BLUTIGER FANG (German Edition)
„Dieses Risiko gehen wir auf keinen Fall ein. Also gut, lass mich nur machen. Werkzeug kann ich jede Menge besorgen.“
„Wir werden auch einen Dietrich mitnehmen“, sagte Frank. Dann schien er sich zu wundern, wie er es geschafft hatte, mal was Stotterfreies zu sagen.
„Sag mal, Kollege“, sagte Bronco, „du hast uns einen lückenlosen Vortrag über das Kaufhaus und den Bruch gehalten und scheinst ja alles zu wissen. Gibt’s eigentlich was, was du nicht weißt?“
„Ja, da gibt’s einiges.“
„Und das wäre?“
„Ich weiß zum Beispiel nicht, ob und wie viel Bargeld im Safe sein wird. Normalerweise werden die Moneten nach Kassenschluss abgeholt, am Wochenende erst recht. Mein Alter hat aber mal erwähnt, dass der Geldtransport manchmal erst am Montagmorgen kommt.“ Joel lächelte Bronco ins Gesicht, dessen Augen verräterisch aufleuchteten.
„Na, das ist doch genau, was wir brauchen“, sagte Bronco.
„Ja, aber wir wissen es eben nicht mit Gewissheit. Vermutlich wird der Safe leer sein, vielleicht aber auch nicht. Es wird ein Glücksspiel.“
Die anderen sahen sich an.
„Ich denke aber“, sagte Joel, „der Schmuck allein wird schon einiges hermachen und du hast ja einschlägige Verbindungen, das Zeug loszutreten.“
Die anderen begannen, sich in Gedanken schon über die Beute herzumachen und deren Verteilung zu besprechen.
Joel hörte nicht mehr zu und driftete ab. Er dachte an Vater und malte sich die Effekte aus, die es gäbe, wenn am Ende herauskäme, dass mit dessen Schlüsseln jemand das Kaufhaus erleichtert haben würde. Der würde eine Menge Ärger bekommen. Plötzlich sprach ihn Bronco an, er solle zuhören.
Sie redeten über einen Ablaufplan für den kommenden Samstag, an dem die Sache laufen sollte. Linda würde vormittags im Laden sein, könnte also in aller Ruhe die Thermoanzüge, Strümpfe und Handschuhe bereitlegen. Bronco und Frank würden das Werkzeug besorgen und Linda nach Ladenschluss abholen. Da sie dort allein arbeitete und auch einen Schlüssel hatte, konnte sie die Sachen unbemerkt mitgehen lassen und sie nach dem Bruch zurückbringen. Am Abend wollten sie sich dann gegen 20 Uhr an einer bestimmten Stelle in der Hohnhorststraße treffen, von wo aus sie die Personaleingänge beobachten könnten. Wenn der technische Pförtner so zwischen 20.30 Uhr und 21 Uhr das Haus verlassen würde, hätten sie zwei Stunden Zeit, hineinzugehen, die Alarmanlage auszuschalten, sich zu bedienen und abzuhauen. Vor Montagmorgen würde niemand etwas bemerken, und so hätten sie genügend Zeit, alles abzuwickeln, was mit dem Bruch in Verbindung stand. Vielleicht könnten sie bis dahin sogar schon ihre Beute versilbern.
Joel bemerkte, dass Lindas Zaudern allmählich nachließ, was wohl Bronco zu verdanken war, der ihr immer wieder ins Ohr flüsterte. Um was genau es dabei ging, konnte er nicht hören. Nur dass er die Veränderung realisierte, die sie am Ende genauso forsch im Ton werden ließ, wie es Frank und Bronco die ganze Zeit schon gewesen waren.
Joel machte den Vorschlag, eine Weile ins Kaufhaus zu gehen, um die verschiedenen Abteilungen kennen zu lernen, die sie bald im Schein der Taschenlampen ausleuchten würden. Die anderen stimmten zu, und man entschloss sich sogar, aus diesem Grund auch in den nächsten Tagen noch mehrfach in das Kaufhaus zu gehen, wenn auch einzeln und nicht in der Gruppe, um nicht aufzufallen.
Der Tag X war da.
Linda begann nach ihrer Ankunft im Laden die Thermoanzüge, Handschuhe, Kapuzen und mitgebrachten Strumpfhosen in zwei mittelgroßen Kartons zu verstauen. So gegen 14 Uhr brachte sie die Kartons am Ausgang in Abholstellung. Sie schaute durch die Eingangstür hinaus und sah Bronco und Frank im Auto auf der anderen Seite der Straße. Die beiden warteten auf ein Zeichen.
Doch noch war ein Kunde hier. Ein weißhaariger, relativ kurzgewachsener Mann, schon etwas älter, aber agil, der sich Angelhaken anschaute und alle Zeit der Welt zu haben schien. Linda kannte ihn schon länger. Komischerweise war der immer nur da, wenn sie Dienst hatte.
Der Mann stand drüben bei den Angelhaken und tat so, als suche er etwas Bestimmtes. „Linda, kannst du mir mal den Katalog zeigen?“ Er drehte sich um und kam auf sie zu.
Linda stand hinter der Ladentheke, bückte sich nach unten und holte einen schweren Ringordner hoch. Noch bevor sie den Ordner auf dem Ladentisch herumdrehen konnte, war
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