Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Belsazars Ende

Titel: Belsazars Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
Vom Netzwerk:
verrückt machte, und versuchte, sich durch hektische Aktivitäten abzulenken, aber es wollte ihr nicht gelingen.
    Er war verheiratet, klar, und sie wußte auch nicht, was er eigentlich für sie empfand, aber über beides wollte sie gar nicht nachdenken, noch nicht. Erst einmal wollte sie ihn fühlen, ihn ganz haben, nah und warm und zärtlich, es endlich wissen.
    Sie fing seinen Blick auf und hielt ihn fest, bis die nächste Frage gestellt wurde, eine Sekunde nur, aber es reichte aus, das Ziehen im Bauch zu verdreifachen.
    Schnell stand sie auf, nickte ihm zu, tippte dabei auf ihre Armbanduhr – er verstand – und machte sich auf den Weg zu ihrem Termin.

    Van Veldens Fotos waren optimal gewesen, sie hätte Simona Lünterhoff auch auf der Straße erkannt.
    Sie sah sehr gut aus und wußte das auch. Für ihre knapp siebzehn Jahre war sie ein bißchen zu üppig proportioniert – um die Hüften rum wird sie mit den Jahren Probleme kriegen, dachte Astrid – aber vielleicht standen Typen wie van Velden genau auf so was.
    Sie nahm Astrid gleich mit in ihr Zimmer hinauf, lief dann aber sofort wieder hinunter, um etwas zu Trinken zu holen.
    Das Zimmer war ein großer, holzvertäfelter Dachboden mit tiefgezogenen Schrägen an beiden Längsseiten und zwei Velux-Fenstern, durch die man nichts als den dickverhangenen Himmel sah. Das Licht war trübe und unwirklich.
    Auf dem Fußboden lag ein zerzauster Flokati. An der einen Stirnseite stand ein mit Zeitschriften, Fotos und allerlei Kleinkram übersäter Schreibtisch, an der anderen ein Regal mit einer Stereoanlage und einer ansehnlichen CD-Sammlung, ein paar großformatigen Büchern, Fotoalben und Nippes.
    Als Bett diente eine breite Matratze, die nachlässig mit einer marokkanischen Decke und ein paar Seidenkissen bedeckt war. Zwei kleine Lampen mit rosa Seidenschirmen standen daneben, ein paar Zeitschriften lagen unordentlich gestapelt am Kopfende.
    An den Wänden hingen, mit Stecknadeln befestigt, vier Plakate von verschiedenen Ausstellungen van Veldens und ein Bild von Leonhard Cohen.
    Unter dem linken Fenster stand eine kleine Plastik, ein Akt von Simona, breitbeinig, mit angezogenen Knien, die Hände nach hinten gestützt, den Kopf so weit im Nacken, daß das Haar den Boden berührte. Die Skulptur trug eindeutig van Veldens Handschrift, obwohl sie gegenständlicher war als die anderen Sachen, die Astrid bisher von van Velden gesehen hatte.
    Sie strich mit dem Finger die Buchreihe entlang, viele Kunstbände. Den Band mit dem Titel v. Velden, Erotische Fotografie hätte sie gern angesehen, auch die Fotoalben, aber sie hörte Simona schon wieder die Treppe heraufkommen.
    Das Mädchen trug ein kleines Korbtablett mit einer geschliffenen Karaffe und zwei Likörgläsern.
    »Sherry«, sagte sie, stellte das Tablett auf den Fußboden und ließ sich geschmeidig im Schneidersitz auf ihrer Matratze nieder.
    Astrid hockte sich ihr gegenüber auf den Teppich.
    »Ich glaub’, um diese Zeit vertrag’ ich so was noch nicht«, lachte sie, aber Simona winkte lässig ab: »Einer macht bestimmt nichts aus.«
    Sie pustete sich ihren blonden Pony aus der Stirn und goß die Gläser randvoll. »Außerdem hab’ ich nichts anderes gefunden.«
    Astrid sehnte sich nach einem großen Becher Kaffee, aber sie nahm dem Mädchen das Glas aus der Hand und trank einen kleinen Schluck.
    Simona betrachtete sie eingehend. »Was macht so jemand wie du bloß bei der Polizei?«
    Astrid lächelte, fand, das so selbstverständliche »du« war eine gute Ausgangsposition, und fragte: »Was meinst du mit: so jemand wie ich?«
    »Na, du siehst doch unheimlich toll aus. Du könntest doch bestimmt was ganz anderes machen.«
    Astrid erzählte ihr eine Weile von ihrem Job und warum er ihr Spaß machte.
    Sie waren schnell miteinander im Gespräch, und Simona redete ganz offen und freizügig von ihrer Beziehung zu van Velden. Es war offensichtlich, daß sie ihn anbetete, auch jetzt noch, sein Tod machte dabei keinen Unterschied. Er hatte sie entdeckt, in seinen Himmel erhoben, und dort war sie nach wie vor. Trauer war ihr nicht anzumerken.
    »Warum soll ich heulen?« fragte sie. »Ricky hätte das verachtet. Wir hatten eine phantastische Zeit miteinander. Jetzt ist es eben vorbei.«
    Mangelndes Selbstbewußtsein konnte man ihr nicht nachsagen.
    »Weißt du, ich war seine Muse. Ich gab ihm die Inspiration und die Kraft, seine beiden bedeutendsten Werke zu vollenden.«
    Astrid schüttelte sich innerlich und fragte sich,

Weitere Kostenlose Bücher