Bärenmädchen (German Edition)
Irgendjemand hatte gerade das Thema auf Brüste gebracht, auf ihre Formen und die verschiedenen Vorzüge, die sie dem Alpha boten. Bald war ausgelassen von Äpfeln, Apfelsinen und Melonen die Rede. Ben Abner führte aus, dass sich die Birnenform besonders gut für die Behandlung mit der kurzen Reitpeitsche eigne, da sie nach jedem Hieb so schön nachschwinge. Ein geradezu ästhetischer Genuss.
Somogy wiederum behauptete, dass ein anständiges moldurisches Weib prachtvolle Melonenbrüste vorweisen könne. „So wie Sängerin von Band französischer“, meinte er holprig auf Deutsch und warf dem Mädchen auf der Bühne einen lüsternen Blick zu. Abners Bekanntgabe, dass sie und ihre Bandkolleginnen seit drei Jahren keusch gehalten wurden, hatte seine Phantasie sichtlich angeregt. Somogy schwärmte, dass melonenbrüstige Frauen im Bett „wie Teufel abgingen“. Adrian widersprach. Die wahren Teufelinnen hätten kleine dreieckige Brüste und ihre Brustwarzen seien von ganz besonderer Art. So eine sitze nämlich gerade auf seinem Schoß.
Es war dann kurz nachdem Dascha auf sein Geheiß hin ihre Brüste vorgeführt hatte und sie anschließend so eifrig auf seine Hand zwischen ihren Beinen reagiert hatte, dass der Bibliothekar des Schlosses an Adrian herantrat und ihn fragte, ob er einen Augenblick Zeit für Friedrich Sieversen habe.
Adrian hatte bislang kaum Kontakt mit dem alten Herrn gehabt, aber er wusste natürlich um den legendären Ruf des 92-Jährigen. Nun wollte Sieversen also mit ihm sprechen. Das machte ihn neugierig. Er vermutete, dass es um die drohende Krise der Organisation ging. Lächelnd wandte er sich an Arpad Somogy. „Darf ich ihnen meinen Zögling für eine Weile anvertrauen, Herr Präsident?“, fragte er. Somogy zwirbelte seinen Schnurrbart. „Nur, wenn dürfen Gazelle entführen.“
Adrian stutzte. Somogy war stolz auf seine Deutschkenntnisse. Zumal seine Entourage ihm stets versicherte, dass sie hervorragend seien. Tatsächlich waren sie recht dürftig.
„Entführen auf Tanzfläche.“, fügte er hinzu, als er Adrians fragenden Blick sah. Die Band hatte gerade einen wilden moldurischen Gassenhauer angestimmt und Dascha sah ziemlich erschrocken drein, angesichts der Aussicht dazu Tanzen zu müssen.
„Aber sicher doch, Herr Präsident“, erklärte Adrian mit einem Blick auf das Mädchen grinsend. „Die Kleine war heute sowieso ziemlich unausgelastet. Die hatte nur Flausen im Kopf. Da tut ihr etwas Bewegung gut. Vor allem an der Seite von so einem feurigen Tänzer wie Ihnen.“
So zog Somogy, bereits verwegen tänzelnd, mit Dascha im Schlepptau in Richtung Tanzfläche ab. Schnell waren sie in der Menge verschwunden. Wenig später sah Adrian dann auch Daschas weiß-glitzernden Panamahut wild zum Takt der Musik herumhüpfen. Er selbst machte sich in die entgegengesetzte Richtung auf. Je weiter er sich durch den Raum arbeitete, desto leiser wurde die Musik, bis sie schließlich kaum noch Zimmerlautstärke hatte. Sieversen hatte sich ganz am hinteren Ende des Saales auf einem Stuhl niedergelassen. Mehrere Leute standen um ihn herum. Sie entfernten sich diskret, als Adrian näherkam. Beide Hände auf seinen Gehstock gestützt, sah Sieversen ihm mit wachen Augen entgegen. Für sein Alter und sein gebrechliches Aussehen lag erstaunlich viel Kraft in seinem Händedruck. Nur die Stimme schien angegriffen von seiner vorherigen Rede. So beugte sich Adrian tief zu ihm herunter, bis sein Ohr direkt vor seinem Mund war.
„Sie müssen sie da herausholen“, hörte er ihn sagen. Adrian wusste sofort, wen er meinte. Ohne, dass er es wollte, stieg Ärger in ihm hoch. Natürlich wollte er sie da herausholen, aber warum mischte sich ausgerechnet dieser alte Mann in seine persönlichen Angelegenheiten ein?
„Das ist nicht so leicht. Sie ist an Ortega verkauft“, erwiderte er kurz.
Sieversen erblasste. Plötzlich wirkte er tatsächlich alt und hinfällig. Aber schon im nächsten Augenblick hatte er sich wieder gefasst.
„Nun gut, ein Problem nach dem anderen“, hörte Adrian ihn murmeln. Mit kräftigerer Stimme fuhr Sieversen fort: „Warum ich mich ausgerechnet an sie wende? Weil mir dieses entzückende Geschöpf in den letzten beiden Wochen des Öfteren Gesellschaft geleistet hat und weil ich weiß, was es für Sie empfindet. Sie liebt Sie, und ich hoffe, Ben Abner hat sie noch nicht so weit indoktriniert, dass sie das für eine Art Krankheit halten. Vor allem aber schwebt Anne in größter Gefahr.
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