ahornsirups war köstlich und irgendwie tröstlich.
»Weißt du, mein Schatz, Männer machen sich nicht so viele Gedanken um alles wie wir. Für sie sind die Dinge, wie sie sind. Wenn sie jemanden lieben, dann tun sie es einfach. Warum das so ist, können sie oft nicht einmal erklären. Ich wette, dein Vater könnte dir nicht sagen, warum und wie sehr er mich liebt. Aber er tut es, so viel ist sicher. Wenn Sam gesagt hat, er liebt dich, dann ist es vielleicht die Wahrheit. Nur weil er nicht so viele Worte darum macht, wie wir Frauen es tun würden, heißt das nicht, dass er es nicht fühlt.«
Wie gerne hätte Polly ihrer Mutter recht gegeben. Nur leider war das Problem nicht, dass Sam seine Liebe nicht in Worte fassen konnte.
»Vielleicht hast du recht«, entgegnete sie dennoch.
»Wenn er der Richtige ist, solltest du ihn festhalten. Wenn nicht, dann lass ihn gehen.«
»Er ist der Richtige.« Tränen rollten über Pollys Wange, noch bevor sie sie hätte zurückhalten können.
»Oh, meine Süße. Das wird schon wieder. So oder so.« Ihre Mutter kam um den Tisch herum und nahm Polly fest in den Arm. Ihr Trost tat gut, auch wenn der Schmerz dadurch nicht verschwand.
Nach dem Frühstück packte Polly ihre Reisetasche aus. Da sie nicht wusste, wie lange sie bleiben würde, war es praktischer, die Sachen in ihrem alten Schrank zu verstauen, als aus der Tasche zu leben. In ihrem Kleiderschrank entdeckte sie noch einige alte Bandshirts, die sie bei Konzerten gekauft hatte. Als sie ausgezogen war, waren ihr diese T-Shirts unmodern erschienen und deshalb im Schrank geblieben. Nun war sie ihrer Mutter dankbar für das jahrelange Aufheben ihrer alten Sachen. Einige der Shirts beschworen schöne Erinnerungen herauf und würden auf jeden Fall ihren Weg mit nach Köln finden. Wann immer das auch sein würde.
Es war merkwürdig, wieder in dem Zimmer zu sein, in dem sie als Teenager gelebt hatte. Lange bevor sie von Sam erfahren hatte, und von ihrem Schicksal, gegen das sie sich nun so wehrte. Lange bevor ihr Leben aus der Bahn geworfen worden war. Dennoch beruhigte sie diese vertraute Umgebung und drängte den Schmerz in den Hintergrund.
Den ganzen Tag über half Polly ihrer Mutter bei der Umgestaltung des Gartens. Sie hatte nicht gerade einen grünen Daumen, aber auf Anweisung konnte sie so ziemlich alles erledigen, was ihr aufgetragen wurde. Der Tag verging wie im Flug und am Abend spürte Polly jeden Muskel. Sie wünschte sich Makkaroni mit Käse zum Abendessen, weil sie die als Kind geliebt hatte, in Deutschland jedoch niemals aß. Käsemakkaroni waren eindeutig ein Gericht, das nach Hause und damit in die USA gehörte. Auf den Film, den ihre Mutter ausgesucht hatte, konnte Polly sich kaum konzentrieren. Der Jetlag forderte seinen Tribut und die anstrengende Arbeit im Garten tat ihr Übriges. Bereits um zehn Uhr lag sie erschöpft im Bett und hoffte auf eine traumlose Nacht.
Ihr Wunsch ging in Erfüllung,
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