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Blut und rote Seide

Blut und rote Seide

Titel: Blut und rote Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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schlecht.«
    Auch das klang wie aus einem klassischen Roman.
    Dann klingelte Chens Mobiltelefon. Es war Hauptwachtmeister Yu.
    »Haben Sie mich gestern abend zu erreichen versucht, Chef?«
    »Ja, es war aber schon sehr spät. Ich hätte Sie jetzt auch gleich angerufen.«
    »Was ist los? Wo haben Sie gesteckt? Ich habe Sie überall gesucht. Und wo sind Sie jetzt?«
    »Ich weiß, ich weiß. Später erkläre ich Ihnen alles. Momentan unterhalte ich mich mit dem Genossen Fan, einem pensionierten Nachbarschaftspolizisten vom Hengshan-Revier, der mir behilflich ist.«
    »Ein Nachbarschaftspolizist aus dem Hengshan-Revier?«
    »Ja. Lassen Sie alles liegen und stehen, Yu, und finden Sie heraus, in welchem Stahlwerk Tian gearbeitet hat, und fahren Sie hin. Versuchen Sie, dort soviel wie möglich über die Aktivitäten der Mao-Propagandatrupps in Erfahrung zu bringen. Rufen Sie mich an, egal was es ist …«
    »Augenblick noch, Chef. Parteisekretär Li hat für heute morgen eine weitere Krisensitzung anberaumt. Es ist bereits Donnerstag.«
    »Vergessen Sie Parteisekretär Li und seine Sitzungen. Wenn er meckert, sagen Sie, Sie handeln auf meine Anweisung.«
    »In Ordnung«, sagte Yu. »Noch etwas?«
    »Ach, und sagen Sie dem Alten Jäger, daß er mich anrufen soll.« Dann fügte er noch hinzu. »Es ist dringend. Wie gesagt, wir haben bereits Donnerstag.«
    Der Kellner brachte einen kleinen Teller mit geschälten Knoblauchzehen, eine traditionelle Vorspeise für Hammelsuppe.
    »Sie kennen den Alten Jäger?« erkundigte sich Fan, als Chen sein Mobiltelefon zuklappte.
    »Ja, sein Sohn Guangming ist seit vielen Jahren mein Partner. Genossen wie Sie und der Alte Jäger verfügen über unschätzbare Erfahrung. Er leistet hervorragende Arbeit als Berater für die Verkehrskontrolle.«
    »Jetzt erinnere ich mich, Oberinspektor Chen. Sie haben zeitweilig die Verkehrskontrolle geleitet und ihn für seine jetzige Position vorgeschlagen. Er hat mir davon erzählt«, sagte Fan und legte die Stäbchen beiseite. »Sie erwähnten jemanden vom Stahlwerk?«
    »Ja, ein gewisser Tian vom Shanghaier Stahlwerk Nummer drei«, antwortete Chen. »Auch das hat mit meinen Ermittlungen zu tun. Meis Tod liegt zwar schon lange zurück, aber seine Umstände könnten Licht in einen anderen Fall bringen, der lebende Personen betrifft, darunter auch Tian.«
    »Aber was nützt es, an Dinge zu rühren, die während der Kulturrevolution passiert sind? Das ist ein Faß, das die Regierung lieber nicht aufmachen möchte.«
    »Konfuzius hat gesagt: Selbst wenn du weißt, daß es unmöglich ist, mußt du tun, was du für deine Pflicht hältst. «
    »Solche Zitate hört man nicht oft aus dem Mund eines jungen Oberinspektors«, sagte Fan. »Dann meinen Sie also …«
    Schon wieder klingelte Chens Telefon. Diesmal war es der Alte Jäger.
    »Was gibt’s, Oberinspektor Chen?«
    »Ich muß Sie mal wieder um einen Gefallen bitten, Onkel Yu«, sagte Chen. »Es geht um unseren alten Trick, wie damals im Fall der nationalen Modellarbeiterin. Sie erinnern sich? Ich belästige Sie nur ungern, aber auf die Kollegen im Präsidium ist kein Verlaß.«
    »Ein neuer Fall?«
    »Das erkläre ich Ihnen später. Jedenfalls liegt die Verantwortung bei mir.«
    »Nicht nötig, Oberinspektor Chen, mir brauchen Sie nichts zu erklären. Was Sie von mir verlangen, kann gar nicht gegen das Gewissen eines pensionierten Polizeibeamten verstoßen, da bin ich mir sicher. Alles, was ich wissen muß, ist: wann und wo.«
    »Erst einmal sollten Sie sich mit einem ausgefüllten Strafzettel für Verkehrsdelikte und einem Abschleppfahrzeug bereit halten. Und bleiben Sie bitte im Büro, damit ich Sie jederzeit erreichen kann.« Dann wechselte er unvermittelt das Thema. »Übrigens unterhalte ich mich hier eben mit einem alten Bekannten von Ihnen, Genosse Fan. Möchten Sie ihn kurz begrüßen?« Damit reichte er Fan das Telefon.
    »Hallo, Alter Jäger«, sagte Fan. »Ja, ich spreche gerade mit Oberinspektor Chen. Wie ich höre, haben Sie schon öfter mit ihm gearbeitet.«
    Die nächsten paar Minuten lauschte Fan aufmerksam und reagierte allenfalls mit einem kurzen »Ja« oder einem Nicken. Da das Telefon auf maximale Lautstärke gestellt war, konnte Chen einiges von dem erregten Wortschwall aufschnappen, mit dem der Alte Jäger Fan seine Meinung über Chen kundtat. Und die war zweifellos positiv. Doch Fan blieb weiterhin reserviert, statt in ganzen Sätzen antwortete er einsilbig.
    Schließlich beendete Fan

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