Blutbeichte
»Der Typ muss schwul sein, wenn er glaubt, diese Schauspielerin würde ihre Attraktivität nur ihrem Lächeln verdanken«, sagte er. »Es sind ihre Titten, auf die alle Kerle gaffen. Mann, ich hab zehn Minuten gebraucht, um mich davon loszureißen. Na, ist ja auch egal, der Typ ist jedenfalls ein Trottel.«
»Mich würde es nicht wundern, wenn er einen Mitarbeiter hätte, der sauer auf ihn ist«, sagte Joe. »Vielleicht ist sein eigenes Blut auf dem Kittel. Vielleicht wollte irgendjemand Valtry eins auswischen, damit der selbstgefällige Blick aus dessen Visage verschwindet.«
»Sag mal«, fragte Danny, »wovon redest du eigentlich?«
Als Joe um kurz nach elf nach Hause kam, war er völlig verspannt. Anna blickte kaum auf, als er ins Wohnzimmer kam. Sie lag im Pyjama auf der Couch und sah fern.
»Hallo.« Joe setzte sich neben sie und zog ihre Beine auf seinen Schoß.
Anna blickte ihn kurz an und wandte sich dann wieder dem Fernseher zu. In diesem Augenblick sah Joe, dass ihre Wimperntusche ein wenig verschmiert war. Man musste schon genau hinschauen, um die Spuren zu erkennen, die die Tränen hinterlassen hatten. Joe beobachtete sie eine Weile. Das geisterhafte Licht des Fernsehbildschirms huschte über ihr Gesicht, auf dem sich Müdigkeit und Resignation spiegelten.
»Es tut mir leid«, sagte er schließlich. »Wir hatten viel zu tun.«
»Du hättest wenigstens anrufen können.«
»Ja, ich weiß. Hast du gegessen?«
»Nein«, sagte Anna. »Du?«
»Ja.«
Sie runzelte die Stirn. »Du wusstest doch, dass ich alles vorbereitet hatte.«
Joe seufzte. »Ich habe sehr viel um die Ohren.«
»Und ich habe mir heute Abend sehr viel Mühe gegeben, um uns etwas Leckeres zu kochen.« Anna traten Tränen in die Augen; dann schüttelte sie wütend den Kopf. »Ich weiß gar nicht, warum ich heule.«
» Ich weiß es aber.«
Anna hob den Blick. »Was?«
»Ich weiß es.«
Sie las in seinem Gesicht, worauf er anspielte. Der Hauch eines Lächelns erschien auf ihren Lippen.
Joe rieb sich übers Gesicht. »Ich hatte gehofft, du würdest mir jetzt sagen, dass ich falsch liege.«
»Nein. Ich bin tatsächlich schwanger.«
»Wie ist das passiert?«
»So etwas passiert schon mal, wenn man nicht verhütet.«
»Aber du nimmst doch …«
»Nein. Seit wir aus Irland zurück sind, nicht mehr.«
»Und du hast es nicht für nötig gehalten, es mir zu sagen?«
»Wieso weißt du es nicht?« Annas Stimme wurde lauter.
»Du hast es darauf angelegt, nicht wahr?«
In ihren Augen flackerte Zorn auf.
»Ich wollte mit dir schlafen, Joe, wenn du das meinst.«
»Du wolltest schwanger werden.«
»Glaubst du, ich bin so berechnend?«
»Ist doch seltsam. Wir hatten im letzten Monat nur einmal Sex, und trotzdem hast du es geschafft, schwanger zu werden.«
Anna rannen Tränen über die Wangen. »Warum bist du so gemein?«
»Was hast du dir dabei gedacht, Anna?«
»Wenn ich dich jetzt so anschaue, weiß ich es selbst nicht«, erwiderte sie und stand auf.
»Warte, Liebling. Es tut mir leid. Ich bin ein Trottel. Es ist nur so, dass … Es kommt so überraschend. Ich habe den ganzen Tag darüber nachgedacht.« Er legte die Hände auf ihre Schultern. »Ich mache mir Sorgen um dich«, fügte er mit leiserStimme hinzu. »Und ich frage mich, warum du wolltest, dass es so weit kommt. Es gibt tausend Gründe, die dagegen sprechen. Deine Gesundheit, dein Alter und wo deine Gedanken zurzeit sind …« Er legte einen Finger unter ihr Kinn. »Liebling?«
Anna weinte mit geschlossenen Augen. »Ich habe schreckliche Angst, weißt du«, sagte sie leise. »Die Welt ist so kalt geworden, so grausam. Ich hasse sie. Früher war ich nicht so … Selbst wenn das nicht passiert wäre, würde ich genauso empfinden. Es gibt keinen Trost da draußen. Keinen Ort mehr, an den man fliehen kann. Alles scheint vom Bösen berührt zu sein.«
»Nein, das stimmt nicht«, sagte Joe. »Im Moment fällt es dir nur schwer, das Schöne zu sehen. Deine Hormone spielen verrückt.«
»Solange es nur die Hormone sind und nicht mein Mann«, sagte Anna.
Joe lächelte. »Komm her, Liebling. Alles wird gut.«
Er zog ihren Kopf an seine Brust, in der sein Herz schnell und laut schlug.
19
Magda saß auf Marys Bettrand, als sie die Augen aufschlug.
»Hallo, du Schlafmütze«, sagte Magda. »Wie geht’s?«
Tränen rannen über Marys Wangen.
»Erinnerst du dich noch an irgendetwas?«
»David ist tot, nicht wahr?«
»Ja, mein Schatz«, sagte Magda und strich sich über
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