Bei Tag und Nacht
Ihr schwindelte, als hätte sie einen weiteren Schlag auf den Kopf bekommen, und lehnte sich matt zurück. Einen Augenblick lang wurde ihr wieder ganz schwindelig.
Adrian kam zu ihr herüber und legte seine Hand an ihre Stirn. »Eure Haut ist schon nicht mehr so kalt, und die Farbe kehrt auch langsam in Eure Wangen zurück.«
Elissa sagte nichts. Sie rang darum, ihre neuentdeckten Gefühle für Adrian in den Griff zu bekommen.
»Habt Ihr Hunger?« fragte er. »Es scheint hier die ungewöhnlichsten Dinge zu geben. Vielleicht finde ich ...«
»Nein, nein, danke, ich bin ganz zufrieden.« Sie zwang sich zu lächeln. »Wie geht’s dem Pferd?«
Die Grübchen erschienen wieder in seinen Wangen. »Minotauros findet den Schuppen herrlich ... er hat genug Heu zum Abendessen und sogar eine Decke, die ihn warm hält.«
»Die solltet Ihr auch haben«, sagte sie leise.
Er runzelte die Stirn. »Ich habe Euch doch gesagt, daß für mich alles in Ordnung ist.« Der Colonel prüfte den grauen Himmel draußen. »Das Haus ist unser Glück. Ich werde dafür sorgen, daß die unbekannten Gastgeber belohnt werden.«
»Meines Wissens gehört das Haus zum Land der Muraus und war eine Art Versteck für die Kinder der Herzogin, als sie hier noch spielten. Hoffentlich macht sie sich keine Sorgen.«
»Ich habe ihnen versprochen, Euch zu finden und dann irgendwo Schutz vor dem Wetter zu suchen. Aber da es wohl nicht so bald aufklart, werden wir bis morgen früh ausharren müssen.«
Sollte er erwartet haben, daß sie protestierte, wurde er enttäuscht. Statt dessen wirbelten ihr die Gedanken an das durch den Kopf, was sie gerade erkannt hatte: an Adrian und wie sehr sie ihn begehrte, aber auch an Steigler und ihre Zukunftspläne. Immer wieder trat dieselbe Frage in den Vordergrund: War sie wirklich bereit, ihre Jungfräulichkeit um der Rache willen zu opfern? Und die Antwort folgte auf dem Fuße: ein klares, lautes
Ja.
Aber nicht nur ihres Bruders wegen, sondern wegen all der jungen Soldaten, die in der Folge noch würden sterben müssen, unter Umständen auch ihr Bruder Peter.
Steiglers Gesicht stand beunruhigend vor ihrem inneren Auge. Aber so unangenehm sie ihn auch finden mochte, sie würde es fertigbringen, ihm zu Willen zu sein, wenn sie damit den Falken entlarven könnte. Und je näher sie die Gefühllosigkeit des Generals kennenlernte, desto mehr wuchs die Gewißheit, daß er der Gesuchte war. Höchstwahrscheinlich würde er sie am Samstagabend zum Ball der Kaiserin begleiten. Und vielleicht würde das auch der Abend sein, an dem er sie endgültig zu erobern suchte.
Sie betrachtete Adrian, der ihr immer noch mit besorgtem Ausdruck gegenübersaß. Allein bei seinem Anblick wurde ihr schon der Mund trocken, und ihr Puls pochte heftig. Er begehrte sie, das war klar, und in gewisser Weise hatte er sie auch gern. Außerdem existierte nun mal ihre Jungfräulichkeit, die Steigler garantiert mißtrauisch machen mußte, während ihr Ritter damit würde umgehen können.
Sie war nicht sicher, wie sie Adrian diesen Tatbestand erklären sollte, wenn es wirklich ernst würde; aber er hatte ihr auch bei anderen Gelegenheiten schon Lügen abgenommen. Und ihm konnte sie entschieden leichter irgendwelche Geschichten auftischen als Steigler.
Zudem war die Gefahr wesentlich geringer.
Zumindest dachte sie das. Sie war einfach immer noch nicht sicher, wem man in Staatsangelegenheiten trauen konnte und wem nicht; das schloß unglücklicherweise Adrian mit ein.
Doch was die Angelegenheiten der Liebe betraf, vertraute sie ihm völlig - da gab es nicht den geringsten Zweifel. Damit kannte Adrian sich bestimmt aus.
8
Wieder blitzte es grell draußen vor dem Fenster. Adrian hörte den Regen auf das Dach und an die Mauern des Häuschens prasseln. Das Feuer knisterte, und ein Stück Glut fiel zischend auf das eiserne Gitter im Kamin.
Ganz in der Nähe lag Elissa auf dem Sofa, den Kopf in ein
108
weiches Kissen gekuschelt, das er in einer der Truhen gefunden hatte. Ihr goldenes Haar war jetzt trocken und lag glänzend wie ein Kranz um ihren Kopf, so daß sie unerträglich jung und hübsch aussah.
Sein Körper pochte vor Verlangen. Hart und schmerzhaft drückte sich seine Männlichkeit an die Innenseite der Hose, steif vom Begehren nach dieser Frau. Er wäre am liebsten zu ihr gegangen, hätte die Decke von ihrem Körper gelüftet, ihre Brüste entblößt und ihre verlockende Blässe betrachtet, bis er genug hatte. Der schöne Edelmann sehnte
Weitere Kostenlose Bücher