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Billigflieger

Titel: Billigflieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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ADAC-Motorwelt , da bin ich mir nicht mehr sicher).
    »Wieso? Immerhin ist mein Scheiß kostenlos. Im Gegensatz zu deinen bunten Blättern, für die das Abo ein Vermögen kostet.«
    »Dafür haben wir aber tolle Prämien bekommen, zum Beispiel den Rasenkantenschneider, das Dampfstrahlgerät oder den Akkuschrauber.«
    »Super. Seit es die Dinger gibt, scheuchst du mich nur noch durch die Gegend: die Beete saubermachen, die Terrasse vom Moos befreien, das Kellerregal neu zusammensetzen.«
    »Da ist ja wohl alles sinnvoller, als auf dem Sofa zu hocken und sich Alufelgen, getönte Windschutzscheiben oder Rückablagen-Bassbooster anzusehen.«
    Woraufhin sie sich kopfschüttelnd wieder in ihre Zeitschrift vertiefte und sich einen Bericht über verwitwete Hollywoodstars, den neuen Strick-Schick für den Herbst oder die fünfzig besten Schminktipps für Promi-Galas ansah.
    Seltsamerweise überkommt mich in diesem Moment eine tiefe Melancholie. Ich stelle mir vor, dass Nina gar nicht mehr meine Verlobte wäre. Weil wir uns getrennt hätten. Oder wenigstens weil sich irgendetwas Gewaltiges zwischen uns geschoben hätte. Katie zum Beispiel.
    Das Gefühl verwirrt mich. Und zwar so sehr, dass ich mein Handy hervorkrame und Nina anrufe - was ich bisher kein einziges Mal getan habe, seit wir auf Malle sind.
    »Mein Gott, Jo. Was ist denn mit deiner Stimme passiert?«, fragt sie als Erstes.
    »Das ist nur meine Sangria-Allergie«, beruhige ich sie.
    »Ihr habt also mal wieder getrunken«, sagt sie und seufzt in den Hörer.
    Was soll ich jetzt antworten? Dass ich es schließlich nur für uns getan hätte? Um diese andere Frau zu vergessen?
    »Ach, so schlimm ist es gar nicht. Die Jungs wollten mich gestern Nacht einfach nur immer wieder hochleben lassen. Wegen uns. Und wegen unserem großen Tag.«
    Nina ist echt gerührt, als ich das sage. Ich höre sie schlucken am anderen Ende der Leitung, und das wiederum rührt mich ganz gewaltig. Und bei der Vorstellung, dass ich mehr oder weniger die ganze vorletzte Nacht im Schlafzimmer einer anderen Frau verbracht habe, wird mir regelrecht übel. Nur gut, dass nichts passiert ist.
    Ich versichere Nina, wie sehr ich mich freue, sie bald wieder in den Armen zu halten, und beende das Gespräch. Anschließend gehe ich aufs Zimmer hoch und ziehe meine Joggingsachen an. Höchste Zeit für etwas Bewegung.
    Ich verlasse trabend das Hotel und folge einer schmalen Straße, die landeinwärts führt. Hinter einem Supermarkt schlängelt sie sich einen Hügel hinauf, was mich ganz schön aus der Puste bringt. Aber das macht nichts. Weil ich weiß, dass die Anstrengung belohnt werden wird.
    Auf der Kuppe der Anhöhe mache ich eine Pause. Ich drehe mich um die eigene Achse - und bin überwältigt von dem Ausblick, der sich mir bietet.
    Direkt unter mir sehe ich die ganze Pracht der Bucht von Palma, von Arenal bis hinüber nach Can Pastilla, noch weiter bis Palma-Stadt und bis westlich nach Cala Major. Die Hotellandschaft zu meinen Füßen wirkt auf mich wie ein unaufgeräumtes Kinderzimmer.
    Die zahlreichen mehrstöckigen Gebäude mit ihren unendlich vielen Balkonen und den Swimmingpools liegen wie Bauklötzchen da, bunt und wie zufällig in der Gegend verstreut. Manche sind klein, manche etwas größer, allesamt haben sie eine viereckige Form, und architektonisch sind sie nicht besonders ansprechend. Jemand, der Wert auf Schönheit legt, könnte die Hoffnung haben, dass irgendwer mal auf die Idee kommt, das Ganze in Ordnung zu bringen und zu einem harmonischen Gesamtbild zusammenzufügen. Aber das wird sowieso nie geschehen.
    Muss aber auch nicht. Schließlich soll Arenal nicht schön sein, sondern Spaß machen. Und das macht es.
    Ich bin seltsam berührt von diesem Anblick, weil sich mir das Bild aufdrängt, dass in jedem einzelnen dieser vielleicht zehn- oder auch zwanzigtausend Hotelzimmer lauter Menschen untergebracht sind und dort in ihren Betten schlafen. Sie alle verbringen ihren Urlaub hier in Arenal. Und die meisten von ihnen erholen sich vermutlich gerade genau wie ich von den Auswirkungen der vergangenen Nacht und sammeln gleichzeitig Kraft für die kommende. Und alle haben ihre eigene Geschichte. Manche von ihnen sind glücklich, manche einsam, wieder andere vielleicht eifersüchtig oder frisch verliebt, sind gerade befördert oder arbeitslos geworden.
    Sie alle haben ihre ureigensten Ängste und Hoffnungen, ihre Sorgen und ihre Träume.
    So wie ich.

36. Waschlappen
    »Moment mal, Jo. Du hast

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