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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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den er geschrieben hat — die Bosse im Polizeipräsidium wollten ihn von dem jungen Cop fernhalten, Nestor Camacho, das ist der, der diesen Burschen von dem Mast runtergeholt hat. Die sehen es nicht gern, wenn ihre Leute ohne vorherige Erlaubnis, ohne Instruktionen und so Interviews geben, besonders in so einem Fall. Aber John lässt sich nicht abwimmeln. Wenn er sich mit Handschellen an den Kerl hätte ketten müssen, um das Interview zu kriegen, hätte er auch das gemacht, jede Wette. Weiter hinten in der Geschichte beschreibt er die Szene.«
    Ed las den Aufmacher noch einmal … »Von John Smith, unter Mitarbeit von Barbara Goldstein, Daniel Roth und Edward Wong.
    › Gewichte? Seilklettern schlägt Gewichtheben allemal!‹ So der immer noch von Adrenalin aufgeputschte Miami Marine Patrol Officer Nestor Camacho gestern Nachmittag gegenüber dem Herald , nachdem er zwanzig Meter über der Biscayne Bay mit einer akrobatischen Meisterleistung einen Mann gerettet und damit eine ganze vor den Fernsehern mitfiebernde Stadt in seinen Bann geschlagen hatte.
    ›So trainiere ich! Ich klettere das Fünfzehnmeterseil in Rodriguez’ Fitnessbude, dem ‚Ññññññooooooooooooo!!! Qué Gym!‘, hoch, ohne die Beine zu Hilfe zu nehmen!‹, sagte er. ›Rückenmuskeln? Deltamuskeln? Bizepse? Brustmuskeln? So gar Brustmuskeln! Gibt nichts Besseres für den Oberkörper. Seilklettern schlägt alles!‹
    Wer in Miami konnte jetzt noch an den Worten dieses Mannes zweifeln?
    Der Hochseilakt des fünfundzwanzigjährigen Polizeibeamten hatte einen kubanischen Flüchtling vor dem Sturz in den Tod bewahrt, hatte stundenlang den Verkehr auf dem sechsspurigen Rickenbacker Causeway lahmgelegt und die ganze Stadt an die Fernsehschirme und Radiogeräte gefesselt. Der verblüffende Kraftakt entfachte aber auch den Zorn der kubanischen Aktivisten Miamis, die den Polizisten als ›Verräter‹ bezeichneten.

Kurz vor drei Uhr gestern Nachmittag war südlich der William Powell Bridge —«
    Ed hörte auf zu lesen, schaute Stan an und fing wieder an zu grinsen. »Wissen Sie was? Als ich gestern den Aufmacher zum ersten Mal in den Fingern hatte, dachte ich, ›Was zum Teufel soll das? Brustmuskeln? Deltamuskeln? Rodriguez’ Ñññññño — oder wie das heißt — Gym? Was schreibt der Kerl da? Eine Marginalie über Bodybuilding in unserer Zeit?‹ Es dauerte ein bisschen, bis ich kapiert habe, dass das der perfekte Aufmacher war. Wir stehen doch immer vor dem gleichen Problem. Wir haben eine große Geschichte, und wenn wir sie dann bringen, wissen schon alle Bescheid, durch Radio, Fernsehen oder Internet. Alle sagen, ›Was ist das denn? Die Zeitung von gestern? ‹ Aber wir waren die Einzigen, die an den Polizisten rangekommen sind und die ein Interview mit ihm haben, richtig?« ::::::Verdammt, verdammt … St. Paul und Yale.::::::
    »Ja«, sagte Stan. »Das Präsidium wollte die Medien von dem Burschen fernhalten, weil das Ganze eine zweischneidige Geschichte ist. Ich meine, erinnern Sie sich noch an die Figuren auf der Brücke da? An das Gebuhe und Gekreische — an die Schilder, auf denen LIBERTAD und TRAIDOR stand? Stellt sich raus, dass der Polizist selber Kubaner ist, Nestor Camacho. Wenn er den Burschen einbuchtet, heißt das, der Bursche ist ein Wet Foot. Er hat kein Land betreten oder etwas, das mit dem Land verbunden ist, zum Beispiel die Brücke. Also können sie ihn gleich wieder nach Kuba zurückschicken. Haben Sie gesehen, wie der El Nuevo Herald die Sache angepackt hat?«
    »Hab ich hier, aber ich warte noch auf die Übersetzung.«
    »Die Schlagzeile lautet › ¡Detenido! ‹«, sagte Stan. »Mit den zwei Ausrufezeichen, am Anfang und am Ende. › ¡Detenido! A dieciocho metros de la libertad! Verhaftet! Achtzehn Meter vor der Freiheit!‹«
    »Achtzehn Meter? Das sind sechzig Fuß, oder?«
    »Fast genau. Hört sich kürzer an, stimmt’s?«
    »Was haben wir als Fortsetzung?«
    »Jetzt ist die große Frage, was mit dem Wet Foot passiert«, sagte Stan. »Im Moment ist er im Gewahrsam der Küstenwache. Die Polizei hat ihn von ihrem Patrouillenboot aus an einen Kutter der Küstenwache übergeben. John erwähnt das in seiner Story.«
    »Und was macht die Küstenwache jetzt mit ihm?«
    »Genau darauf habe ich John angesetzt«, sagte Stan. »Er sagt, er hat ein paar Kontakte in der ICE , der Einwanderungs- und Zollbehörde, die inoffiziell mit ihm reden würden.« Stan begann zu glucksen, worauf seine knochige, eingefallene Brust

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