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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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auch in den kommenden Stunden über den jeweils aktuellen Stand der Fahndung unterrichtet würden.
    Dagmar Wohlfrom-Kühn greift zur Fernbedienung und schaltet das Gerät ab, während ihr Mann sich daran macht, ihr und Karen nachzuschenken. Der Bordeaux, so vermutet Karen, hat ein ähnlich ehrwürdiges Alter wie der emeritierte Universitätsgelehrte selbst, dessen Gesicht inzwischen eine leicht rosige Tönung angenommen hat. Es wird wohl nicht die erste Flasche sein, vermutet sie, die ihr Gastgeber während der Vorbereitung des Abendbrots geöffnet hat.
    »Habe ich das richtig verstanden?«, fragt er. »Dieser Mann da eben, das war der Kommissar, der den Mörder fangen will, ja? Wenn man ihn so sieht, denkt man, das ist der Mann, der weiß, wo es zur Toilette geht.«
    Bingo, denkt Karen und lacht. Aber die Staatsanwältin hebt die Hand und muss sofort etwas richtigstellen. »Keith wird gerne unterschätzt«, sagt sie, »und das ist überhaupt kein Nachteil. Ich gebe aber zu, ungern freilich, dass er sich in diesem Fall bisher nicht besonders inspiriert gezeigt hat. Aber in meinem eigenen Kopf sieht es ja auch nicht viel besser aus …« Sie wendet sich an Karen. »Ein Kriminalfall ist manchmal wie ein Puzzle, nur dass Sie keine Vorlage haben. Sie haben Einzelstücke, aber absolut keine Vorstellung, wie das Bild später aussehen soll. Irgendwann passen aber ein paar Einzelstücke doch zusammen, und auf einmal haben Sie die Idee, wozu jedes Einzelteil gehören und in welchem Zusammenhang es stehen könnte. Und genau davon bin ich meilenweit entfernt.«
    »Kann es sein, dass du dir ein wenig zu viel zugemutet hast?« Diesmal, denkt Karen, klingt die Stimme des Professors nicht nach der zweiten Flasche Bordeaux.
    Die Staatsanwältin zuckt die Achseln. »Solche Fragen kann der am wenigsten beantworten, dem man sie stellt.« Sie greift zum Weinglas und nimmt einen sehr vorsichtigen Schluck. »Ich habe heute Abend einen Vortrag gehalten, oder ein Referat, und ein paar Fragen beantwortet, mehr oder weniger klug, das wird …« Sie streckt die Hand aus und berührt Karen leicht am Oberarm. »… Frau Andermatt besser beurteilen können. Aber das ist mein Alltag, nichts weiter, und es sind jetzt die braven Leutchen von der Staatspartei an der Reihe, sich den Kopf zu zerbrechen … Nein, nein, irgendetwas ist an diesem Fall Harlass, das mich blockiert. Vielleicht liegt es daran, dass ich weiß, mit wem wir es da zu tun haben.« Sie setzt das Weinglas wieder ab. »In der Soko Jarygin sitzt eine kleine blonde Person, als sei sie gerade von der Schulbank gekommen, man wundert sich, dass sie sich überhaupt traut, den Mund aufzumachen. Manchmal habe ich wirklich den Eindruck, diese kleine Maus ist die überhaupt einzige Person, die in dieser Sache vorankommt und der etwas einfällt! Vielleicht ist die Zeit einfach so, dass es die Frauen sind, die die Initiative ergreifen müssen.«
    »Bravo!«, sagt Professor Wohlfrom und erhebt das Glas. »Nach uns die Sintflut!«
    »Eberhard!«, ruft die Staatsanwältin streng, »die wievielte Flasche ist das heute Abend?«
    Der Professor murmelt etwas, das nicht so richtig zu verstehen ist, und die Staatsanwältin wendet sich wieder Karen zu. »Nach Ihrem Eindruck von unserer Veranstaltung in Charlottenburg frage ich Sie nicht, das wäre gegen unsere Vereinbarung …«
    »Aber ich kann Ihnen meinen Eindruck ruhig sagen«, antwortet Karen. »Die Leute waren sehr angetan, und das wundert mich auch nicht. Die wollen endlich mal wieder eine Wahl gewinnen, mit Ihnen können sie das. Gespannt bin ich aber, was Sie vor einem Ortsverband sagen werden, in dessen Bezirk es viele junge Familien gibt.«
    »Hört, hört!«, ruft Professor Wohlfrom.
    Die Staatsanwältin hält den Kopf ein wenig schief und wirft Karen über den Tisch hinweg einen Blick zu, als habe sie in ihr gerade eben ein Wesen entdeckt, vor dem man doch auch auf der Hut sein muss. »Okay«, sagt sie dann. »Die Kritik ist angekommen und akzeptiert. Allein schon wegen dieser Rückmeldung bin ich froh, dass ich Sie dabei hatte. Etwas anderes interessiert mich noch. Sie waren am Sonntag am Tatort dabei, und wir haben noch gar nicht darüber gesprochen, welchen Eindruck Sie davon hatten. Das, was wir in solchen Fällen tun, und wie wir es tun – wie wirkt das auf einen Außenstehenden?«
    Karen runzelt die Stirn. »Routiniert kam mir das vor. Aber nicht abgestumpft. Überhaupt nicht. Über mich selbst bin ich erschrocken.«
    »Nicht

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