Bis das Glück mich findet
lassen und ihr unmissverständlich klargemacht, sie bräuchte nicht damit zu rechnen, je von ihrem Vater ein solches Mordwerkzeug geschenkt zu bekommen, und wenn sie tausendmal versprach, vorsichtig damit zu fahren.
»Ich mache mir nicht nur um dich Sorgen«, erklärte Brendan. »Ich denke auch an die anderen Verkehrsteilnehmer.«
Kelly war damals bitter enttäuscht gewesen (vor allem als sie sah, dass ihr Geburtstagsgeschenk ein Oma-Auto war und kein fetziger Sportwagen), doch selbst sie musste nach einiger Zeit zugeben, dass der Micra ein unkompliziertes, wendiges Fahrzeug war, mit dem man im dichten Stadtverkehr gut zurechtkam und außerdem problemlos einparken konnte. Er ließ sich vielleicht sogar ein wenig zu leicht fahren, fand Kelly, und so hoffte sie, falls sie es schaffte, den Micra bis zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag ohne eine einzige Schramme zu fahren, dass ihr Vater seine Meinung vielleicht doch noch ändern und ihr etwas schenken würde, vor dem die anderen Autofahrer etwas mehr Respekt hatten.
Kelly bog in die Hauptstraße ein, die nach Atlantic View führte. Sie selbst hätte ja einen anderen Namen für das Haus gewählt – Kelly fand ihn zwar zutreffend, aber reichlich langweilig und fantasielos. Andererseits war ihr Vater auch nicht gerade ein Mensch mit Fantasie. Das bisschen Kreativität, das er besaß, ging für seine Bauprojekte drauf.
Kelly war anfangs nicht besonders glücklich gewesen über ihren Umzug nach Cork. Der Abschied von Dublin und ihrem ganzen Freundeskreis war ihr furchtbar schwergefallen, und keine noch so gut gemeinte Anstrengung ihrer Eltern, sie aufzuheitern, hatte ihren Kummer lindern können. Weder ihr neues Zimmer, bei dessen Einrichtung Xena – die Kriegerprinzessin als Leitgedanke gedient hatte,mit eigenem Fernsehgerät und PlayStation noch die häufigen Besuche bei McDonald’s (die Dominique in Dublin auf ein Mindestmaß beschränkt hatte) noch die Ausstattung mit einer komplett neuen Garderobe hatten Kelly besänftigen können. Erst nachdem sie in die neue Schule gekommen war und neue Freundschaften geschlossen hatte, stellte sich endlich ein Zugehörigkeitsgefühl bei ihr ein. Und wenn die Mädchen, die Kelly zu sich nach Hause einlud, all ihre Spielsachen sahen, waren sie natürlich nur allzu gern bereit, sie als neue Freundin zu akzeptieren.
Kellys Freundeskreis wuchs rasch, aber am besten verstand sie sich mit ihrer Cousine Alicia, die nur ein paar Monate älter war als sie selbst. Ein liebes Mädchen, so hatte Dominique Alicia immer bezeichnet, und nun erkannte Kelly, was sie damit meinte. Ihre Cousine war sanft und freundlich und vernünftig, wenn Kelly bisweilen allzu verrückte Ideen hatte. Kelly wusste auch, dass Alicia sie um ihrer selbst willen mochte, im Gegensatz zu manch anderen Mädchen aus ihrer Schulklasse, die, dessen war sich Kelly sicher, nur in Atlantic View herumschnüffeln und mit ihren teuren Spielsachen spielen wollten. Alicia interessierte sich nicht so sehr für diese Sachen. Und außerdem waren ihre Eltern viel nachsichtiger als Kellys Eltern und kauften, obwohl sie nicht so reich waren wie Letztere, stets das Neueste für ihr Kind, sodass sie keinen Grund hatte, auf Kelly neidisch zu sein.
Kein Wunder, dass die Leute uns um Atlantic View beneiden, dachte Kelly, als sie jetzt in die schmale, gewundene Straße einbog, die zu ihrem Haus führte. Für sie selbst war die Prachtvilla einfach ihr Zuhause, doch wenn sie gelegentlich in schicken Lifestyle-Magazinen eine Homestory darüber fand, sah sie das Haus aus einer anderen Perspektive; und bei diesen Gelegenheiten wurde ihr jedes Mal wieder bewusst, dass es wirklich ein äußerst erstrebenswerter Besitz war, wie diese Zeitschriften es formulierten. Kelly wusste auch genau, warum so viele Frauen liebend gern Dominiques Einladungen folgten, wenn diese in ihrem Haus eine Party für irgendeinen guten Zweck gab. Diese Weiber wollten herumschnüffeln und anschließend sagen können, dass sie bei Dominique Delahaye zu Gast gewesen waren. Es erhöhte ihren gesellschaftlichen Status, wenn sie Atlantic View von innen sehen und mit ihrer Mutter verkehren durften, die in besagten Hochglanzmagazinen als Wunderweib oder Vorzeigefrau oder Glamour-Lady bezeichnet wurde.
Für Kelly war Dominique einfach ihre Mum. Kelly empfand für ihre Mutter eine ungestüme Liebe, vermischt mit dem Gefühl, sie beschützen zu müssen, was sie bisweilen selbst überraschte. Sie wusste, das Leben ihrer Mutter
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