Aus Licht gewoben
erwiderte North mit einem Kopfschütteln.
Dorwan stach seinen Dolch vor sich in die Luft. Tausende winzig kleiner Eiszapfen flogen auf North zu, die Spitzen auf seine Brust gerichtet.
North konterte mit seinem gelben Umhang. Die Eisfragmente trafen auf eine wirbelnde Wand aus Luft und wurden zurückgeschleudert. Dorwans unbeschädigtes Auge verengte sich, als die Kraft des Zaubers deutlich wurde. Sein Gesicht verzog sich zu etwas, das wohl ein Lächeln sein sollte, und seine vernarbte Haut glänzte in der Sonne.
Es hatte etwas Anmutiges an sich, wie North seine Umhänge in weiten schnellen Kreisen um sich wirbeln ließ. Wenn sich der Kampf beschleunigte, würde er kaum noch mehr als einen Moment Zeit haben, um den farbigen Stoff zu ergreifen oder ihn schützend vor sein Gesicht zu ziehen. Nur auf den ersten Blick erschien es spielerisch.
Dorwan bewegte seinen Dolch ohne zu stocken und fügte North zweimal oberflächliche Wunden zu. Doch North hatte noch immer die Oberhand und war vielleicht nur noch Minuten davon entfernt, den Kampf für sich zu entscheiden. Die Zauber folgten dicht aufeinander und zwangen Dorwan erneut in die Knie. Ich sah dabei zu, wie er hinter einer Wand aus Flammen verschwand, bevor er sich daraus befreien konnte und mit selbst erzeugtem Wasser übergoss.
Dann kam der Moment, in dem Dorwan zeigte, wozu er tatsächlich fähig war. In atemberaubendem Tempo wurde North von einem Zauber nach dem anderen getroffen, und seine Schreie verhallten unbeachtet. Wolken aus Rauch und Eis umgaben ihn, und Dorwan bewegte sich so wendig, dass er überall gleichzeitig zu sein schien. Auf jeden Zauber folgte ein Schlag mit dem Dolch, der Norths Kleidung oder Haut traf und schließlich das Blut fließen ließ.
Die Angriffe erfolgten Schlag auf Schlag – es war einfach zu viel. Ein Eispfahl schoss neben North aus der Erde und warf ihn zu Boden. Keuchend und zitternd lag er da.
»Steh auf!«, flüsterte ich verzweifelt und griff nach meiner Halskette. »Steh auf, bitte, steh auf!«
North stützte sich auf seine Ellbogen und ich dachte schon, er würde sich wieder fangen, doch seinen schlecht gezielten Eisangriff konnte Dorwan mit bloßer Hand abwehren. Ein Stiefel traf North am Kopf, und er landete wieder im Schmutz.
Ich hatte keine Möglichkeit, etwas zu unternehmen, ohne
mich zu verraten oder North noch mehr abzulenken. Die Tränen ließen alles vor meinen Augen verschwimmen, und das Blut hämmerte in meinem Kopf. Ich konnte nicht aufhören zu zittern und merkte, wie mir langsam die Kontrolle entglitt. North war immer noch nicht wieder aufgestanden, und Dorwan kniete jetzt neben ihm.
»Das ist wirklich traurig, mein Lieber«, erklärte er. »Ich hatte mir schon gedacht, dass es nicht lange dauern würde, bis du ausgebrannt bist, kleines Feuer.«
»Hau ab!«, sagte North und schlug nach ihm. Dorwan wich dem Schlag nicht aus, schob den Arm dann aber von sich.
»Ts, ts.« Der Zauberer drohte mit dem Finger. »Mach schön sitz, Hündchen.«
Mein Herz hämmerte. Es war, als gäbe die Erde unter mir nach.
»Dieser Fluch, der auf dir liegt …« Dorwan hielt inne und zog seinen silbernen Dolch über Norths Brust. Mit so viel Kraft, wie er noch aufbringen konnte, trat North nach ihm. Der Dolch verschwand tiefer in Norths Brust, als der andere Zauberer beabsichtigt hatte.
Genau wie ich konnte North einen gequälten Schmerzensschrei nicht unterdrücken.
Dorwan verdrehte ihm das Handgelenk, und es klang, als bräche etwas tief in North.
»Sie ist also doch geblieben«, stellte Dorwan sichtlich zufrieden fest. »Sie hat es wohl wirklich ernst gemeint, als sie sagte, sie würde dich niemals verlassen. Das ist ja noch viel besser, als ich es mir je hätte erträumen können. Wie viel Spaß ich noch haben werde!«
»Aufhören!«, flehte ich. Mit tränenüberströmten Wangen stolperte ich den Weg zu ihnen hinunter. »Bitte, ich werde alles tun, alles , wenn du ihn nur in Frieden lässt!«
Mit einem Geräusch, bei dem sich mir der Magen umdrehte, zog Dorwan den Dolch aus Norths Brust. North hob den Arm, um einen erneuten Schlag abzuwehren.
»Bitte«, schluchzte ich.
Ohne die Felsbrocken zu beachten, die um uns herabfielen, sank ich neben North auf die Knie. Sein Hemd war warm und schwer von Blut. Es kann einfach nicht sein, dachte ich. Nein, Astraea, bitte!
»Nicht, Syd, nicht.« Seine Stimme war leise und eindringlich. »Ruhig, ruhig …«
Über uns grollte es, und meine Angst und Verzweiflung schienen
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