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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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streckte die Hand aus, nahm das Papier entgegen, konnte es kaum halten, so sehr bebten ihre Finger. »Ist es ... von ihm?«
    Christoph nickte stumm. Er hatte sich dem Toten zugewandt und betrachtete ihn einen Augenblick. »Wie ist das gekommen?«, fragte er mit gedämpfter Stimme.
    »Er war alt«, antwortete Anna Elisabeth, »und die Kälte setzte ihm sehr zu ...« Sie konnte ihm nicht die Wahrheit sagen, denn er würde sie an Albrecht weitergeben, und Albrecht sollte sie auf keinen Fall erfahren. Es genügte, dass die Männer der umliegenden Dörfer Krieg gegen das Kloster führten. Der Wolf von Weißenstein musste nicht auch noch beteiligt werden.
    Christoph gab sich zufrieden. »Darf ich mich setzen?«, fragte er. »Ich soll auf Antwort warten, wisst Ihr.«
    »Ja, natürlich«, gab Anna Elisabeth zurück. »Michel – reiche unserem Gast einen Becher Bier und ein Stück Brot dazu ...«
    Der Junge tat beflissen, was ihm aufgetragen war. Christoph nahm Brot und Bier entgegen und ließ sich auf dem Rand des Herdes nieder, während Anna Elisabeth das Papier entrollte und mühsam zu buchstabieren begann:
    »Mein geliebtes Leben«, flüsterte sie tonlos vor sich hin, »die Sehnsucht lässt mich nicht ruhen. Gib meinem Bruder Nachricht mit, wann wir uns wiedersehen können, und lass es bald sein, sehr bald. Sonst sterbe ich. Der Deine für immer, Albrecht«
    Ihr Herz hämmerte plötzlich so hart, als wolle es ihr die Brust sprengen. Albrecht, dachte sie, Albrecht – mir geht es ja nicht anders, Liebster. Aber wie soll ich es ändern?
    Ihr Blick fiel auf das stille Antlitz ihres Vaters. Der hatte noch versucht, ihr Verlöbnis mit Hannes Rebmann zu erneuern. Aber sie hatte ihr Einverständnis nicht mehr geben müssen. Der Tod war ihrem Vater zuvorgekommen ... und jetzt ...
    Anna Elisabeth stand auf, ging zum Herd und suchte ein Stückchen Holzkohle aus der Asche. Dann legte sie das Papier auf den Tisch am Fenster, glättete es säuberlich und malte ihre Antwort unter Albrechts klare Schriftzüge:
    »Über morgen . ufm kirghoff . zum begrepnis meins faters . O kom . ich wart . di deine uf immer . ana«

L ICHTMESS
    D ie Männer waren den ganzen Weg meist schweigend voran- gestapft; nur die nötigsten Worte waren gewechselt worden. Und jetzt, da das kleine, burgähnliche Gebäude in Sicht gekommen war, in dem der Klostervogt residierte, verstummten auch die letzten spärlichen Gespräche. Schließlich hielt Hannes Rebmann, der den kleinen Zug führte, seine Truppe mit einem Handzeichen an.
    »Männer«, sagte er mit gedämpfter Stimme, »wir wissen alle, wozu wir hier sind. Sollte einer von euch es sich anders überlegt haben und nicht mehr an unserem Unternehmen teilnehmen wollen, so kann er jetzt umkehren. Keiner wird’s ihm übel nehmen, denn die Gefahr, dass wir’s nicht packen, ist hoch.«
    Niemand meldete sich. Überall nur entschlossene Gesichter, finstere Mienen und kampfbereit vorgeschobene Kinne. »Gut denn«, sagte Hannes, »also bleiben wir beisammen.« Er sah sich um. »Hat einer noch einen Einwand – oder wollen wir’s so angehen, wie wir’s besprochen haben?«
    Auch jetzt keiner, der sich zu Wort meldete. Der Schmiedejörg grinste. »Darauf kannst einen lassen«, knurrte er. »Wir machen’s genauso – vielleicht sogar noch besser.«
    Einige der Männer lachten. »Wie viele sind wir eigentlich?« wollte der Schweineheinz wissen. »Durchgezählt haben wir bis jetzt noch nicht...«
    »Wir sind ja auch nicht deine Schweine«, gab der Schmiedejörg zurück.
    Diesmal lachten die meisten der Männer. Nur Hannes Rebmann zeigte ein grimmiges Gesicht. »Ich hab gezählt«, sagte er. »Wir sind fünfundvierzig – zehn mehr als der Klostervogt in seiner Meute hat.« Er hob den Arm und machte eine herrische Geste. »Los, ihr Kerle – zeigen wir’s den Memmen. Und keine Schonung für die Verlierer – verstanden?«
    Beifälliges Gemurmel antwortete ihm. »Keine Schonung«, bestätigte der Schmiedejörg, »das versteht sich von selbst!«
    Sie marschierten weiter. Vor dem Portal des Vogtshofes hielt Hannes Rebmann seine Truppe an und ließ sie Aufstellung nehmen. Die Männer maßen ihn mit verwunderten Blicken, denn bis jetzt hatte er diese Art von Ordnung noch nicht von ihnen verlangt. Aber sie folgten ohne Murren und bauten sich in drei Reihen auf.
    Hannes Rebmann bediente den mächtigen eisernen Klopfring an der kleinen Schlupftür, die in das Tor eingelassen war. Lange Augenblicke vergingen. Schließlich

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