Blutschande
analysiert für uns die Tatorte, während Miroslav unser IT-Spezialist ist, Carsten und Max übernehmen in der Regel die Verhöre, und ich leite und verteile die Arbeit. Aber wir dürfen die wichtigste von allen nicht vergessen«, sagte Roland und zeigte auf die zweite Frau in der Runde. »Meine rechte Hand, sie greift die verschiedenen Fäden auf und erstellt Analysen. Anette, stellst du dich auch noch kurz vor?«
Anette lächelte.
»Hallo Liv! Ich bin Anette. Mein Spezialgebiet als Psychologin ist das Erstellen von Täterprofilen. Komm einfach zu mir, wenn du etwas wissen willst. Noch kurz ein paar Infos über mich: Ich bin fünfundvierzig Jahre alt, geschieden und habe eine erwachsene Tochter, die mich bald zur Oma machen wird.«
»Danke, Anette. Wie alle anderen der Gruppe ist auch unsere Psychologin unentbehrlich«, fuhr Roland fort. »Ich finde, unsere Psychologin ist so viel wert wie zwei Ermittler, denn nur sie ist in der Lage, einen Täter zu lesen und uns zu sagen, nach was für einer Person wir wirklich suchen. Also, legen wir los?«
»Wir haben noch nichts über dich gehört!«, fiel Carsten Svendsen ihm ins Wort. Die anderen nickten.
Per Roland seufzte. Er hasste diese Vorstellungen ebenso sehr, wie Liv sie zu hassen schien.
»Na gut. Ich bin sechsundvierzig Jahre alt, habe zwei halbwüchsige Kinder, Christina und Peter. Ich stamme ursprünglich aus Albertslund und habe davon geträumt, Kommissar zu werden, seit ich als Kind Sherlock Holmes gelesen habe. Eigentlich ja ziemlich normal. Wie ich überhaupt ziemlich normal bin, sieht man mal davon ab, dass ich segle und mich am liebsten auf meinem Boot auf dem Meer befinde. Vor einem Jahr habe ich all mein Erspartes für ein altes gebrauchtes H-Boot ausgegeben. Das liegt im Hafen Vallensbæk, da ich selbst in Ballerup wohne.«
Per Roland räusperte sich. »Und sonst noch? Wie gesagt, ich wohne in Ballerup, früher gemeinsam mit meiner Frau Cynthia, aber jetzt sind wir geschieden.« Er breitete die Arme aus. »Zufrieden?«, fragte er und traf auf eine Mauer aus Schweigen. Er durchbrach sie selbst.
»Liv, kannst du uns ein paar Orientierungspunkte geben? Wie ist der Stand der Dinge?«
Die junge Frau hatte während der ganzen Vorstellungsrunde keine Miene verzogen. Jetzt blickte sie kurz auf und begann zu reden. Es schien sie kein bisschen zu beeindrucken, allein in einer neuen Gruppe zu sein, und sie sprach mit klarer, fast autoritär klingender Stimme.
»Cecilie Junge-Larsen hat ihr Elternhaus, wie schon erwähnt, gestern um acht Uhr verlassen. Sie hat ihrer Mutter zugewinkt, hat ihr Fahrrad genommen und ist über den Strandvej in Richtung Espergærde-Schule im Stokholmsvej verschwunden. Normalerweise braucht man für diese Strecke mit dem Fahrrad fünf bis sieben Minuten. Sie hatte in der ersten Stunde, die um 8.10 Uhr begann, Dänisch, tauchte aber nicht auf. Die Dänischlehrerin wundert sich darüber, geht aber davon aus, dass Cecilie krank ist, obwohl sie sonst kaum einmal gefehlt hat.«
Per Roland beobachtete Liv etwas überrascht, während sie vortrug. Sie schien überhaupt nicht in den Bericht zu blicken, der vor ihr auf dem Tisch lag.
»Erst die Englischlehrerin in der nächsten Doppelstunde wird wirklich aufmerksam«, fuhr Liv fort. »Sie besprechen gerade englische Sänger, und da gestern ausgerechnet Cecilies Gruppe ihre Arbeit vorstellen sollte, wundert die Lehrerin sich, dass Cecilie nicht wenigstens eine ihrer Mitschülerinnen angerufen hat, damit diese die Präsentation abholen kann, die die Gruppe gemacht hat. Dieses Verhalten sei höchst ungewöhnlich für Cecilie gewesen, hat die Englischlehrerin betont. Deshalb ruft sie die Mutter an, die sofort nervös wird und die Eltern ihrer Freundinnen und dann schließlich die Polizei anruft.«
An diesem Punkt holte Liv einen Augenblick Luft, bevor sie fortfuhr, noch immer, ohne einen Blick in den Bericht zu werfen. »Mein Partner Ole und ich haben daraufhin den Fall übernommen. Ich habe gestern mit den Eltern gesprochen, mit ein paar Freundinnen und den Lehrern und anderen Leuten in Espergærde. Die Eltern sind selbst an die Presse gegangen, so dass jeder, der gestern Abend ferngesehen hat, über das Verschwinden des Mädchens informiert ist. Heute Morgen war ihr Gesicht auf den Titelseiten aller Tageszeitungen, und das landesweit. Außerdem haben die Eltern eine Belohung von 100 000 Kronen für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung des Täters führen oder Cecilie wieder zu ihnen
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