Bedrohung
seiner Zeit in einem Bordell in King’s Cross, und er sei dessen Mitbetreiber. Dort haben sie sich letztes Jahr getroffen, um den Waffendeal zu besprechen.«
Sie wiederholte die Adresse, die Fox ihr genannt hatte.
Omar sah sie skeptisch an.
»Wow, der Bursche scheint es draufzuhaben, das System auszunutzen. Hat die Einwanderungsbehörde eingeseift, betreibt einen Puff, und Waffenhändler ist er auch noch. Klingt alles ein bisschen unwahrscheinlich. Bist du sicher, dass Fox dir nichts vormacht?«
Tina hielt seinem Blick stand.
»Was hätte er davon?«
»Vielleicht ist ihm langweilig. Offen gestanden, ich weiß es nicht, weil keiner von uns Gelegenheit bekam, mit ihm zu reden.«
Tina bemerkte, dass er dabei Bolt anschaute.
»Hör zu, ich weiß, wonach das riecht. Aber er wurde vor drei Tagen mit einem Messer attackiert, und das sah nicht aus, als hätte er es inszeniert. Er musste mit über zwanzig Stichen genäht werden, und auf mich wirkte er angeschlagen. Er will wirksam geschützt werden, und er will einen Deal.«
»Konntest du eigentlich mit dem Häftling sprechen, der ihn attackiert hat?«, fragte Bolt.
Tina nickte. »Ja, konnte ich, aber er gab zu jeder Frage, die ich ihm stellte, nur die übliche Kein-Kommentar-Leier von sich. Eric Hughes ist ein Lebenslänglicher, den jeder Regisseur für die Rolle des kriminellen Schlägers casten würde. Womit sollte ich ihn einschüchtern? Er weiß, wie es läuft und dass er, wenn er den Mund hält, eben noch ein paar Monate auf seine Strafe obendrauf kassiert. Aber die Art und Weise, wie der Mordversuch ausgeführt wurde, mit einem selbst gefertigten Messer in den Waschräumen, wo die Überwachungskamera kaputt ist, lässt darauf schließen, dass es sich um Profiarbeit handelt. Also wurde Hughes für seinen Job bezahlt. Da er im Gefängnis nicht direkt an das Geld herankommt, müssen wir annehmen, dass es draußen jemandem übergeben wurde. Jemandem, zu dem er Kontakt hat.«
Tina hielt einen Moment inne und genoss das Interesse, das die anderen ihr plötzlich entgegenbrachten.
»Ich habe mich beim Gefängnisdirektor erkundigt. Obwohl Hughes nie verheiratet war, stammen zwei seiner drei Kinder von derselben Frau, die ihn auch regelmäßig besucht. Vielleicht sollten wir uns mal um sie kümmern.«
»Gute Idee«, sagte Bolt. »Aber unsere erste Priorität ist Brozi. Ich habe soeben die Bestätigung erhalten: Der Sprengstoff von heute Morgen war PETN , dasselbe Material, das auch im Stanhope verwendet wurde. Wenn dieser Brozi also, wie Fox behauptet, eine Art Waffenhändler ist, dann ist es durchaus möglich, dass er direkte Kontakte zu den Terroristen hat.«
Bolt sah seine Mitarbeiter der Reihe nach an.
»Und ich brauche wohl niemanden daran zu erinnern, wann das Ultimatum der Terroristen abläuft. Ich habe verlässliche Informationen, dass die Regierung nicht im Entferntesten daran denkt, ihren Forderungen nachzukommen. Wir befinden uns also in einem Wettlauf mit der Zeit. Wir müssen die Bombenleger finden, und Brozi könnte uns zu ihnen führen.«
22
14:15
Wenn es etwas gab, was DS Chris Hancock an der Polizeiarbeit hasste, dann war es das Überbringen von Todesnachrichten.
Doch laut seinen Vorgesetzten hatte er genau das richtige Temperament und das passende Aussehen dafür: leichte Hängebacken und traurige Augen, die die Leute, denen er die Nachricht vom manchmal brutalen Tod eines geliebten Menschen überbrachte, besänftigten. Inzwischen war er in dieser Mission schon mehr als zwei Dutzend Mal für die Met unterwegs gewesen, aber jedes Mal hatte es ihn extrem hart getroffen. Die Leute neigten dazu, immer gleich zu reagieren. Erst ungläubig, dann setzte der Schock ein, der sich wie ein schwerer schwarzer Schatten über sie legte. Meistens blieben sie ganz still. Fragten vielleicht flüsternd: »Wie ist es passiert?«, während sie sich des enormen Verlustes bewusst wurden.
Nur einmal hatte jemand dramatisch reagiert. Eine junge Mutter, zweiunddreißig war sie, wenn ihn die Erinnerung nicht trog. Hancock hatte ihr mitteilen müssen, dass ihr neun Jahre alter Sohn, ihr einziges Kind, auf einem Zebrastreifen von einem Auto erfasst worden war, dessen Fahrer daraufhin die Flucht ergriffen hatte.
Die Frau war schreiend zusammengebrochen, hatte mit Geschirr um sich geworfen, vor Schmerz und Kummer aufgeheult. Ihre Schreie hallten durch die Wohnung, während sie sich von einer attraktiven, freundlich lächelnden jungen Frau in eine wirre Todesfee mit
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